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Talk Talk

Talk Shows im Fernsehen sind, was sie sind – und keine Terra-X-Bildungssendungen. Gelegentlich schaue ich doch mal rein, um (hoffentlich) zu einem Thema verschiedene Sachpositionen und evtl. neue Argumente zu hören. Am Abend des 11.11.21 war eine Talk-Runde zu Gange, bei der mal wieder Herr Kubicki von der FDP mit am Tisch saß. Wie so oft kam er als DER JURIST mit Argumenten aus dem Gerichtssaal um die Ecke, womit er normalerweise die anderen Nicht-Juristen in Talk-Runden alt aussehen lässt. Denn meistens hat keiner sonst in der Sendung viel Ahnung von der Juristerei und der Rechtspraxis. Doch nicht so an diesem Abend: Da saß eine in Verfassungsrecht bewanderte Juristin mit am Tisch, die Kubicki Paroli bot und seine Aussagen bzw. Behauptungen begründet in Zweifel zog. Das war Kubicki nicht gewöhnt, prompt gingen ihm die Argumente aus, und seine Statements blieben nicht mehr alternativlos im Raum stehen.

Wie man inzwischen merkt, greift Herr Kubicki zunehmend zu Argumenten, die Kopfschütteln hervorrufen. Und wie zuvor schon sein Parteifreund Lindner spricht er immer noch abschätzig über Fridays for Future. mehr: Wolfgang Kubicki ist der Rächer der Enterbten

Auch FDP-Parteichef Lindner bekleckerte sich nicht mit Ruhm, als er bei Anne Will am 28.11. als Sprecher der „Freiheits-Partei“ und Teil der künftigen Ampel-Regierung zu den derzeitigen Corona-Problemen nichts Neues oder Wirksames vorzuschlagen hatte und noch abwarten wollte. Damit brachte er in der Runde vor allem die „Spiegel“-Journalistin auf die Palme, die darauf hinwies, dass sofort und wirksam gegengesteuert werden müsse, und zwar mit Allem, was hilft.

Leider brachten aber auch in den Monaten zuvor Politiker in Regierungsverantwortung in Bund und Ländern nichts Nützliches zum Thema „Corona-Pandemie“ zustande, weil alle sich mit Wahlkampf beschäftigten und sich scheuten, dem Wahlvolk unangenehme Dinge anzukündigen. So blieben von Juni bis Oktober 2021 wichtige Sachen liegen, z.B. Afghanistan oder die Vorbereitung auf die kommende Corona-Welle. Und nach der Bundestagswahl vom 26. September fühlte sich die geschäftsführende Merkel-Regierung kaum noch, die neu sich bildende Scholz-Regierung noch nicht zuständig für zupackende Maßnahmen, sodass wir bis Anfang Dezember nur so-lala regiert wurden.

Derweil stellte Putin seine Truppen an den Grenzen der Ukraine auf und testete, wie handlungsfähig und -bereit die EU und der Westen sind, um seiner Machtpolitik etwas entgegenzusetzen. Und immer noch sind viele Leute im Westen zögerlich, während manche meinen: Hier hilft keine Appeasement-Politik, und auf Worte müssen auch Taten folgen. Fakt ist: In diesem Spiel ist es sicher nicht Putin, der vor brutalen Maßnahmen zurückschreckt (siehe Syrien, wo seine Bomber Assad halfen, in Rebellen-Gebieten gezielt Krankenhäuser und Schulen zu bombardieren). Das nur am Rande, unseren „Putin-Verstehern“ zugerufen.

Aber jetzt kommt erstmal Weihnachten. Seien Sie vorsichtig und vernünftig und warten Sie nicht darauf, ob oder dass der Staat Sie bei der Hand nimmt und sagt, was Sie tun dürfen oder nicht. Sie sind frei, sich Ihres Verstandes zu bedienen und sich an die Corona-Vorsichtsregeln zu halten. Immer. Und, meine Empfehlung: Schauen sie nicht jede TV-Talkshow zum Thema Corona-Maßnahmen, denn am Ende der Sendung schwirrt Ihnen der Kopf, und was für Sie am Anfang klar war, ist danach durch viele Wenns und Abers verunklart. Und selbstverständlich sollten Sie, wenn noch nicht geschehen, sich baldmöglichst impfen lassen (es sei denn, medizinische Gründe sprechen dagegen), bis Sie Ihre drei Piekser gegen Corona bekommen haben. In diesem Sinne: Bleiben Sie gesund, und frohe Festtage!

W. R.

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Es geht ohne „starken Mann!“

In der Corona-Krise fallen die Masken der Populisten und Autokraten (Selbstherrscher). Erst leugnen sie die Pandemie, dann überlegen sie, wie sie die Krise für sich nutzen können: Sie spielen „Starker Mann“ und sperren die Landesgrenzen (weil angeblich alles Schlechte mal wieder aus dem Ausland kommt), als Nächstes greifen sie zum weitreichenden Mittel einer Ausgangssperre; doch sie erweisen sich als unfähig und machtlos gegen die Krise.

Let’s think of the wavering millions
Who need leaders but get gamblers instead
(heißt es in Salt of the Earth, einem Lied der Rolling Stones)

Leider sind die „wavering millions“ (kann man übersetzen mit „wankelmütige Massen“) in gewisser Hinsicht auch unbelehrbar. So gab es in der Nachkriegszeit in Deutschland viele Menschen, die in der Nazizeit sozialisiert waren und im Bestand ihrer eingetrichterten Lebensweisheiten einfache Botschaften mitschleppten wie den Mythos vom „starken Mann“, der in schwieriger Lage „durchgreifen“ und „Ordnung schaffen“ sollte/könne/müsste/werde, Menschen, die den Parlamentarismus der westlichen Demokratie mit dem Diskutieren und Debattieren verschiedener politischer Lösungen als zu langwierig und als geistig anstrengend empfanden und daher für „schnelle Lösungen“ plädierten, dabei auch brachiale Hauruck-Verfahren in Kauf nehmen wollten (solange sie selbst davon nicht Schaden nahmen).

Und in Ländern, in denen die Menschen jahrzehntelang von sozialistischen Diktaturen gegängelt und kontrolliert wurden, fehlt Vielen ohnehin die politische Bildung, um sich vorzustellen, wie parlamentarische Demokratie funktioniert, und wie Wahlen mit einem durch freie Medien informierten Wahlvolk funktionieren.

Leider scheint das auch auf viele Menschen im „Mutterland der Demokratie“, in Großbritannien, zuzutreffen. Wie sonst erklären wir uns die Brexit-Abstimmung? Ja klar, zuerst damit, dass nicht „leaders“, sondern „gamblers“ das Wahlvolk in den Brexit getrieben haben, denen persönliche Profilierung und Parteipolitik wichtiger waren als das Wohl des Landes und seiner Bevölkerung. Erst recht sehen wir solche Machtpolitik in der Türkei, wo gerade (wegen Corona) jede Menge Kriminelle aus den überfüllten Gefängnissen entlassen werden, während die Massen an politischen Häftlingen drin bleiben — weil Präsident Erdogan das so will. Da haben wir ein „schönes“ Beispiel für den Unfug vom „starken Mann“, der angeblich einem Land gut tut.

Gegen diesen Unfug hilft nur, eine Demokratie, wo sie vorhanden ist und leidlich funktioniert, vor der Gefahr der Aushöhlung durch Machtkonzentration, Aufhebung der Gewaltenteilung und Einschränkung der Meinungsfreiheit zu schützen. Was diese Bedrohung anrichtet, sehen wir derzeit z.B. in Ungarn oder Polen.

Aber auch der Troll im Weißen Haus in Washington tut so, als sei die in der Verfassung verankerte Gewaltenteilung etwas Lästiges und Überflüssiges, jedenfalls da, wo sie seinem Ego und seinen persönlichen Interessen im Wege steht. Sein platter Slogan „Make America great again“ ist ein gutes Beispiel für nationalistische Augenwischerei. Egomanen wie Trump unterscheiden nicht zwischen nationalem Interesse und Eigeninteresse, sie meinen: Ist doch klar, dass mein Vorteil der des Landes ist. So wird in vielen Ländern Nationalismus als Ablenkung und Betrug am Wähler benutzt, von China bis Großbritannien, von Russland bis in die USA, und bis Brasilien. Und auch bei uns, wer hätte das gedacht, versuchen einige Polit-Chaoten, die nationalistische Karte zu spielen und die Leute zu behumsen, als lebten wir in den 1930er Jahren.

Wollen wir hoffen, dass es weiterhin in diesem Lande genug Leute gibt, die politisch gebildet und wachen Geistes aufpassen, dass die Lehren aus den Diktatur-Zeiten in Deutschland nicht vergessen werden. Es wäre schön, wenn auch im übrigen Europa die Menschen das Denken nicht vergessen würden und sich erinnern, was für Unheil uns droht, wenn wir wie Lemminge den Volksverführern hinterherlaufen.

W. R.

P.S.  Der Bundestag beschließt am 27.03.20 im beschleunigten Verfahren ein Gesetzespaket zur Unterstützung der Wirtschaft. Gut so, denn damit beweist das demokratische System, dass es in der Krise handlungsfähig ist (und keinen „starken Mann“ braucht).

P.P.S. Ungarns „starker Mann“ Victor Orban ergreift am 30.03.20 die Gelegenheit, anlässlich der Corona-Krise mit einem Ermächtigungsgesetz seine Macht auszuweiten (Das Parlament entmachtet sich selbst per Beschluss) und gleich auch noch die Presse- und Meinungsfreiheit weiter zu reduzieren. Heil, Orban! — oder was? Was nun, Wertegemeinschaft Europäische Union? Man denke mal in Ruhe über die Folgen nach: Ungarn: Viktor Orbán beschädigt die Demokratie – DER SPIEGEL  Der Schaden ist größer, als es auf den ersten Blick scheint!

Die USA sind auch derzeit mit einem „starken Mann“ gesegnet, der nicht einmal merkt, was für eine unernste Figur er macht: Vom Coronavirus völlig überfordert: Trumps Narzissmus wird zur tödlichen Bedrohung für die USA – Politik – Tagesspiegel

Die Evangelikalen, die Trump und Bolsonaro begeistert unterstützen, behaupten: Die Corona-Pandemie ist eine Strafe Gottes für die Sünden der Menschen. Nicht gerade originell, das Muster war schon im Mittelalter gängig in den christlichen Kirchen. Und welche Sünden straft Gott jetzt? Die Evangelikalen haben es direkt von Gott erfahren: Sexuelle Freizügigkeit, Abtreibungen, offen gelebte Homosexualität, und alles, was einem Konservativen in einer

Trump: 2015 zeigte er schon, wes Geistes Kind er ist

modernen, offenen Gesellschaft missfällt. Wer käme da noch auf den Gedanken zu überlegen, ob Gott nicht andere Sünden missfallen, z.B. der Missbrauch der christlichen Religion für tagespolitische Zwecke, z.B. die Instrumentalisierung Gottes für ganz irdische Auseinandersetzungen, etwa um eigene Moralvorstellungen durchzusetzen, z.B. die Leugnung der ursprünglichen Botschaft eines Jesus von Nazareth… durch Waffenverherrlichung und Förderung einer frauenfeindlichen Gewaltkultur.