Gute Nachrichten

Muster eines jap. Kimonos (Ausschnitt)

ES gibt auch noch gute Nachrichten. He, hallo, Ihr Miesepeter und Weltuntergangsapostel da draußen! Lasst Euch nicht ins Bockshorn jagen! Die Nachrichtenlage mag zwar beschissen sein, doch das liegt auch an der Art der Berichterstattung, und die wendet sich meist an unser alarmistisches Gehirn, das schlechte Nachrichten und Katastrophenmeldungen stärker beachtet als die beruhigenden Mitteilungen. Das ist unser Steinzeit-Gehirn (das wissen wir doch inzwischen, wenn wir gut Informiert sind).
Und weil unsere Medien um Einschaltquoten, Reichweite usw. buhlen, treiben sie in den Nachrichten auch ständig eine neue Sau durch’s Dorf („Bad news is good news“). Das hat u.a. den Nachteil, dass die Leute kaum zum Nachdenken kommen, denn ehe etwas im Bewusstsein gesackt und verarbeitet ist, kommt schon der nächste Aufreger um die Ecke (möglichst in Großbuchstaben, you know what I mean).
Sowas sehe ich mit Unbehagen, da ich zu den Menschen gehöre, die nicht nur Nachrichten sacken lassen, sondern auch Zusammenhänge herstellen wollen. Die sich also bei isolierten Nachrichten auch was denken wollen, sie einordnen und in Ruhe bewerten wollen.
Wer das nicht tut, bleibt oft an der Oberfläche der Dinge und begreift die tieferen Zusammenhänge nicht. Oder er macht gedankliche Schnellschüsse und ordnet Dinge ohne  Nachdenken in irgendwelche Verschwörungstheorien ein. Dafür soll es ja im Internet reichlich Angebote geben, mal dumm-dreist, mal clever ausgetüftelt.
Da versorgen sich z.B. auch Antisemiten mit immer neuer Bestätigung ihrer (leider verfehlten) Ansichten über „die Juden“. Ich kann das nur als Beleidigung für einen intelligenten Menschen werten, wenn man ihm einzureden versucht, es gebe eine jüdische Weltverschwörung oder so etwas. Das wurde schon vor über 100 Jahren gern von Machthabern aufgegriffen und benutzt, um Unzufriedenheit in der Bevölkerung auf ein falsches Ziel abzulenken. Und das wird durch Wiederholung nicht besser, im Gegenteil: Wer immer noch darauf hereinfällt, muss sich sagen lassen, dass er/sie es immer noch nicht kapiert hat: Du wirst verarscht, damit du nicht nach den wahren Ursachen für Unglück oder Schieflagen im Lande fragst.
Das ist auch eine der negativen Seiten des Internets: Es wird dazu missbraucht, weltweit Leute zu verarschen, es wird zu Mobbing, Hetze und Verbreitung von Fake News missbraucht, also zu Verwirrung und geistiger Verirrung.
Wer nur die schlechten Nachrichten konsumiert, glaubt nach einer Weile: Die Welt ist schlecht,

Appell an alle Miesmuscheln: Durchhalten! Griesgrämig währt am längsten! [Zeichnung: W. R.]

überall lauern Terroristen, Kriminelle, rechtsradikale Schläger, und irrlichternde Tweets von Donald Trump — oder Hass und Bosheit von rechten Hetzern und russischen Troll-Fabriken.
Die Welt besteht aber auch aus positiven Wahrnehmungen, die wir jeden Tag — abseits von Nachrichten aus diversen Medien — selbst mitbekommen können. Da gibt es Musik, da gibt es farbige Blumenbeete, da gibt es leckeres Speiseeis, da gibt es, ja, auch putzige Katzenkinder, warum nicht! Jeder Mensch sollte sich mal in Ruhe hinsetzen und überlegen, was es um ihn herum an positiven Wahrnehmungen gibt, was ihn persönlich froh stimmt, was ihn persönlich beruhigt. Die Welt besteht eben auch aus deinen eigenen Wahrnehmungen und Gedanken.

Da kommt die Meldung, dass bei der Landtagswahl in Thüringen ca. 23% die AfD gewählt haben — trotz eines rechtsaußen herumkaspernden Spitzenkandidaten, der eigentlich für fast alle unwählbar erscheint. Große Aufregung, manche reden schon von einem Viertel der Stimmen, das klingt alarmistischer. Ja — und was ist mit den Anderen, den ca. 77%, die nicht AfD gewählt haben? Denk mal einen Moment nach! Wer steht denn da für die Mehrheit in Thüringen?

Außerdem sollten sich die AfD-WählerInnen selbst zuallererst fragen, wie sie ihr widersprüchliches Wahlverhalten begründen. Ob sie es überhaupt rational begründen können. Es verwundert in diesem Licht doch auch, dass diese Partei in größerer Zahl vorherige Nichtwähler für sich mobilisieren konnte. Das sind doch meist Leute, die sich von der Politik abgewendet hatten und nun die Sprüche gut finden, die die AfD klopft: pauschale Ablehnung der etablierten Parteien und Politiker ohne konkrete, argumentative Gegenentwürfe. Da bleibt die AfD gern im Ungefähren, weil ihr Geschäftsmodell Stimmungsmache ist und kein sachliches Argumentieren. Im Klartext: ein Angebot für unpolitische Menschen, mal auf den Putz zu hauen und die Politik ein Stück weit aufzumischen. Mehr ist da inhaltlich nicht, mehr wird von ihren WählerInnen auch nicht nachgefragt. Es geht halt um diffuse Artikulation von Unzufriedenheit.

Das Schäbigste an der AfD ist aber ihre rassistische Tendenz, ihre Ausländerfeindlichkeit, und ihre Nähe zu Leuten, die immer offener die Nazi-Diktatur aufwerten und rehabilitieren wollen. Ihren gewollt zweideutigen, verharmlosenden Äußerungen über die Zeit der Nazi-Herrschaft haben wir es auch zu verdanken, dass sich rechtsradikaler Mob ungeniert auf den Straßen zeigt. Der bisherige Gipfel: Fernsehaufnahmen zeigten neulich einen in Berlin aufmarschierten Mob, der laut im Chor schrie: „Wenn wir wollen, schlagen wir euch alle tot!“ Ich dachte erst, ich höre nicht richtig. Wo blieb die Polzei, die in Hundertschaften auffährt, Gruppen von Demonstranten stundenlang einkesselt und deren Personalien aufnimmt? Bei anderen Gelegenheiten gab es das doch — nur waren da die Demonstranten keine gewaltbereiten, trainierten Schläger. Im aktuellen Fall fragte ich mich entsetzt: Wo wehrt sich der Staat, die Demokratie, wenn seine erklärten Feinde derart gewaltaffin auftreten und sich geradezu mordlüstern zeigen?

Es gibt laut Statistik einen Rückgang der Gewaltkriminalität in unserem Lande. Und zugleich glauben Viele, es sei unsicherer geworden auf unseren Straßen. Das führt uns zurück auf die eingangs genannte, alarmistische Wahrnehmung, die von den Medien gern bedient wird, besonders aber in den „sozialen Netzwerken“ auftritt. Wenn Sie dazu in der Lage sind, sollten Sie sich doch einmal die Zeit und Ruhe nehmen und sich fragen, ob Sie der eigenen Wahrnehmung weniger  trauen als der medialen, d.h. ob Sie Teil einer ständig aufgeregten Welt sein oder auch (wenigstens zeitweise) mal Ihre Ruhe haben wollen wie hier im Foto ⇑.

W. R.