Archiv für den Monat: Januar 2014

Drei Könige

Von den Gebeinen der Heiligen Drei Könige, die als Reliquien in einem goldenen Schrein im1ba Kölner Dom liegen, war bereits die Rede*. Dennoch firmiert dieser Beitrag nicht unter „Köln-Notizen“, denn thematisch ist er universal ausgerichtet, zumindest aber Deutschland betreffend.

28+Die links abgebildete Comic-Skizze ist zwar schon über zwei Jahrzehnte alt, spiegelt aber immer noch den in Deutschland verbreiteten, populären Tenor gegenüber Ausländern wider. (Technischer Hinweis: Mit einem Mausklick auf die Abb. wird alles deutlicher und größer.)

Wir haben in Deutschland eben keine Willkommenskultur gegenüber Fremden, die Fremden sind als wenige einzelne Exoten geduldet, bei größeren Zahlen von Zuwanderung breitet sich in der eingesessenen Bevölkerung ein Bedrohungsgefühl aus.

Statistiken und Fakten mögen belegen, dass sie keine Bedrohung darstellen, diese werden jedoch weitgehend ignoriert: Die Gefühle sind stärker. In dem Fremden wird nicht der Mensch gesehen, sondern eine Bedrohung des eigenen Besitzstandes. Und was nicht bedrohlich aussieht, das wird misstrauisch beäugt, und man unterstellt verborgene Absichten.

Es gibt genügend psychologische Studien. die diese Mentalität, oder besser: Gefühlslage einer Persönlichkeitsstruktur erklären. Sie kommt bei Menschen weltweit vor. Doch scheint sie in manchen Gegenden und Ländern stärker aufzutreten.

Der Mensch hängt am Gewohnten, weil es scheinbar Sicherheit gibt, Orientierung in der eigenen Lebenswelt, ein Gefühl der Geborgenheit. Da stören bzw. verstören Menschen, die von außen kommen, von denen man annehmen muss, dass sie andere Werte und Gewohnheiten schätzen.

Einige Menschen begegnen solchen Fremden mit Neugier und Offenheit, betrachten sie sogar als Bereicherung des allzu vertrauten heimatlichen Spektrums. Doch andere reagieren mit Misstrauen und Ablehnung, wie gesagt, und verbarrikadieren sich mit Gleichgesinnten in einer mentalen Wagenburg. Sie wollen unter sich bleiben. Die Abwehr des Fremden schließt die eigenen Reihen fester zusammen.

Man findet solche Vorgänge nicht etwa nur in abgeschiedenen Dörfern, sie treten ähnlich z.B. auch im Kollegenkreis eines Betriebes in der Großstadt auf, wo sich eine Cliquenwirtschaft gebildet hat und ein Neuer erstmal nicht dazugehört. Wenn der sich nicht bald als Gleichgesinnter integriert, wird er sehr schnell zum Mobbingopfer. Die Clique tobt dabei niedere Instinkte und eigene Angst- oder Minderwertigkeitskomplexe aus, ohne sich dessen bewusst zu werden. Manche machen auch mit, um nicht selbst Mobbingopfer zu werden.

Das Fatale ist, dass ein latentes Bedrohungsgefühl durchaus berechtigt sein kann, z.B. wenn betriebsbedingte Kündigungen ins Haus stehen, dass aber kein Gegner konkret fassbar ist und die Bedrohten sich im Mobbing abreagieren, sich also eher gegenseitig das Leben noch schwerer machen. Dies scheint umso näher zu liegen, je weniger die Verunsicherten Mittel und Wege kennen, sich mit Anderen in ähnlicher Lage zusammenzutun und gemeinsam Gegenwehr zu entwickeln und zu organisieren.

Die Erzählung von den Heiligen Drei Königen mag teilweise oder ganz erfunden sein. Zu Anfang war auch von Weisen die Rede, die nach Bethlehem kamen. Vielleicht brachten sie ja Geschenke, die in anderem Sinne wertvoll waren: Weisheit, die sie Anderen mitteilten, wie: „Der Zufriedene ist immer der Reichste.“ Und vielleicht wurde später von Königen gesprochen, weil eine andere ihrer Weisheiten lautete: „Froh zu sein, bedarf es wenig, und wer froh ist, ist ein König.“

1d-The Three Magi rocking

The Three Magi, rocking with joy

-SR-

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* im Beitrag „Wie kam Audomar nach Frechen?“ vom Juni 2013, zu finden auf der Unterseite >Frekena

13g+

2014 – ein Gedenkjahr

80aWir schreiben das Jahr 2014, die Gedenkenträger setzen die Fanfaren an und kündigen uns ein besonderes Gedenkjahr an: 1. Vor 100 Jahren, 1914, begann der Erste Weltkrieg. 2. Vor 450 Jahren wurde William Shakespeare geboren,  immer noch der berühmteste Dramatiker der Kulturgeschichte, dessen Stücke weiterhin auf den Spielplänen der Theater erscheinen. 3. Ferner gibt’s noch einiges vor x Jahren, an das auch erinnert wird. Die Medien machen ja immer groß auf mit runden Jubiläen oder Gedenkjahren.

Aber bedarf es solcher Jahresrunden, um sich an den wahrhaft schrecklichen Ersten Weltkrieg zu erinnern? Auch Shakespeare bedarf keiner Extra-Jubiläen, der Dichter ist doch omnipräsent – als Bühnenautor, als bekannte historische Persönlichkeit in allen Quizsendungen, als Lieferant von geflügelten Worten für Bildungsbürger, als das kulturelle Highlight Englands über die Jahrhunderte. (siehe auch >This Wooden O)

Der Erste Weltkrieg (1914-18) ist ein Zivilisationsbruch, er erschütterte das Selbstbewusstsein und Selbstverständnis der Europäer – und war auch real der Anfang vom Ende der europäischen Dominanz auf dem Globus. Allerdings war auch der Zweite Weltkrieg (1939-45) ein Zivilisationsbruch, vor allem für die deutsche Seele: Der industrialisierte Völkermord, basierend auf einer extrem menschenfeindlichen, weil rassistischen und sozialdarwinistischen Ideologie, war ein Tiefschlag für das Land der Dichter und Denker, das sich zur kulturellen Weltelite zählte. Ganz folgerichtig war Deutschland nach 1945 lange Jahre international geächtet, verfemt als Auslöser des Zweiten Weltkriegs ebenso wie als Land, das sich dazu hinreißen ließ, ein verbrecherisches, mordendes Regime zu unterstützen.

Zum Ersten Weltkrieg, der den Fortschrittsglauben in der westlichen Zivilisation erschütterte, gibt es hier auf fu-frechen.de unter >Clio den Beitrag „Apropos: Fortschritt“, der diese Dimension näher beleuchtet; er ist außerdem die Grußbotschaft des SR der F.U.F. zum Gedenkjahr. Bei dieser Gelegenheit sei auch daran erinnert, dass ein >“Gedenk- und Feierkalender der F.U.F.“ auf dieser Website unter >F.U.F. – der Club zu finden ist; und der gilt nicht nur in besonderen Jahresrunden.

W. R., 02.01.2014 13g+