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Frieden schaffen ohne Waffen?

1bM 1. September, dem Anti-Kriegstag und inzwischen Welt-Friedenstag, lese ich in der Zeitung, dass die Bundesregierung sich zu Waffenlieferungen an die Kurden im Nord-Irak entschlossen hat. Man hörte dieser Tage , dass laut Umfragen zwei Drittel der Deutschen gegen solche Waffenlieferungen seien.
Die Gegner verlauten: humanitäre Hilfe ja, Waffen nein. Und manche verweisen darauf: Waffen könnten „in falsche Hände geraten“, und außerdem gäbe es im Irak eh schon viel zuviele Waffen.
Wenn ich auf die Nachrichten aus dem Irak schaue und die berichtete militärische Lage, dann frage ich mich aber auch:
1. Kann nicht auch humanitäre Hilfe in falsche Hände geraten? Was ist, wenn IS-Banden die Flüchtlingstrecks und -lager überrennen und ihnen, denen sie 62-Vom Panzer überrollt, 1968eh den Tod wünschen, die gespendeten Lebensmittel und Medikamente wegnehmen?
2. Eigentlich kann es niemandem verborgen bleiben, dass die Flüchtlinge und die anderen vom Vormarsch der IS-Milizen bedrohten Menschen militärischen Schutz brauchen. Wer außer den kurdischen Peschmerga-Kämpfern kann Bodentruppen aufbieten, die sich dem IS entgegenstellen?
3. Wie kann also wirksame Hilfe aussehen? Die Peschmerga sind den IS-Leuten an moderner Ausrüstung unterlegen. Eine gute Kampfmoral hilft zwar, leidet aber unter Misserfolgen aufgrund fehlender Waffen.
4. Eine nur-humanitäre Hilfe kann unter diesen Umständen zur Symbolpolitik werden, die nur unser Gewissen beruhigt, praktisch aber den Notleidenden nicht hilft (ähnlich wie z.B. manch fehlgeleitete Entwicklungshilfe).
5. Was hilft überhaupt gegen Gewaltverbrecher, die in großen Scharen mit äußerster Brutalitat vorgehen, die große Mengen an Waffen und Geld und dazu noch den Schrecken vor ihrer Grausamkeit als Mittel einsetzen?

Mir scheint, es nützt uns nichts, mit hehren Prinzipien der Gewaltlosigkeit ins Himmelreich einziehen zu wollen, wenn wir das in dieser realen Welt mit einem Laissez-faire gegenüber den Gewalttätigen erkaufen. Es könnte sein, dass wir uns am Ende nicht im Himmel wiederfinden… denn: Der strenge Blick des Richters könnte auf die Verantwortung blicken und fragen: Was habt Ihr getan, um die Bedrohten zu retten? Hattet Ihr nicht die Möglichkeit dazu?

„Selig sind die Friedfertigen“ (vgl. unten den Beitrag „Beati Pacifici“ vom 13.08.2014) – ein guter Grundsatz, wo Frieden bewahrt oder herbeigeführt werden kann. Doch eine solche Situation ist derzeit im Nordirak nicht in Sicht: Dort ist eine Bande von Mordbuben unterwegs, die Gewalt und Tod verherrlichen und sich als großartige Männer fühlen, von denen viele glauben, dass ihnen obendrein noch eine Belohnung im Jenseits winke. Dieser Wahnsinn, in dem sie die Kreuzfahrer des Mittelalters noch zu übertreffen scheinen, hat Methode und ist weder mit moralischen Appellen noch mit Friedensangeboten zu stoppen.

Sollte man nicht in Zukunft auch für andere Krisen- und Kriegsgebiete überlegen, ob dort Friedfertigkeit allein eine De-Eskalation bewirken kann? Denn es kann sein, dass Friedfertigkeit von den Militanten nur als Zeichen der Schwäche und Ermutigung zu dreisterem Vorgehen verstanden wird. Richtig und wichtig ist immer, in jedem Einzelfall die Lage zu analysieren und gut nachzudenken, ehe man sich zu einer Form des Eingreifens, zum Abwarten oder Zuschauen entscheidet. Wer sich zum Wegschauen entscheidet, könnte selbst einmal in Not allein gelassen werden.

 W. R.

Beati Pacifici

76+Beati Pacifici“, so lautet in Latein eine der Seligpreisungen Jesu in der Bergpredigt: „Selig sind die Friedfertigen.“ Dazu findet man allgemeingültige Aussagen und Überlegungen in dieser Website auf >Clio. Doch aktuell muss man sich dazu positionieren, dass in einigen Teilen der Welt Gewalt, Krieg und Terror gegen Schwächere das Bild der Nachrichten bestimmen. Pazifismus schön und gut – wenn man es sich leisten kann, mit sauberen, unblutigen Händen zuzuschauen. Aber was ist, wenn man Gewalt und Mord zuschaut und womöglich in der Lage wäre, einzuschreiten und Leben zu retten?

Im privaten Bereich mag das jeder Mensch für sich allein entscheiden können (aber sich ggf. auch dem Vorwurf der „unterlassenen Hilfeleistung“ stellen müssen). Und wie sieht es in der internationalen Politik aus? Derzeit (Sommer 2014) erscheint die Welt als Tollhaus, zumindest dann, wenn man mitbekommt, welche Themen und Schauplätze die Nachrichten beherrschen. Krisenherde zuhauf:  Syrien, Ukraine, Libyen, Nigeria, Palästina, Irak,… und das sind noch längst nicht alle aktuellen Konflikregionen. Dort scheinen unzugängliche Hardliner, Kriegstreiber und Fanatiker die Bühne zu beherrschen.

Ein Tollhaus, wenn man bedenkt, dass Rezepte für ein friedliches Miteinander längst vorliegen. Doch wer hört z.B. auf die Friedensforscher, die solche Rezepte erforscht und entwickelt haben? Wo erst einmal die Emotionen aufgeputscht sind, dringt die Stimme der Vernunft nicht mehr durch.

Und Deutschland, bisher immer abseits stehend, und mit Hinweis auf seine jüngere Geschichte sehr zurückhaltend mit militärischer Beteiligung an internationalen Befriedungsaktionen, kann sich auf Dauer nicht so heraushalten wie bisher. Es gab schon militärische Beiträge in Afghanistan und anderswo, aber als Weltpolizisten und deren Helfer ließen wir gern Anderen den Vortritt.

Nun Irak: Plötzlich heißt es, ein Genozid an Jesiden und anderen Volksgruppen im Irak muss verhindert werden. Und andere Regierungen, die eingreifen, fragen auch die deutsche: Was könnt, was wollt ihr beitragen? Die innerdeutsche Debatte ist eröffnet. Dazu ein Beitrag: Hilfe für Kurden: Deutschlands planlose Irak-Politik – Andere Meinung – Meinung – Tagesspiegel

Diese Debatte kann niemanden unberührt lassen. Deutschland hat mit Waffenexporten schon viel Geld verdient. Soll es weiter seine Hände in61+ Unschuld waschen und sich nicht darum kümmern, was Andere mit diesen Waffen anstellen? Das ist Gesprächsstoff!

Man bedenke auch die Konsequenzen, wenn man im fernen Ausland militärisch eingreift. Man kann das von Fall zu Fall entscheiden, dabei aber auch Überraschungen erleben, weil nicht alles nach Plan verläuft. Schön, dass die Regierung Schröder sich 2002 entschieden hat, im Irak nicht mit einzumarschieren. Afghanistan war dann ein anderer Fall, oder? „Nichts ist gut in Afghanistan“, stellte nach einigen Jahren Margot Käßmann fest. Und wer möchte ihr, nach weiteren Jahren, da widersprechen?

US-Präsident Obama wollte die US-Soldaten aus dem Irak nach Hause holen und tat dies dann auch. Und jetzt? Der Irak ist ein politischer Scherbenhaufen, und die Gewaltbesessenen, die sich „Islamischer Staat“ nennen, nutzen das zu einer Offensive, der sich einheimische Kräfte nicht entgegenstellen können. Zuschauen ist falsch, Eingreifen womöglich auch, wenn nicht alles nach Plan läuft.

Nun diskutiert mal schön!

W. R. 13.08.2014

016+

Homo sapiens, bei Teilabschaltung seines hochgelobten Gehirns, sich gegenseitig abschlachtend