Archiv der Kategorie: Homo Sapiens

Die wundersame Natur der sogenannten Krone der Schöpfung

Narren in der Mehrheit?

Was vielen Menschen auf dieser Erde längst klar ist, muss man einigen doch immer wieder sagen: Gewalt ist keine Lösung, sondern der Schritt zu weiterer Gewalt und Gegengewalt, einer Spirale, die aus der Logik der Gewalttäter heraus niemals enden kann.
Zwei Meldungen der letzten Wochen aus dem Nahen Osten sind Beweise dafür, dass Gewalttätigkeit, und besonders Terrorismus, kein Problem löst, sondern Probleme nur verschärft.
Meldung 1: Die Friedensaktivistin Vivian Silver wurde am 07.10. bei dem Hamas-Gemetzel gegen friedliche Zivilpersonen getötet. Sie war eine Frau, die Versöhnung und tätige Hilfe für die Schwachen auch bei den Palästinensern auf ihre Fahne geschrieben hatte und für Menschlichkeit eintrat. Dazu gehörte für sie auch die Realisierung der Zwei-Staaten-Lösung zur Befriedung des Nahost-Konflikts. Ihre Ermordung führt den Irrsinn der Hamas-Terroristen vor Augen: Sie wollen nichts als Feindschaft und Hass zwischen Israelis und Palästinensern, sie wollen auf keinen Fall Frieden, denn ihr Kernprogramm beinhaltet die Vernichtung Israels.
Meldung 2: Bei den Kämpfen der israelischen Armee gegen die Hamas im Gaza-Streifen erschossen israelische Soldaten gezielt drei von der Hamas entführte Geiseln — aus Versehen. Auch das zeigt symbolisch den Irrsinn eines Krieges, in dem ohnehin nicht nach allgemeinen Kriegsregeln gehandelt wird. Denn die Hamas ist gar keine reguläre Armee, sondern eine Miliz. Und die Hamas versteckt sich mit voller Absicht in und unter zivilen Einrichtungen, die normalerweise in einem Krieg geschont werden (sollen). Um ihren Terror in Israel zu relativieren, provoziert die Hamas bewusst Bilder, die die israelische Seite vor der Welt in ein schlechtes Licht rücken und das Leiden der Bevölkerung allein den Israelis anlasten sollen.
Schon vor vielen Jahren konnte man, wenn man unvoreingenommen dachte, den Wahnsinn der immer wieder versuchten, gewaltsamen Lösungen erkennen. Inzwischen mischt aber aus dem Hintergrund ein Player mit, der ebenfalls seine Bevölkerung aufhetzt und in vom Staat organisierten Demos die Vernichtung Israels fordern lässt. Ihr wisst: Gemeint ist die Führung des Iran, eines sogenannten Gottesstaates, die ernsthaft behauptet, ihre Absichten seien aus der Religion begründet.
Aber was passiert in anderen Teilen der Welt? Autokraten kommen an die Macht, schwadronieren von neuer nationaler Größe (Ein alter Hut, der schon Hitlers Hauptargument war, ihn zu wählen und ihn Diktator werden zu lassen). Man serviert den Massen alte Kamellen als neues Rezept und Allheilmittel, man kehrt unter den Tisch, dass diese Kamellen ausgelutscht sind und sich als unverträglich erwiesen haben, weil die „starken Männer“ die Nation ins Unglück geführt haben.
Aber lernt die Menschheit aus der Geschichte? Anscheinend gilt das nur für eine Minderheit; die Mehrheit fällt auf (Ver-)Führer herein, die den Hoffnungsvollen nach dem Munde reden und sich als Heilsbringer darstellen. „Was man wünscht, das glaubt man gern,“ sagt ein altes Sprichwort. Wie wahr! Da kann man gleich an Superman oder den Weihnachtsmann glauben.
Und so glauben Menschen wider besseres Wissen immer wieder, Gewalt könne helfen und die Welt besser machen. Was für Narren! So wird das nichts mit dem Weltfrieden. Wie denn dann?

Erstmal sollten Millionen von Männern weltweit mal innehalten und sich fragen: Das traditionelle Männlichkeits-Verständnis, zu dem Kraftmeierei, Aggressivität, Drohungen und Gewaltbereitschaft gehören — passt das überhaupt zusammen mit Lippenbekenntnissen zu Menschlichkeit, Schutz der Schwachen, Verständigungsbereitschaft? Des Weiteren sollten sich alle Menschen fragen, ob diese Macho-Kultur uns jemals weiter gebracht, oder ob sie immer nur zur Eskalation von Konflikten beigetragen hat. Vielleicht bekommen wir dann mehr Verständige und weniger Narren…

W. R.

Nachtrag am 02.01.2024: Wenn Menschen nichts Vernünftiges aus der Geschichte lernen, dann rennen sie in dieselben Fallen hinein wie schon Viele vor ihnen. Das führt uns dieser Tage auch der Narr Putin vor Augen.

Haben wir nicht im Zweiten Weltkrieg gesehen, dass die Briten vergeblich versuchten, mit ihren Bombardements von Wohnvierteln die Moral der Bevölkerung zu brechen? Diese Bemühungen bewirkten nicht, den Krieg zu verkürzen oder zu beenden. Diese ganze Luftkriegsstrategie fußte auf einer Fehlkalkulation des britischen Oberkommandos, in Person repräsentiert von Luftmarschall Harris.

Und was macht Putin seit Beginn seines Eroberungskrieges gegen die Ukraine? Seine Bomben, Raketen und Drohnen treffen alles Mögliche inklusive Wohnblocks und zivile Einrichtungen, er macht da keinen Unterschied, lässt aber stereotyp immer verlautbaren, man habe nur militärische Ziele getroffen und zerstört. Das sind Lügen, die kein Mensch mit intaktem Verstand glaubt. Denn offensichtlich führt Putin einen rücksichtslosen Vernichtungskrieg gegen das Land. Nicht einmal vor immens hohen Verlusten in den eigenen Reihen macht er halt. Sein heimliches Vorbild Stalin hat auch so Krieg geführt, Menschen waren ihm egal.

Putin, der in Hinterhofschlägereien und dann im Geheimdienst sozialisierte Machtmensch, lernt nichts Vernünftiges aus der Geschichte. Das sieht man an seinen eigenen, offiziellen Reden und Schriften über die russische Geschichte. Er fabuliert von der „russischen Welt“, in der alle Gebiete zusammmengehören, wo (zumindest teilweise) Russisch gesprochen wird. In unguter Tradition geht es dabei nur um Territorium, das Russland vergrößern soll, nicht aber um die Menschen und deren Wohlergehen. Putins „Helden“ sind die Zaren, die ohne Rücksicht auf Menschen „russische Erde“ sammelten und Russland territorial vergrößerten, und in dieser Reihe sieht er auch Stalin.

Wenn Machthaber eine glorreiche Vergangenheit bemühen, ist Misstrauen angebracht. Putins geistig-moralische Rolle rückwärts mit ihren blutigen Folgen sollte dieses Misstrauen schärfen. —

Nachtrag am 06.01.24: Oben war von Wahnsinnigen, aber auch von vielen Narren die Rede. Wenn man den Meldungen Glauben schenkt, die der AfD zurzeit hohe Umfragewerte zusprechen, dann fragt man sich schon: Sind diese Leute der Vernunft überdrüssig? Wollen die nur noch aus dem Bauch entscheiden? Das ist besonders in der Politik gefährlich, und auch sonst nicht immer angebracht. Denn als Mensch mit etwas Reife und Lebenserfahrung müsste Einem klar sein, dass man seinen Verstand nicht an der Kasse abgeben darf, und dass Politik nicht bloß eine Amüsier- und Dampfablass-Veranstaltung ist.

Wir müssen nicht unbedingt in die USA blicken, wo ein pöbelnder Politiker mit Lügen und Hassreden immer noch hohe Zustimmungswerte erzielt und seine Anhänger ihm sogar Spenden zukommen lassen, mit denen er seine teuren Anwälte in zahlreichen Prozessen bezahlt. Da wollen immer noch eine Menge Leute Trump wieder zum Präsidenten machen — was bedeutet, dass sie gegen die Demokratie in ihrem Lande stimmen wollen und Politik lieber den Großmäulern und Rechtsbrechern überlassen.

Und bei uns breitet sich anscheinend auch so eine Trumpisten-Mentalität aus, die verächtlich auf Demokratie und Rechtsstaat blickt und die Herrschaft eines „starken Mannes“ gut findet (weil man da nicht mehr denken muss und der Führer sagt, wo’s lang geht). Bertolt Brecht schrieb dazu einmal den Satz: „Die dümmsten Kälber wählen ihre Schlächter selber.“ Die Vorhut dieser Kälber taucht in der Öffentlichkeit auf, wenn hochrangige Politiker zu Besuch kommen: Da tritt eine Abordnung von Brüllaffen auf, die „Haut ab, haut ab!“ und „Volksverräter“ rufen.

Da geht es offenbar nicht um Argumente, sondern um Störung und Chaos. Sowas kennen die sehr Alten unter uns noch aus Anfang der 1930er Jahre, die Jüngeren aus historischen Dokumentationen, in denen auch Auftritte der SA gezeigt werden. Fragt sich nur, ob genug Leute das Richtige aus der Geschichte gelernt haben und wissen, was dagegen zu tun ist — bevor es zu spät ist. Leider sehen manche Politiker noch immer nicht klar: Sie befürworten harte Strafen gegen „Klimakleber“, wollen den Rechtsstaat aber nicht gegen andere Verkehrsblockaden und Übergriffe in Stellung bringen…

Da fragt man sich wie in der Überschrift dieses Blog-Beitrags: Sind auch dort die Narren in der Mehrheit? —

Nachtrag vom 08.03.24 zu Meldung 1 (oben): Inzwischen haben uns etliche Nachrichten über weitere Details des Gemetzels vom 7. Oktober erreicht. Daraus ergibt sich zwingend ein Bild, das das Vorgehen der Hamas-Beteiligten als gezielt frauenfeindlich zeigt. Nicht nur im oben erwähnten Fall, sondern in dem ganzen Überfall haben sie sich besonders brutal gegen Frauen gezeigt. Und das hatte System, es war nicht Auswuchs eines spontanen Ausbruchs.

Angesichts dieser extremen Frauenfeindlichkeit sehe ich die Bilder von Demonstrantinnen in Europa mit Befremden, die nach dem Hamas-Überfall Schilder hochhalten mit der Parole „From the river to the sea“, womit das Hamas-Ziel artikuliert wird, Israel auszulöschen und das ganze Gebiet den Palästinensern zu geben. Wenn diese Frauen nicht weiter fanatisch der einseitigen Hamas-Doktrin folgen, sondern auch andere Informationen an sich heranlassen, müssen sie nachdenklich werden, und das nicht nur am Weltfrauentag.

Und die männlichen Demonstranten? Wollen sie rückhaltlos die frauenfeindliche Mörderbande unterstützen? Finden sie das okay, würden sie ähnlich handeln? Wollen sie die Gräueltaten entschuldigen mit Verweis auf Unrecht und Gewalt auf israelischer Seite? Dann wäre da wohl auch eine große Portion unkritischer Fanatismus festzustellen.

Es spricht schon Bände, wenn die laute Kritik an Israel mit keiner Silbe die Gräueltaten der Hamas erwähnt. Damit erwecken die Israel-feindlichen Aktivisten den Eindruck, es ginge ihnen gar nicht um Menschen und Menschlichkeit, sondern allein um politischen Aktionismus. Und für außenstehende Beobachter entsteht der Eindruck: Diese radikalen Israel-Feinde reden im selben, unversöhnlichen Geist wie Netanjahu und seine rechten Spießgesellen. Anders gesagt: Man gibt sich keine Mühe, wenigstens so zu erscheinen, als ginge es einem auch um Menschlichkeit, Empathie, und Vermeidung von Leid. Und um die Menschen. die die Hamas verschleppt hat, scheint sich kein Akteur wirklich kümmern zu wollen…

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… nicht mehr tolerierbar

A LLE reden von Kolonialismus und meinen damit meist die Zeit, in der europäische Mächte nach Übersee ausgriffen und sich Gebiete auf anderen Kontinenten aneigneten, wobei sie deren Bevölkerung unterwarfen und bei Widerstand brutal dezimierten. Am Pranger dieses allgemeinen Geschichtsverständnisses stehen die „üblichen Verdächtigen“ wie Spanien, Portugal, Niederlande, England, Frankreich, Belgien, Italien und Deutschland, also in etwa die Mehrheit der west- und mitteleuropäischen Länder. Weniger oft werden in diesen Blick die USA einbezogen, die nicht nur einen großen Teil Nordamerikas unterwarfen, sondern auch in den Pazifik ausgriffen und sich in Lateinamerika in die Politik der unabhängig gewordenen Staaten einmischten, die US-Politiker als „unseren Hinterhof“ bezeichneten.
Bei alldem hatte bei uns fast niemand die Expansion Russlands nach Asien im Blick, die Unterwerfung der Völker Sibiriens und des heutigen Südrusslands.* Wie schon bei den Alten Römern wurde und wird in Russland die Erzählung verbreitet, man habe damit Kultur und Zivilisation in weniger entwickelte Gebiete gebracht.
Dieselbe Erzählung übernahmen auch die Briten, als sie von „the white man’s burden“ sprachen: Weiße bringen den Völkern anderer Hautfarbe die hochentwickelte Zivilisation der Europäer und heben diese so auf eine höhere Kulturstufe.
Wir alle wissen aber längst, dass es bei den „Entdeckungen“ und der darauf folgenden Aneignung von Kolonien nur um wirtschaftliche und machtpolitische Interessen ging. Widerstand von aufständischen „Eingeborenen“ dieser Länder wurde mit brutaler Gewalt gebrochen, auch das hatte schon Vorbilder im Römischen Reich.
Was wir derzeit an Putins Russland sehen, ist die Fortsetzung dieser imperialen Denkweise. Man konstruiert sich einen Anspruch auf Territorien benachbarter Länder: Man handelt zum Schutz angeblich unterdrückter russischer Minderheiten, und/oder man stellt historisch begründet frühere Grenzen wieder her — ungeachtet der längst veränderten Verhältnisse, und ungeachtet des Völkerrechts. Solche Gründe zog z.B. auch Hitler heran, um die Expansion des deutschen Reiches zu rechtfertigen und seiner Machtpolitik einen legitimen Anstrich zu geben.
Wir wissen auch: Solange Machtpolitik und territoriale Expansionwünsche die Köpfe von Regierenden beherrschen, kommt die Welt nicht zur Ruhe. Und solange es genügend einfältige Menschen gibt, die sich dafür und im Zweifel auch für Krieg motivieren und einspannen lassen, gibt es immer wieder bewaffnete Konflikte.
Ein Grundübel ist, dass immer wieder Menschen das Trennende betonen und dabei das Gemeinsame in Abrede stellen, sich also lieber abgrenzen als sich mit Anderen zusammenfinden. Da wird die Identität einer Gruppe, eines Volkes. einer Nation über das Trennende definiert, da wird ab- und ausgegrenzt, werden Unterschiede betont. Dabei wird bewusst vergessen: Unsere hauptsächliche Identität ist, dass wir MENSCHEN sind. Menschen sind soziale Wesen, die Gemeinschaft brauchen, die in Not menschliche Solidarität brauchen, die anderen Menschen zu helfen bereit sind. Diese Gemeinschaft betrifft die Menschheit insgesamt. Wer aber künstlich Grenzen zieht, Barrieren und Mauern errichtet, Menschen Hilfe verweigert, der zeigt sich selbst von einer unmenschlichen Seite. Wenn dann noch eine faschistische Grundhaltung hinzukommt, ist die nächste gewaltsame Auseinandersetzung nicht fern. Im Blog-Beitrag „Gibt es liebe Faschisten?“ vom 02.10.2020 können Sie Näheres dazu lesen.
Leider passiert so etwas oft schneller als gedacht. Ein Männlichkeits-Gewaltkult ist meist der Treiber, der zur Gewalt-Eskalation führt. Staaten, in denen ein nationalistischer Militarismus propagiert wird, befinden sich auch bald im Krieg mit Nachbarstaaten. China führt das derzeit vor mit mlitärischen Drohgebärden gegen Taiwan. China begründet sein Verhalten mit einem Wunsch nach „Wiedervereinigung“ mit einer „abtrünnigen Provinz“ (was historisch schräg ist, denn Taiwan war nie Teil des kommunistischen China), China missachtet auch den Willen der Bevölkerung Taiwans, die weiterhin lieber in einer Demokratie leben wollen, und China missachtet (wie Russland gegenüber der Ukraine) das Völkerrecht, das gewaltsame Verschiebung von Staatsgrenzen nicht zulässt.

Man muss Nationalismus heutzutage kritisch sehen, gerade nach den europäischen Erfahrungen des 19. und 20. Jahrhunderts, wo in vielen Fällen Nationalismus zu Kriegen geführt hat. Eine starre Vorstellung von Nationalstaat, in dessen Grenzen es nur ein Volk geben soll, führt automatisch zu Konflikten. Die Bevölkerung des Staates wird dann oft von Machthabern in ein Korsett eines erzwungen homogenen Staatsvolkes gepresst, Minderheiten passen nicht ins Bild und werden unterdrückt, benachteiligt, ignoriert, zur Assimilation an die Mehrheit genötigt. Doch ein Staatsgebiet ist normalerweise nie ein Gebiet, das nur von einem Volk mit einer gemeinsamen Sprache bewohnt wird. Insofern ist die Idee vom völkischen Nationalstaat weltfremd.

Außerdem: Künstlich auf der Landkarte gezogene Staatsgrenzen kann man nicht quasi abdichten, im Gegenteil: Ein Staatsgebiet ist an seinen Grenzen immer osmotisch, also offen für Austausch. Und Austausch von Waren und Ideen nützt meist den Menschen auf beiden Seiten der Grenze. (Darum ist die EU eine gute Sache. Und am Brexit sieht man, wie sich GB selbst ins Bein schießt. Trotzdem will uns die „patriotische“ AfD weismachen, wir sollten die EU verlassen…)

Man kann den Natonalismus begrifflich trennen vom Begriff Nation. Eine Nation ist in erster Linie eine große Menschengruppe, die sich einer Gruppe zugehörig sieht, sei es aufgrund einer gemeinsamen Sprache, Kultur, Geschichte, usw. Eine solche Nation ist historisch gewachsen und kann nicht plötzlich verordnet werden. Meist lässt sie sich an den Rändern aber auch nicht scharf abgrenzen, es gibt Überschneidungen zu Nachbar-Nationen, mit denen man einige Gemeinsamkeiten hat. Und genau darauf fußt z.B. die Idee eines Europa mit einer kulturellen und historischen, gemeinsamen Identität. Denn es ist leicht, das Trennende zu betonen, doch viel leichter ist es, Gemeinsamkeiten zu sehen und in Begegnungen festzustellen, wie wenig uns von den Nachbarn anderer Länder trennt.

Dagegen versuchen Nationalisten, das Trennende zu anderen Nationen als identitätsstiftend herauszustellen. Und sie konstruieren oft auch eine Erzählung oder einen Gründungsmythos, der sie von anderen Nationen als etwas Besonderes, Einzigartiges abheben soll.

Nationalisten in Europa wollen ein sogenanntes „Europa der Vaterländer“, d.h. alles beim Alten lassen, und ein politisches Zusammenwachsen Europas möglichst verhindern. Das war schon in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts nicht mehr zeitgemäß, aber im 21. Jahrhundert sind solche Retro-Vorstellungen erst recht kontraproduktiv. Denn Europa kann in der Weltwirtschaft und Weltpolitik keine gestaltende Rolle spielen, wenn einzelne Staaten immer wieder aus gemeinsamer Politik ausscheren und ihr eigenes Süppchen kochen. Dabei verlieren diese Einzelstaaten ebenso wie Europa insgesamt.

Deshalb, wie gesagt, muss man Nationalismus heute kritisch sehen, in meiner Sicht sogar sehr kritisch. Denn neben den oben genannten Gründen muss man gegen Nationalismus auch anführen, dass Mächte wie China oder Russland ihn ganz gezielt einsetzen, um ein heterogenes Vielvölkerreich auf Einheit zu trimmen, Minderheiten zu drangsalieren und territoriale Ansprüche auf Nachbarstaaten zu stellen, wobei sie aufrüsten und ein militärisches Drohpotential aufbauen. All das dient nicht dem Frieden in der Welt, sondern dem egoistischen Machtstreben von Machthabern und ihren Regimen, die auch Gewalt und Krieg durchaus als legitime Mittel ihrer Politik sehen. Und all das, die ganze Aggressivität, dient angeblich dem Wohle dieser Nation — dafür wird unablässig Propaganda gemacht. Und wenn es doch Kritik im Lande gibt, werden Spannungen zu Nachbarstaaten erzeugt und im Inneren nationale Solidarität gegen den äußeren Feind gefordert — ein sehr altes Muster autoritärer Politik.

Wir sehen spätestens beim Blick auf die weltumspannenden Probleme wie die drohende Klimakatastrophe:

Diese Welt braucht nicht mehr Abgrenzung und Egoismus, sondern mehr Verständigung und Zusammenarbeit über alle Grenzen hinweg. Das gebietet nicht nur die Vernunft, das entspricht auch der Menschlichkeit und dem Wunsch der allermeisten ErdenbürgerInnen, friedlich zusammenzuleben.

Damit wir der Erfüllung dieses Wunsches näher kommen, muss in den Köpfen Vieler noch ein Wandel eintreten: Schluss mit dem Unfug von männlichen Machtfantasien, Schluss mit dem Aufhetzen von Menschen gegen Minderheiten, Schluss mit dem Unfug der unbegrenzten Ausbeutung von Menschen, Tieren und natürlichen Ressoucen, Schluss mit den falschen Rechtfertigungen von Ausbeutung und Unterdrückung durch religiöse oder rassistische Irrlehren.

Wenn in Afghanistan die Taliban-Machthaber Frauen unterdrücken und zu ungebildeten Sklavinnen degradieren wollen, wenn im Iran die Machthaber Religion als Hilfsmittel der Unterdrückung missbrauchen, wenn im Sudan zwei bewaffnete Machtgruppen aufeinander schlagen und dabei Land und Leute kaputt schießen, wenn in den USA der Schusswaffengebrauch die häufigste Todesursache von Kindern ist — in diesen und (leider) vielen weiteren Fällen müssen Menschen sich schämen, wenn sie das tolerieren und für „normal“ halten wollen.

Denn das ist der (angeblichen) Krone der Schöpfung nicht würdig, es ist unter Niveau des (selbsternannten) Homo Sapiens. Und das ist in unserer Zeit überhaupt nicht mehr tolerierbar.

W. R.

* Mehr dazu > Ausstellung in NGbK Berlin zu jahrzehntelangem Kolonialismus in Russland und seiner Verarbeitung in der Kunst


Des Menschen Kampf gegen die Natur – und sich selbst

MIT dem Beitrag „Grundsätzlich“ vom 16./17.08.2022 wäre im Grunde alles Wichtige gesagt — oder davon abzuleiten, denn ich gehe davon aus, dass BesucherInnen dieser Website und dieses Blogs die Bereitschaft mitbringen, selbst zu denken. Also muss ich ihnen nicht jede Schlussfolgerung bis ins Kleinste vorkauen bzw. vordenken.

Nachdem also das Allerwichtigste zum weiteren Vorgehen geklärt ist, kann ich ruhig noch einmal ins Detail gehen und mich einem Unterthema widmen, das sowohl unser Verhältnis zur Natur und Umwelt betrifft als auch unser Selbstbild als Gattung Homo Sapiens.

Der Homo Sapiens der Gegenwart glaubt es meist nicht, doch unterscheidet er sich biologisch nicht nennenswert von den Menschen, die vor 50tausend, ja vor 100tausend Jahren auf diesem Planeten herumliefen. Fakt ist: „Der Mensch“ ändert sich nicht dadurch, dass er in Sneakers läuft, ein Mobiltelefon benutzt oder Fischstäbchen und Fast Food verzehrt. Der Mensch glaubt, sich durch „Zivilisation“ immer weiter von der Natur zu entfernen, bleibt in Wahrheit aber selbst immer Teil der Natur.

Beweis: die Corona-Pandemie. Woher kam dieses Virus, das Covid 19 genannt wurde? Die wahrscheinlichste Annahme ist, dass es irgendwo, vermutlich auf einem Tiermarkt in China, vom Tier auf den Menschen übersprang. Von dort breitete es sich aus, weil Menschen nicht auf dieses Virus vorbereitet waren und daher keine Antikörper zur Abwehr besaßen.

Wenn Leute glauben wollen, Corona gäbe es gar nicht — geschenkt! Es gibt jede Menge anderer Viren, Bakterien, und sonstiger natürlicher Wesen, die uns krank machen können. Gegen manche haben wir Mittel gefunden oder entwickelt, die dagegen wirken und heilen. Andere setzen uns weiter zu, wenn wir das Pech haben, uns so eine Krankheit einzufangen. Will sagen: Der Natur entkommen wir nicht, weil wir selbst auch Natur sind und natürlich funktionieren wie andere Tiere auch.

Wer sich sträubt, Menschen in einem Atemzug mit Tieren zu nennen, ist noch befangen in der hochmütigen Vorstellung, dass der Mensch „Krone der Schöpfung“ sei und daher eher Gottes Ebenbild denn ein Verwandter der Tiere. Diese Einbildung mag religiös geprägt sein, widerspricht aber längst anerkannten wissenschaftlichen Feststellungen.

Der Mensch ist — allen biblischen Behauptungen zum Trotz — ein Säugetier, das erst entstand, als andere Tierarten schon hunderte von Millionen Jahren existierten. Der biblische Schöpfungsbericht schnurrt die Entstehung unseres Planeten und die Evolution des Lebens zu sieben Tagen zusammen. Das ist vom Zeitbegriff her natürlich symbolisch gemeint. Wer hätte denn zur Zeit, als diese biblische Erzählung entstand, eine Vorstellung von den wahren Zeiträumen haben können? Einen realistisch geschilderten Schöpfungsvorgang hätte doch niemand verstanden.

Ich will hier kein Seminar über die Historie biblischer Texte und die Mentalitäts- und Philosophiegeschichte der europäischen Zivilisation eröffnen. Behalten wir aber im Blick, wie abgehoben und unrealistisch wir Menschen uns oft sehen, von der Natur getrennt, in einer eigenen, höheren Sphäre. Unsinn! Nicht nur Krankheiten holen uns auf den Boden der Tatsachen zurück. Auch wenn wir menschliches Verhalten studieren, sehen wir jede Menge Parallelen zum Verhalten von Säugetieren, insbesondere von nahen Artverwandten, die wir Menschenaffen nennen.

Eine Folge dieser abgehobenen Denkweise, die in der Bibel in dem missverständlichen Satz „Macht Euch die Erde untertan“ gipfelt, sehen wir im Umgang der Menschen mit „der Natur“ (= der uns fremd gegenüberstehenden Welt). Menschen wüten geradezu gegen „die Natur“, holzen Wald in Quadratkilometern ab, fischen Meere leer, vermüllen die Ozeane, jagen Tiere bis zur Ausrottung, scheren sich einen Dreck um die zunehmende Verschmutzung des Planeten mit Abgasen, Plastik, nächtlicher Beleuchtung, Atommüll…

Daran ändert sich auch nichts, solange es als clever gilt, sich auf Kosten der Umwelt und wehrloser Menschen zu bereichern. Wenn globale Geldgier vor nichts halt macht und nur die Macht des Geldes respektiert wird, geht die Menschheit ihrem Untergang entgegen. Das ist ganz klar. Ebenso klar: Wenn die Warnungen vor der drohenden Klimakatastrophe zuwenig ernst genommen werden, kann die Menschheit langfristig nicht überleben.

I HR braucht nicht erst nach Brasilien zu schauen, wo ein Präsident namens Jair Bolsonaro den Krieg gegen die Natur für Ausbeutung und Mammon auf die Spitze treibt. Schaut Euch mal in Eurer Nähe um. Da wird es manch Einem und Einer ungemütlich: Viele Mitmenschen haben kein Problem damit, ihre Umgebung zu vermüllen. Sie haben kein Problem damit, die Verantwortung von sich zu schieben und darauf zu warten, dass „irgendwer“, der dafür zuständig sein muss, ihnen ihren Müll von der Liegewiese räumt — damit sie sich da wieder niederlassen und erneut ihren Müll hinterlassen können.

Irre: Das nennen sie dann FREIHEIT und glauben, das habe mit Verantwortung rein gar nichts zu tun. Das ist aber keine Freiheit, sondern Rücksichtslosigkeit auf Kosten Anderer und auf Kosten der Lebewesen, die außer uns Menschen auch in unserer Umwelt existieren. Welche Lebewesen (gemeint sind damit auch Pflanzen) freuen sich denn über Plastikmüll, Zigarettenkippen, Kronkorken, Glasscherben, etc. ? Das sind Fragen, die die Verantwortungsscheuen gar nicht an sich heranlassen. Denn es geht allein um die eigene Bequemlichkeit.

Ich wette, dass viele RaucherInnen gar nicht wissen, was für Schadstoffbomben ihre Kippen sind, die sie unter sich fallen lassen. Und manche kümmert selbst das nicht. Sehe ich das zu negativ? Nee, dafür habe ich schon zuviel menschliches Verhalten (und Fehlverhalten) gesehen. Muss das so sein?

Als wir Kinder waren und mit den Eltern auch mal raus „in die Natur“ wanderten und dort unser mitgebrachtes Essen verzehrten, ließen wir da zum Schluss alles liegen? Nein. Unsere Mutter leitete uns an: Was sich natürlich zersetzt, z.B. Obstschalen, das verschwand in einer Grube, die wir dafür buddelten. Und die nicht verrottbaren Abfälle kamen in eine Tüte, die wir mitnahmen, um sie in den nächsten Abfalleimer oder zu Hause in den Mülleimer zu entsorgen.

Wer jetzt hämisch meint, das sei so ein Öko-Gutmenschen-Gehabe, der nehme zur Kenntnis: Unsere Mutter war einfach nur sehr naturverbunden, sie mochte intakte Natur und wollte den Tieren und Pflanzen nicht schaden. Außerdem wollte sie die Landschaft genießen und sie nicht von Müll verunstaltet sehen. Das war kein „Gehabe“, das war ihr ein Bedürfnis, daher nur logisch und vernünftig. Und daher hatten wir Kinder auch kein Problem damit, diese Haltung unserer Mutter zu übernehmen — und als Erwachsene beizubehalten.

Wenn sich viele Leute anders verhalten und Krieg gegen die Natur immer noch angesagt finden (und sei es auch nur aus Bequemlichkeit), dann muss ich dafür kein Verständnis haben — oder? Schließlich schaden sich diese Rücksichtslosen auch selbst. Jedoch: Mancher denkfaule Plattkopf braucht Nachhilfe, um das zu erkennen. Solche Menschen brauchen Verbote und Kontrollen, die Verstöße ahnden und „Denkzettel“ verteilen. Anders lernen Manche es nie.

Manche leiden auch an einer gelernten Anspruchshaltung: Sie selbst dürfen alles, unverschämt sind immer nur die Anderen. Das sind Leute, die für Umweltschutz sind, aber sich selbst nicht einbeziehen — schon gar nicht, wenn es um eigene Bequemlichkeit geht. Und im Zweifel regen sie sich sogar über freilebende Tiere auf, die in den Parks und Grünanlagen natürliche Ausscheidungen hinterlassen. Ist das schlimmer als die Plastikverpackung, die das Kind fallen lässt, während Mutter oder Vater bewusst weg- und lieber zu den Gänsen schauen, die angeblich den Park verdrecken?*

Ja, da kommt bei Manchen hinzu, dass Erziehung der eigenen Kinder (und Vorbild sein) ihnen zuviel Mühe macht. Lieber zeigt man auf Andere…

W. R.

* Fakt ist: Im Gegensatz etwa zu Zigarettenkippen enthält Gänsekot keine Schadstoffe, und er baut sich zudem bald ab und düngt den Boden. — Zum Thema „Plastik in unserem Alltag“ lesen Sie mehr hier: (1) Plastikmüll: Verraten und verpackt – Meinung – Tagesspiegel

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Grundsätzlich…

… muss jeder Mensch bei Verstand das so sehen. Aber ist der Homo Sapiens immer bei Verstand?

Wie schon im letzten Beitrag „Welt, quo vadis?“ mit guten Gründen dargestellt: Die Menschheit überlebt nur durch Zusammmenarbeit und Verständigung, durch friedlichen Austausch und Interessenausgleich.

Vergesst allen Unfug aus Opas Mottenkiste, in die z.B. ein Putin ganz tief hineingreift, vergesst Nationalismus, Macho-Wahn, Ehrenpusselei, etc. Sowas wirft uns zurück in gewalttätige Zeiten, in denen es auch nicht gepasst hat; nur lenkte es damals nicht, wie heute, von den Problemen ab, die aktuell die ganze Menschheit betreffen.

Wer heute noch Opas schädliche Parolen vertritt, der outet sich als denkfaul, oder als begrenzt zurechnungsfähig, weil er/sie den wahren Zustand dieser Welt nicht erkennt — oder nicht sehen will. Von wegen: Homo Sapiens, da lachen ja die Hühner!

Wer geistig nicht flexibel ist und sich an alte, unheilbringende Parolen und Konzepte klammert, dem sollte man kein politisches Amt anvertrauen, am besten auch kein anderes, wo er Unsinn verbreiten könnte. Das sollte, ja müsste wenigstens ab heute und in Zukunft gelten.

Fragt sich nur noch: Wie werden wir die Knallköpfe los, die unflexibel denken, die sich wie Dinosaurier an die Macht klammern, die lieber alles in Scherben schlagen, als sich zurückzuziehen und den Zukunftsorientierten, den Menschenfreunden das Steuer zu überlassen?

W. R.

Ergänzung am 17.08.2022:

Nun kommen sicher Leute mit Kritik daher, z. B.: Das ist doch alles zu wenig konkret. Ja Leute, waren Euch viele frühere Beiträge in diesem Blog nicht konkret genug? Lesen hilft! Da wurden Namen, Parteien und sonst wer benannt, die dem Fortschritt, wie er oben beschrieben ist, im Wege stehen, die sogar erklären, dass sie zurück in die Vergangenheit marschieren wollen, dass sie für Trennendes und Diskriminierung sind, dass sie gegen friedliches Miteinander sind, dass sie Leute gegeneinander hetzen wollen, Europa zurückversetzen wollen in Zeiten kriegerischer Konflikte und völkischem Zwist. Und wir wissen doch, wo und von wem immer noch Urwälder abgeholzt werden, wo bedrohte Tier- und Pflanzenarten gejagt und ausgerottet werden, wo weiter durch Autobahnen Naturräume zerschnitten und zerstört werden; dass ernsthaft die Ausbeutung von Rohstoffen in der Tiefsee geplant wird, dass viele ignorante Regierungen ihre Bevölkerung dumm halten und zuwenig über Umwelt-Bewahrung informieren (um ihnen stattdessen Halbwahrheiten über Arbeitsplätze und rauchende Schornsteine zu erzählen) … Menschenskinder, das konntet ihr schon längst in diesem Blog und/oder auf hier verlinkten Seiten lesen. Wenn Euch das nicht reicht, dann fehlt Euch der konkrete Wille, eine erträglichere Zukunft mitzugestalten, erträglicher als das, was uns bei einem „Weiter so!“ droht.

Denn inzwischen pfeifen es die Spatzen von den Dächern: Die schlimmen Folgen des durch Menschen beschleunigten Klimawandels erleben wir immer deutlicher. Was wir erleben wollen und sollten, ist eine deutliche, wirksame Abbremsung der globalen Erderwärmung, die derzeit noch an Fahrt aufnimmt. Wir hörten hierzulande Stimmen, die sagten: Es nützt doch nichts, wenn Deutschland etwas tut und andere Länder weltweit nicht mitziehen. Das waren die Stimmen des „Weiter so!“. Wir sehen aber, dass (leider noch zu langsam) immer mehr Regierungen (zumindest mit Worten) für Klimaschutz sind. Aber der Druck auf die Ignoranten wächst. Und es wächst die Zahl der Einsichtigen, die die internationale Zusammenarbeit fördern wollen.

Eines Tages werden sogar Figuren wie Putin einsehen müssen, dass die Menschheit weder durch Krieg positiv zu beeindrucken ist, noch ihn aus der Verantwortung entlässt, für sein Land wie für die Welt die gemeinsamen Interessen in den Vordergrund zu stellen. Das wird einem Putin schwer fallen, es sei denn, er sähe sich international isoliert oder sogar geächtet. Putin ist schlau genug, um seine Politik zu ändern, wenn sich immer weniger Leute belügen lassen und ihm der Verlust der Macht droht.

P.S. Wenn wir, dle Menschen alias der Homo Sapiens, eine Zukunft haben wollen, müssen wir konsequent handeln. Wir können uns halbherziges Taktieren, das möglichst niemandem weh tut, nicht mehr leisten. Wer jetzt noch glaubt, alles könne im Prinzip laufen wie bisher, der lebt in einer Traumwelt. Wer das den Leuten immer noch ernsthaft erzählen will, ist ein populistischer Dummschwätzer.

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Welt, quo vadis?

W O steht die Welt heute? Das ist eine Frage, die wir noch vor drei Jahrzehnten gern optimistisch beantworteten. Ja, Ende des Kalten Krieges, Auflösung und Demokratisierung des Ostblocks — das ermutigte zu kühnen Zukunftsentwürfen, gar zu der These vom „Ende der Geschichte“…
Weltfrieden, internationale Verständigung und Konfliktlösung durch Interessenausgleich, viele Menschen glaubten sich an der Schwelle zu einem Friedens-Endzeitalter. Denn eigentlich weiß Homo Sapiens: „Friede ist machbar, Herr Nachbar.“

Doch bald kam Ernüchterung, z.B. beim Zerfall des Staates Jugoslawien. Es gab Kämpfe zwischen den Volksgruppen, die lange friedlich miteinander ausgekommen waren. Und das in Europa! Wir hatten geglaubt, dass Alle die Lektion der Weltkriege gelernt hätten und Krieg als Mittel der Konfliktlösung verwerfen würden. Aber da gab es die machtgeilen Scharfmacher, die ethnische Unterschiede zu Feindschaften hochjazzten und Propaganda für ein ethnisch „gesäubertes“ Territorium machten, sodass Nachbarn plötzlich zu Feinden erklärt und umgebracht oder vertrieben wurden.

Ein serbischer Politiker namens Milosevic machte sich zum Sprecher für ein „Großserbien“ und bemühte die Geschichte: Wo im Mittelalter die Osmanen in einer Schlacht dem Großserbischen Reich ein Ende gemacht hatten, da rief er 600 (!) Jahre später zum Kampf für ein neues Großserbien auf. Mit welcher Berechtigung? Egal, der Großserbien-Mythos taugte dazu, Gefolgsleute hinter sich zu sammeln und zum großen völkischen Führer zu werden.

Ein Höhe-(oder besser: Tief-)punkt dieser Aktionen war das Massaker von Srebenica (1995): Der serbische Kommandeur Mladic befahl den Mord an ca. 8000 unbewaffneten männlichen Einwohnern. Sein erklärtes Ziel: Ethnische Säuberung, Tötung waffenfähiger Menschen, Schüren von Hass bis weit in die nächsten Generationen. (Näheres > Massaker von Srebrenica – Wikipedia)

Das war ein Schock. Wie konnten zivilisierte Menschen in Europa solch einem Befehl folgen und zu Mördern werden?
Diese Frage konnte man sich jüngst auch wieder stellen, als im Frühjahr 2022 die Gräueltaten an der Zivilbevölkerung in Butscha (Ukraine) bekannt wurden.

Wir träumten von einer friedlichen, zumindest aber einer friedlicheren Welt. Und sahen: Mit milden Worten und Appellen an die Vernunft drangen wir längst nicht überall durch. Und bei Rückblicken in die Geschichte finden wir viele Beispiele: Wo man einer aufgehetzten und verrohten Soldateska freie Hand lässt, da foltert und metzelt sie wahllos alle Lebewesen, die nicht fliehen konnten. Aber ein aufgehetzter, ziviler Mob ist ebenso zu Mordtaten und Massakern fähig.

Ein wichtiger Punkt dabei ist, dass die Mörder zuvor aufgehetzt und aufgestachelt wurden, sodass sie jede Menschlichkeit vergessen und in einen Blutrausch geraten konnten. Darum richte man sein Augenmerk auf den Vorlauf: Wer hetzt, wer ruft zu Gewalt, zu Totschlag und Mord auf? Gewaltbereitschaft wird durch militante Worte und Extremismus gefördert. Wer vom Rednerpult aus Feindbilder malt und zur Aktion aufruft, der darf sich hinterher nicht aus der Mitverantwortung stehlen.

Das hat Donald Trump uns vorexerziert, als er den Sturm auf das Capitol (6. Januar 2021) befeuerte und den Mob ungebremst toben ließ. Mit in der Verantwortung stehen neben Trump andere Hetzer, die seit Langem über Medienkanäle Lügen, Hassparolen und Verschwörungsfantasien verbreiteten und nach Kräften weiterhin das politische Klima vergiften. Einer dieser Hetzer wurde jüngst in den USA aufgrund einer Privatklage zu Schadensersatz verurteilt, weil er schamlos Lügen über ein Schulmassaker verbreitete.

Doch man muss diesen Auswüchsen schon im Vorfeld wehren. Erst wenn es Tote gibt, erwägt die Politik Maßnahmen. Doch wie bisher gegengesteuert wurde, das war offenbar zu wenig. Vordringlich ist ein wirksames Vorgehen gegen Hetze und Hetzer im Netz. Da ist bisher zu wenig Erfolg — was auch an den Strukturen im Netz liegt, nämlich an den Algorithmen in den „social media“. Dort ist das Geschäftsmodell: Je krasser die Posts und Beiträge (und je dreister die Lügen), desto länger bleiben die User dabei und hecheln den Sensationen hinterher (… und desto mehr Werbe-Einschübe kann man unterbringen, mit denen fettes Geld verdient wird). Wer es noch nicht wusste, nehme zur Kenntnis: Im Internet ist nichts wirklich umsonst; vor allem die Betreiber von Social-Media-Plattformen wollen nicht sozial sein, sondern Kohle machen!

Schlimm ist dabei die Naivität oder Unbedarftheit, mit der sich viele Menschen ins Netz einloggen und da herumsurfen. Vielen ist nicht klar, dass sie nicht kostenlos surfen, sondern zahlen — nämlich mit ihren Daten, die sie im Netz hinterlassen. Manche geben sogar freiwillig jede Menge Informationen über sich und ihre Familie im Netz preis. Folge: Google weiß sehr viel über dich, auch Dinge, die du längst vergessen hast. Das Netz vergisst nichts. Damit wird Geld verdient: Daten und Profile über Menschen werden gehandelt und paketweise verkauft.

Doch Unbedarftheit sieht man leider auch in vielen Meinungen und Einstellungen von Menschen, denen es an gesundem Menschenverstand mangelt oder an politischer Bildung, und die deshalb ihre Likes an Vieles vergeben, das sie bei gründlichem Nachdenken nicht gut finden dürften. Beispiel: Sehr verbreitet und sehr berechtigt ist die Ansicht, dass Krieg Sch… ist und Friede ein wertvolles Gut. Doch wo ein Hetzer den richtigen Trigger bedient und zu spontan-emotionalen Reaktionen verleitet, da liken viele Menschen militante Äußerungen, die ihrer eigentlichen Grundeinstellung widersprechen.

Solche Menschen sollte man nicht gleich verurteilen, sondern sie eher dazu anleiten, sich mehr ihres Verstandes zu bedienen und zu überlegen, welche Folgen sich aus dieser Behauptung oder jener Aktion ergeben werden. Das ist nicht leicht für Menschen, die gern ihrem Herdentrieb folgen und sich mitziehen lassen. Aber letztlich bleibt die Verantwortung für sein Handeln oder Nichthandeln bei jedem/jeder Einzelnen.

Wenn Menschen sich daran gewöhnt haben, Autoritäten zu folgen und kritiklos zu gehorchen, dann haben es machtgierige Menschen leicht, sich zu Führern aufzuschwingen und die Menschen dahin zu lenken, wo sie gegen ihre eigenen Interessen zustimmen und folgen.

Das kann z.B. so weit führen, dass sich ein Großteil der russischen Bevölkerung von einem ausgebufften Geheimdienstmann ihre Demokratie abschwatzen lässt und ihm auch dann noch glaubt, wenn er sie in einen unnötigen Krieg führt… (Obwohl fast niemand für Krieg ist). Da wird sich dann die Welt mit Wodka schön getrunken.

Das kann auch dazu führen, dass ein Großteil der türkischen Bevölkerung sich erneut in Feindschaft gegen Kurden treiben lässt, dass sie die militärischen Abenteuer ihres Präsidenten in Nordsyrien gutheißt, dass sie nicht aufmuckt, wenn er zu seinem persönlichen Machterhalt mit konservativen religiösen Kräften paktiert und eine relativ freie Gesellschaft unter eine streng-konservativ-islamische Knute beugen will. Schon treibt er viele junge Menschen aus dem Land, indem er Freiheiten zunehmend einschränkt und sogar in diesem Jahr (man glaubt es kaum!) Rock-Konzerte und andere kulturelle Veranstaltungen verbieten lässt. Außerdem provoziert er bewusst Spannungen zum Nachbar Griechenland, damit eine Bedrohung von außen ihm hilft, die Reihen unter seiner Führung zu schließen und Kritik verstummen zu lassen.

Leider kennt die Welt derzeit gleich mehrere Machthaber, die groß auftrumpfen und ihre Macht erhalten und vergrößern wollen — ohne Rücksicht auf die Folgen ihrer Scharfmacherei, auf Kosten der eigenen Bevölkerung, auf Kosten des friedlichen Zusammenlebens der Völker. Die Menschheit im Ganzen hat noch zuwenig aus der Geschichte gelernt, um Mittel gegen solche Auswüchse zu finden und zu etablieren. Die UNO ist mit ihrem Sicherheitsrat längst kein Mittel zur Verhinderung von Krieg und Vertreibung mehr (Das sollte sie ursprünglich sein, nach der Erfahrung des Zweiten Weltkriegs).

Und Europa bekleckerte sich auch nicht mit Ruhm, als es in den 1990er Jahren darum ging, die grassierende Gewalt in Ex-Jugoslawien zu stoppen. Da mussten die USA Weltpolizist spielen und militärisch eingreifen, um die Scharfmacher an den Verhandlungstisch zu bringen.

Dabei ist eigentlich klar: Die Welt, d.h. die Menschheit ist dazu verdammt, zusammenzuarbeiten und sich zu verständigen. Ein Putin und einige andere rückwärts denkende Machthaber und Machtgierige haben das nicht kapiert, sie sind aus der Zeit gefallen. Wenn die Menschheit untergeht, dann wegen dieser Knallköpfe an der Macht sowie der Knallköpfe, die ihnen zujubeln und ihnen damit die Macht geben, die sie für ihr unheilvolles Wirken brauchen. Merke: Die Menschheit kann nur überleben, wenn sie die untauglichen Denkschablonen früherer Jahrhunderte über Bord wirft und Gegenwart und Zukunft gemeinsam gestaltet

Wir haben Probleme zu bewältigen, die nicht mit Retro-Konzepten zu lösen sind. Vergesst die alten Konzepte von Nationalstaat-Über-Alles, von Eroberungen und Grenzverschiebungen, von Uniformierung einer Nation ohne abweichende Meinungen und Lebensentwürfe… Dieser alte Kram ist Klotz am Bein der Menschheit und hindert nur beim Fortschritt, nämlich bei internationaler Zusammenarbeit und gemeinsamer Lösung weltumspannender Aufgaben.

Wenn sich die Menschheit nicht positiv zusammenrauft und gemeinsam gegen Klimakatastrophe und menschengemachte Plagen inklusive Umweltzerstörung vorgeht, dann… gute Nacht. Aber es geht nur positiv: Dass Ihr nur gemeinsam überlebt, das müsst Ihr doch einsehen! Optimisten haben den Pessimisten eins voraus: die bessere Laune. Darum redet nicht vom Untergang, sondern vom Leben und Überleben — für alle Lebewesen auf dieser unserer Erde.

W. R.

„Welt — quo vadis“ könnte auch überschrieben werden „Was die Welt braucht — und was nicht“. Dies ist ein Beitrag, der helfen soll, desorientierten Menschen den Blick für’s Ganze zu öffnen und ihren moralischen Kompass zu justieren. Auf jeden Fall muss verkündet werden, dass die alten, gewohnten Lösungen nicht mehr taugen, dass die alten Parolen nicht mehr ziehen dürfen, dass wir als Menschheit gemeinsam unsere Zukunft sichern müssen, wir als Menschheit. Unsere Zukunft aber ist gekoppelt an die Zukunft des Lebens auf diesem Planeten. Wenn wir gegen die Natur wirtschaften, verfehlen wir das Ziel. Wenn wir uns weiter von machtgeilen Egoisten spalten lassen, erst recht.

Aktueller Nachtrag am 26.09.2022: Die Wahlen in Italien vom 25.09. haben einem Bündnis rechtspopulistischer Parteien eine Mehrheit beschert. Man braucht nur wenige ihrer Parolen zu hören, und man weiß: Eine Mehrheit orientierungsloser, verunsicherter und irregeleiteter WählerInnen ist auf Retro-Parolen hereingefallen, wie so oft in der Geschichte. Die Leute lassen sich mal wieder von Dummschwätzern foppen und geben sich der vagen Hoffnung hin, es würde ihnen etwas bringen, wenn Italien wieder stolz und selbstbewusst die nationalen Interessen (auch gegen die EU) verfolgte. Solche Parolen hörten wir fast gleich schon von Trump, und z.T. auch bei den Nazis in den frühen 1930er Jahren… Das wisst Ihr ja hoffentlich. Fakt ist: Keinem Land bekommt es, wenn es sich von internationaler Zusammenarbeit abkoppelt. Italien im konkreten Fall hängt von der Hilfe der EU ab. Gerade deshalb haben wohl etliche ihre Stimme den Befürwortern von Nationalstolz und Ausländerfeindlichkeit gegeben. Ein ähnliches Phänomen hat viele Briten für den Brexit stimmen lassen. Nostalgie nach alter Größe ist ein schlechter Ratgeber, wenn die Welt sich längst ein Stück weiter gedreht hat. Die Briten merken inzwischen mehrheitlich, dass sie sich mit dem Brexit keinen Gefallen getan haben.

Und wer freut sich am meisten über dieses Wahlergebnis? Dreimal dürft Ihr raten. Es ist derjenige (Du weißt schon wer), der den rechten Parteien schon seit Langem finanziell und propagandistisch unter die Arme greift, damit sie die westliche Demokratie und ihre Freiheiten bekämpfen. Das dürfen wir uns nicht bieten lassen, und deswegen ist, bei allen pazifistischen Neigungen, derzeit das Gebot der Stunde, die Ukraine in ihrem Abwehrkampf gegen den Aggressor auch militärisch effektiv zu unterstützen.

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27. Januar

Antisemitismus hat in Deutschland und anderen Ländern in der Welt zugenommen, hören wir in den Medien. Das darf doch wohl nicht wahr sein! Ist denn ein Teil der Menschheit geistig verwirrt? Es ist doch jedem gut informierten Menschen klar und eine Selbstverständlichkeit, dass Rassismus ebenso wie Vorurteile über bestimmte Volksgruppen undiskutabel sind und keineswegs sachlich begründbar.
Warum gibt es das trotzdem, und worum geht es den Leuten mit Vorurteilen und rassistischen Ressentiments?
Die Frage ist: Wem nützt das, oder: Was hat ein Mensch davon, sich solche Einstellungen zu eigen zu machen und zu vertreten?
Ein Nutzen ist erst einmal nur psychologisch erkennbar: Wer andere Menschen durch die rassistische Brille sieht und sie abqualifiziert, hat offenbar ein BEDÜRFNIS, dies zu tun. Dieser Mensch will diese Brille mit voller Absicht tragen, denn dadurch kann er Menschen in verschieden wertige Kategorien einteilen. Und in welche ordnet er sich dann selbst ein? Blöde Frage, natürlich in die höchstwertige Kategorie!
Aha: Der Nutzen einer solchen Brille besteht darin, sich selbst aufzuwerten und über andere Menschen zu erheben. Anders gesagt: Als Rassist stelle ich mich als Angehöriger einer bestimmten Gruppe über Andere, die nicht zu dieser Gruppe gehören. Ich erhöhe meinen Wert auf Kosten Anderer, die ich herabstufe und erniedrige.
Das ist, kurz erläutert, der Antrieb der Rassisten.
Und ähnlich gilt das für Menschen, die auf andere herabsehen (wollen), weil sie sich als Wohlhabendere, Gebildetere oder Besser Ausgebildete sehen und das kundtun, indem sie auf Ärmere, Weniger Gebildete oder Menschen mit geringer beruflicher Qualifikation herabsehen und über sie lästern.
Übrigens kann man dasselbe Schema auch bei Leuten beobachten, die eine frauenfeindliche Einstellung haben. Besonders Männer, die sich in Konkurrenz zu Frauen sehen, vertreten gern geringschätzige Ansichten gegen Frauen und machen deren Leistungen madig – auch aus Angst, da könnte eine Frau besser im Job sein und mehr Anerkennung bekommen.
Aber tatsächlich passiert es, dass Frauen sich für gleichen Lohn und gleiche Karrierechancen mehr anstrengen müssen als Männer – mit dem Effekt, dass einige in der Tat mehr leisten und besser werden als ihre männlichen Konkurrenten und damit ihre Fähigkeiten mehr trainieren als die Männer, die glauben, es aufgrund ihres Geschlechts eher zu schaffen. Das zahlt sich für die Frauen, die sich nicht unterkriegen lassen, auf lange Sicht aus.
Übrigens: Die antisemitischen Vorurteile in der Gesellschaft und die häufige Benachteiligung führte in der Vergangenheit oft zu ähnlichen Effekten. Juden hatten es oft schwerer in Deutschland, waren gezwungen, möglichst gut zu sein im Beruf, und dadurch wurden viele erfolgreich im Finanzsektor, oder sie nahmen ihre Bildungschancen ernster als Andere und erreichten in relativ großer Zahl höhere Bildungsabschlüsse. Unter deutschen Intellektuellen waren Juden daher auch relativ zahlreich. Und das wiederum verstärkte die Abneigung und den Hass bei einigen Antisemiten, man verstieg sich z.B. zu der Behauptung, es sei eine krankhafte jüdische Eigenschaft, alles zu kritisieren und in Zweifel zu ziehen – anstatt z.B. unkritisch in nationalistische Begeisterung auszubrechen (wie ein „guter Deutscher“). Dabei wird – wie bei allen Vorurteilen – gern unterschlagen, dass sich Juden wie andere Menschengruppen insgesamt einfach menschlich verhalten. Viele von ihnen zogen z.B. im Ersten Weltkrieg mit den Anderen begeistert an die Front und wurden mit Orden dekoriert. Wir kennen alle die Bilder von jüdischen Frontkämpfern, die sich dem SA-Mob mit ihren Orden entgegenstellten, was aber die johlenden Horden nicht interessierte. Wer an seinem Vorurteil hängt, der ignoriert eben auch Tatsachen, die sich eigentlich nicht leugnen lassen. Das findet sich leider eben – allzu menschlich – überall auf der Welt.
Und wer noch Beweise dafür braucht, der schaue auf die arabische Welt, wo es eine Menge Leute gibt, die die gefälschten „Protokolle der Weisen von Zion“ als Argument für ihren Antisemitismus anführen, obwohl dieses Machwerk schon 1919 als Schwindel entlarvt wurde. Aber manche Menschen wollen nicht wissen, sondern glauben.
Apropos „glauben“: Auch die Verschwörungsmythen leben davon, dass Leute sich keine mit rationalen Argumenten und Fakten begründete Meinung bilden, sondern lieber GLAUBEN, was ihnen ohne großes Nachdenken glaubhaft erscheint. Das ist geistig bequem, und gerade deshalb halten Menschen gern an ihren geglaubten „Wahrheiten“ fest und wollen von einer Hinterfragung nichts hören.
So plapperte auch Hitler den Quatsch von der jüdischen Weltverschwörung nach und entblödete sich nicht (obwohl er nicht blöde war), in der zunehmenden Kriegsgefahr (die er selbst verstärkte) den Juden öffentlich Vernichtung anzudrohen, da sie angeblich die „jüdisch-bolschewistische Weltverschwörung“ betrieben. Wer in Wahrheit eine Verschwörung gegen den Frieden und für Krieg betrieb, wurde dann offenkundig.
Die Wenigsten aber – und nicht einmal die meisten Nazi-Anhänger – konnten sich damals vorstellen, dass Hitler und seine Komplizen ein solch gigantisches Verbrechen tatsächlich durchführen würden: millionenfacher Mord aus rassistischen Gründen.
Und manche versuchen noch heute, auf Teufel-komm-raus zu leugnen und Desinformation zu streuen. Warum? Weil nicht wahr sein kann, was nicht wahr sein darf. Die nachgeborenen Nazis wünschen sich eine vom gigantischen Massenmord unbefleckte Nazi-Ideologie. Da fehlt einfach das Begreifen von Tatsachen wie die, dass Worte auf Dauer nicht nur Worte bleiben, und dass menschenfeindliche Parolen dann auch zu menschenfeindlichen Taten führen. Und – dass man selbst für seine Taten verantwortlich bleibt, auch wenn sie in einem johlenden Mob geschehen.
S. R.

Mensch und Tier

IERE waren am Welttierschutztag (4. Okt.) ein Thema. Aber nicht nur an diesem Tag, denn der Umgang des Menschen mit seinen Mitgeschöpfen ist ein ständiges Thema. Nehmen wir z.B. das Thema Haustiere, speziell Hunde. Wieviele Menschen haben sich einen Hund angeschafft („Oh, wie niedlich, dieser Welpe!“), ohne sich groß Gedanken über die Bedürfnisse eines Hundes zu machen? Das Bedürfnis des Menschen stand bei vielen allein im Focus, der Hund hatte sich da hineinzufügen. Sich gründlich informieren über Bedürfnisse und Eigenschaften des Hundes, evtl. auch über Besonderheiten der Rasse? Och nö, brauche ich nicht, Hauptsache ich hab Spaß mit dem Hund, wenn ich Lust dazu habe, mit ihm rauszugehen, mich mit ihm zu beschäftigen.
Aus der Sicht des Hundes betrachtet: Ich mag im Prinzip Menschen und schließe mich gern einem Rudel an, ich mag auch eine klare Führung im Rudel, da ordne ich mich ein und unter. Hauptsache, Herrchen oder Frauchen macht klare Ansagen, die ich auch verstehe. Ich möchte ja zufriedene Rudelführer, aber sie irritieren mich, wenn sie mal so und dann wieder anders sagen, was sie wollen. Und sie irritieren mich, wenn sie erbost gewalttätig werden, weil ich sie beim besten Willen nicht verstanden habe. Sie schimpfen mich einen „dummen Hund“, dabei sind sie es, die nicht verstehen, die meine Signale übersehen oder falsch deuten, die meine Körpersprache nicht lernen und verstehen wollen. Ich bemühe mich nach Kräften, ihre Körpersignale und ihre Ansagen zu verstehen (die manchmal widersprüchlich sind), aber das bleibt oft einseitig.

Ja, der Homo Sapiens hat sich mental dahin entwickelt, auf Tiere verächtlich herabzusehen. Der „dumme Hund“ soll gefälligst parieren, sich zu einer Gehorsamsmaschine abrichten lassen, sich nützlich machen und nicht stören. Im Hinblick auf Hunde war das die übliche Sicht, im Zweifel trat man auch den Hund und legte ihn als Wachhund an eine Kette. Was für eine Existenz für ein sensibles Tier, das viel mehr ist als eine Knurr- und Bellmaschine! Der Hund ist vor allem ein Lauftier. Was soll er an einer Kette oder in einem Zwinger?!
Manche Menschen haben Angst vor Hunden. Das ist verständlich, wenn sie in der Kindheit ein unangenehmes Erlebnis mit einem Hund („Beißvorfall“) hatten. Das ist aber weniger dem Hund als dem Halter anzulasten. Aggressive Hunde sind aggressiv gemacht worden. Sogenannte Kampfhunde sind dafür ein Extrembeispiel. Ansonsten ist bei fremden Hunden eben Vorsicht geboten: Vor allem kleine Kinder sollten nicht unvermittelt nach einem fremden Hund greifen und ihn anfassen. Und Hundehalter sollten ihre Hunde nicht distanzlos an fremden Kindern schnüffeln lassen. Aber auch Jogger sollten wissen, dass man nicht distanzlos dicht an einem Hund vorbeirennt (Was bitte soll der Hund denn glauben, was der Jogger vorhat?!).

Ein großes Problem bei diesem Thema ist Gedankenlosigkeit — beim Menschen, selbstverständlich. Der Mensch sieht sich als „Krone der Schöpfung“, da hat er, meint er, es doch nicht nötig, auf andere Lebewesen Rücksicht zu nehmen! Er bedient sich nach Lust und Laune an der Natur, posiert auch gern mal als Großwildjäger an einem totgeschossenen Löwen mit Fuß auf dessen Kopf, oder mit ähnlichen, angeberischen Überlegenheitsposen. Der Mensch greift gedankenlos in die Natur, in die Landschaft, in das Ökosystem ein — und, bevor er annähernd kapiert, was er vor sich hat, verdirbt und vernichtet er es schon. Viele Arten auf der Erde sterben durch menschliches Handeln aus, bevor der Mensch überhaupt bemerkt hat, dass es diese Lebewesen gibt. Aber er ist ja der „Homo Sapiens“, der wissende, weise Mensch! Doch durch sein Handeln blamiert er sich in Wahrheit vor der Schöpfung und zeigt, dass er diese Bezeichnung nicht verdient. „Krone“? Fragt andere Lebewesen, die sagen womöglich: „Fluch“.

Der Mensch ist beides: Mensch und Tier. Und wenn er sich zusammenreißt und seinen Verstand, auf den er sich so viel einbildet, wirklich nutzt, dann kann er (er und sie, natürlich) ein liebenswertes Geschöpf sein und sogar in der tierischen Universität einen Ehrendoktor verliehen bekommen. Wenn… !

W. R.

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Mein kleiner Beitrag

Das bisschen Müll, das ich zurücklasse – ach komm, das fällt doch gar nicht ins Gewicht! Was bewirkt schon mein kleiner Beitrag gegen die großen Verschmutzer? Was bewirke ich Einzelner überhaupt, wenn ich auf viel Fleischkonsum verzichte oder weniger Auto fahre?
Verführerisch raunt uns eine Stimme ins Ohr: Dein kleiner Beitrag bewirkt doch gar nichts, um den Klimawandel zu bremsen! Lass doch erst einmal die Anderen ihr Verhalten ändern!
Und noch eine teuflische Stimme ruft: Was können wir überhaupt tun? Wir können die Erderwärmung nicht stoppen. Wir können den Plastikmüll nicht mehr aus den Ozeanen holen. Wir können… ja, was denn? Einfach alles laufen lassen, uns in das Schicksal ergeben, unseren Kindern und Enkeln eine vermüllte, sich weiter erhitzende Welt des Untergangs hinterlassen?
Das haben wir uns so vorgestellt: Wir kosten es noch aus, uns einfach gehen zu lassen. Verzichten und umdenken sollen dann Andere, wir nicht.
Und dann kommt ein nicht gekannter Sturzregen über uns, zerstört Schienenwege und sogar Autobahnen, sogar fern vom Katastrophengebiet stehen wir nun im Stau. Das hatten wir uns nicht vorstellen können!
Junge Menschen sagen uns: Was habt Ihr denn geglaubt! All die Warnungen seit Jahrzehnten, Ihr habt sie nicht ernst nehmen wollen. Wir haben im Schulunterricht gelernt, wie das zustande kommt und was für Folgen das hat. Darum sind Viele von uns auf die Straße gegangen und haben mit „Fridays For Future“ für eine vernünftige Klimapolitik demonstriert. Aber Ihr wolltet uns nicht ernst nehmen, habt sogar gemeint, das Thema sollten wir den Fachleuten überlassen (so Lindner von der FDP). Jetzt begreift Ihr hoffentlich, wer die wahren Fachleute sind, und wer Euch was vom Pferd erzählt.
Das Dilemma ist: Solange Ihr nicht kapiert, dass jeder einzelne Beitrag zählt; solange Ihr nicht begreift, dass die ganze Misere menschengemacht ist; solange Ihr nicht anfangt, als Teil der Menschheit Euren kleinen, aber wichtigen Beitrag zu leisten — so lange besteht für die Menschheit keine Hoffnung.
Ihr meint: Das ist übertrieben und dramatisiert? Jetzt fangt Ihr ja schon wieder an, Euch zu drücken und die Augen zu verschließen! So geht’s weiter abwärts! Da hilft nur noch eins: Wir, die die Katastrophe noch abwenden wollen, müssen Euch entmachten. Ihr lasst uns keine andere Wahl…
M. B.

Spuren des Homo Sapiens, der glaubte, über der Natur zu stehen

Dies ist ein Gastbeitrag von Mark Bogner, dem wir hier eine Stimme gegeben haben – stellvertretend für seine Generation.

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Zukunft der Menschheit

SO ist der Mensch: Was nicht ins Weltbild passt, wird geleugnet bis zum Gehtnichtmehr. Oder umgekehrt: Was so prima und einfach ins Weltbild passt, das wird gern geglaubt (selbst wenn es bei genauer Betrachtung nicht stimmen kann). Damit ist schon viel gesagt über das Schicksal der Menschheit – wenn man Geschichte, Gegenwart und mögliche Zukunft ins Auge fasst.
Diese „Erfindung der Chinesen“ (D. Trump), gegen die wir nichts tun können (AfD): die durch Menschenhilfe beschleunigte Klimaerwärmung, wird uns noch lehren: Egal, was Ihr denkt oder glaubt, die Natur lässt sich ihre Gesetze nicht von menschlichem Wunschdenken vorschreiben. „Der Mensch denkt, Gott lenkt“, lautet ein alter Spruch. Denn unsere Vorfahren kannten die Macht der Natur und ihre Wucht, mit der sie zuschlagen kann.

Doch dann, als man sich des „wissenschaftlich-technischen Fortschritts“ bewusst wurde, begann die Hybris: Man konnte die Natur bezwingen, wie man schon die Welt kolonisiert und unterworfen hatte.
Als die Brücke über den Tay, ein Vorzeigeobjekt damaliger Baukunst und 1879 längste Brücke der Welt, von einem mächtigen Sturm samt einem darüber fahrenden Zug in die Fluten gerissen wurde, dichtete Theodor Fontane:

„Tand, Tand, ist das Gebilde von Menschenhand.“

Der Stolz britischer Schiffsbaukunst, die „Titanic“, versank 1912 im Meer – auch das ein Fanal, das man als Warnung hätte verstehen können.

1914 begann das große Schlachten, der Erste Weltkrieg, der die Menschen fassungslos auf in diesem Ausmaß nie dagewesenes Leid und immense Zerstörung blicken ließ. Dementsprechend hart bestraften die Siegermächte die Verlierer, vor allen Deutschland, womit sie aus Rachsucht und mangelnder Weitsicht dem „Führer“ Bühne und Aufstieg bereiteten – und sich selbst neues Leid in einem Krieg, den man den Zweiten Weltkrieg nennt. Den Weg dahin bereiteten auch die militärischen Führer aus dem Ersten Weltkrieg, Hindenburg und Ludendorff, die sich vor der Verantwortung für die deutsche Niederlage drückten und die „Dolchstoßlegende“ erfanden: Angeblich sei der Aufstand in der Heimat der Front in den Rücken gefallen und habe die Niederlage ausgelöst. (In Wahrheit war der Krieg schon lange vor dem Kieler Matrosenaufstand verloren.)

Die Legende vom „Dolchstoß“ glaubten damals viele Deutsche, die der Kriegspropaganda nach wie vor folgten: Die Armee war angeblich „im Felde unbesiegt“ in die Heimat zurückgekehrt. So blieben die beiden Kriegsherren ungestraft bei ihrer Lüge. Nur eine Minderheit zog aus dem entsetzlichen Schlachten die Schlussfolgerung: „Nie wieder Krieg!“

Und nach dem Zweiten Weltkrieg war endlich Schluss mit Lügen und Selbstbetrug? Denkste! Viele Deutsche duckten sich weg und behaupteten, das Nazi-Regime nie unterstützt zu haben, beschwiegen diese Zeit nach Möglichkeit und stürzten sich in Wiederaufbau und Geldverdienen. In Westdeutschland betäubte das „Wirtschaftswunder“ bei Vielen das Nachdenken über die Vergangenheit. Das Gefühl „Wir sind wieder wer“ griff um sich, man integrierte sich im Kalten Krieg ins westliche Bündnis und Wirtschaftssystem und wollte die NS-Zeit als „Betriebsunfall der deutschen Geschichte“ ablegen.

Es passt eben besser ins eigene Weltbild, das Prinzip „Wir sind die Guten“ aufrechtzuerhalten und Anderen die Schuld an Krieg und Katastrophen zuzuschieben. Dann braucht man nichts zu überdenken oder zu ändern. Schön bequem!

Nach diesem Prinzip verfängt bei Vielen auch der Irrglaube, die wesentlich von Menschen verursachte globale Erwärmung sei nicht unsere Schuld, wir könnten sogar nicht einmal etwas dagegen tun. Das ist so ziemlich das Faulste und Ignoranteste, was die Menschheit sich leistet.* Wie verbohrt oder blind muss man sein, um abzustreiten, was offensichtlich ist? Was wir aktuell, im Juli/August 2021, gehäuft in den Nachrichten von Katastrophen hören und sehen (Flutkatastrophen, Brandkatastrophen), ist die exakte Bestätigung von wissenschaftlichen Voraussagen! Und diese Voraussagen gab es schon in den 1980er Jahren.**

Man könnte daraufhin am Homo Sapiens verzweifeln und sagen: Er hat’s nicht besser verdient, er will ja mehrheitlich nicht auf Vernunft hören und benutzt sein Gehirn bloß für egoistisches, engstirniges Vorteilsdenken. Für diese Beurteilung gibt es unbestreitbar gute Gründe. Aber das ist nicht alles. Es gibt auch einen Teil der Menschheit, der nicht im Strom der Denkfaulen und Egozentrischen mitschwimmt. Dieser Teil versucht, sich gegen die Mehrheit für Humanität, Empathie, Solidarität, Vernunft, Weitsicht einzusetzen.

Wer ein einseitig schlechtes Menschenbild hat, der unterstützt indirekt die blutigen Diktatoren, die in einigen Staaten dieser Erde an der Macht sind (und sie nicht mehr hergeben wollen). Den Gewaltherrschern dieser Erde ist eins gemeinsam: Sie verachten die Menschen prinzipiell als manipulierbar, verführbar, einer „starken Hand“ bedürftig, und sehen sie als Masse, die zu lenken ihre Aufgabe sei. Angeblich weiß nur der Diktator, was für diese Masse gut ist (nämlich, was für ihn selbst gut ist). Alle Kritik muss daher zum Schweigen gebracht werden: Die Masse soll nur glauben, nicht denken, nicht wissen. Diesem Ziel dient alle staatliche Propaganda. Das alles wird begründet mit der angeblichen Unreife der Masse und der Schlechtigkeit der Menschen.

Wenn die Menschheit noch zu retten ist, dann… Ja, was? Jetzt denkt mal bitte selbst weiter! Brauchen wir mehr Diktatoren, die als Zuchtmeister die Massen mit Zuckerbrot und Peitsche zu Zielen treiben, die die Diktatoren vorgeben? Oder brauchen wir mehr Aufklärung und Menschlichkeit, damit sich eine große Mehrheit für Vernunft und Mitgefühl einsetzt?

In diesen Zeiten geht es nicht um Kleinigkeiten. Es geht um Grundsätzliches. Und ja, selbst wenn Euch das übertrieben vorkommen sollte: Es geht um die Zukunft der Menschheit. Über diese Zukunft wird in unserer Gegenwart entschieden, nicht irgendwann später.

W. R.

Nachtrag am 03.09.21: Neulich fanden Journalisten heraus, dass eine russische Firma im Internet versucht, Fake News über das Impfen zu verbreiten, und dazu besonders in bestimmten sozialen Medien aktiv ist, die viel in Afrika und Lateinamerika genutzt werden. Diese Desinformationskampagne will den Leuten einreden: Wer sich impfen lässt, wird zum Schimpansen!

Ja, da müsst Ihr laut lachen! Zu komisch! Nur: Die Kampagnen-Betreiber wissen, dass gerade in diesen Kontinenten viele Menschen wenig Bildung bekommen und noch sehr einem magischen Weltbild verhaftet sind. Magisches Weltbild heißt: Man glaubt an Zauberei und den Bösen Blick, an Hexen, u.a.m. (Das war auch bei uns in Mitteleuropa vor Jahrhunderten sehr verbreitet). Was man sich halt so vorstellt, wenn man viel glaubt und wenig weiß, wenn man anfällig ist für alle möglichen Gerüchte und aufregende Falschmeldungen. Ja, Ihr merkt schon: Das ist auch bei uns nicht so selten, da ja ständig Verschwörungsmythen im Netz verbreitet werden – und sogar von Einigen geglaubt werden.

Man könnte jetzt überlegen lästern über die geistigen Schimpansen, über Leute, die sich im Netz verrückt machen lassen und sensationellen Stuss eher glauben als wissenschaftlich geprüfte Tatsachen. Aber Vorsicht vor Hochmut: Kehrt auch vor Eurer eigenen Tür, und seid vorsichtig gerade im Wahlkampf, wenn dubiose News an Euch herangespült werden. Denn es gibt sie, die Produzenten von Fake News, die alles versuchen, um Unruhe ins Netz zu tragen, Leute zu verunsichern und Zweifel gegen die nach guten journalistischen Standards arbeitenden Medien zu säen.

Wollt Ihr nicht zu Bildungs-Schimpansen werden, dann schaltet Euer Hirn nicht ab bei abenteuerlichen Meldungen, die auf Euren Bauch zielen und Euer Denken ausmanövrieren wollen. Ihr wollt Beispiele? Klar, z.B. die „jüdisch-bolschewistische Weltverschwörung“ (die Hitler sogar, ohne rot zu werden, in seinen offiziellen Reden nannte), oder: Die „Weiße Rasse“ ist allen anderen überlegen (eine nicht haltbare Behauptung, mit der weiße Bildungsschimpansen sich selbst bauchpinseln), oder: Impfen macht unfruchtbar (Gegenbeweise werden stur ignoriert), oder… ach, Ihr habt sicher auch schon einigen Blödsinn im Internet vorgefunden.

Aber Ihr, hoffe ich, habt genug fundiertes Wissen und fallt schon deshalb nicht auf jeden Betrugsversuch herein. Hab ich recht?

P.S. Ihr braucht diesen Beitrag nicht zu „liken“ und zu teilen wie in einem Kanal der „social media“. Es reicht völlig, wenn Ihr ohne Hast nachdenkt und daraus Schlüsse zieht — und Euch eine begründete Meinung bildet.

__________________

* die Menschheit? Sagen wir genauer: Die von einer Verdummungskampagne der Ölindustrie und von ihnen bezahlten Multiplikatoren irregeführte Menschheit, darunter auch die offiziellen Vertreter der hiesigen AfD (Gauland etc.)

** Der „Spiegel“ brachte das Thema als Titelgeschichte im August 1986(!); als aufrüttelnde Mahnung zeigte das Titelbild den Kölner Dom in einem rundum überschwemmten Gebiet. Unglaublich, aber wahr: 35 Jahre Nicht-Hinhören und Wegschauen bei den Verantwortlichen in der Politik – und bei großen Teilen der Wirtschaft, die lieber weiter um das Goldene Kalb tanzten und die Zukunft allein im Weitermachen-Wie-Bisher sahen…

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Endlich Beweise!!

Virologen sind überrascht: Das hätten sie nicht gedacht! Da greift ein offenbar ansteckender Keim um sich, der sich Dummheit nennt. Leute, die davon infiziert werden, glauben jeden Mist, der im Internet verbreitet wird, und liken fleißig unwissenschaftlichen Murks, der aber so schön glaubhaft daherkommt. Eine Menge dieser Infizierten konnte man heute* in Berlin in einer Demo laufen sehen: Die Gefahr des Corona-Virus leugnen sie und stellen die große Mehrheit der Wissenschaftler als Lügner hin, sie selbst hingegen sind die erleuchteten Durchblicker, die die ganze Corona-Verschwörung durchschauen! Grandios. Und woher beziehen sie ihre Informationen? Von dubiosen, dafür aber heilsbringerisch auftretenden Leuten in den sozialen Medien und auf YouTube-Kanälen.

Ich weiß, wovon ich rede, schließlich habe ich mir ein paar von denen angeschaut und angehört, weil ich mich vorurteilsfrei aus verschiedenen Quellen informieren möchte. Und ich stellte fest: Wer genau hinhört, merkt schnell, wo die Schwachstellen dieser „Enthüllungen“ sind – aber viele Verschwörungsgläubige hören ja nur noch kritisch hin, wenn etwas von seriösen „Mainstream“- -Medien kommt.

Dabei wissen sie noch nicht von einer wahrhaft skandalösen Verschwörung:

Rechtsradikale, „Reichsbürger“, durchgeknallte Sektenführer, russische und chinesische Agenten und Trumps nun abgelöster US-Botschafter (der Merkel ebenso hasst wie sein Chef) haben unbemerkt eine Substanz in das Kerosin sämtlicher Verkehrsflugzeuge gemischt, die Deutschland überfliegen. Die Kondensstreifen dieser Flugzeuge verteilen …

… Verdummungs-Aerosole über das Land. Wie die Corona-kritischen Demos zeigen, haben sie damit schon Erfolge erzielt, besonders bei Leuten, die sich nicht mit Gesichtsmasken schützen.
Damit Ihr das glaubt, gehe ich mit dieser Enthüllung morgen in die sozialen Netzwerke und eröffne zusätzlich einen YouTube-Kanal, wo diese Verschwörung aufgedeckt wird. Parole: „Endlich Beweise!!“ Wetten, dass ich hohe Klickzahlen und massenhaft Likes kriege?
W. R.

*Coronaleugner demonstrieren in Berlin: „Ihr denkt, ihr werdet verschont von den Tribunalen? Werdet ihr nicht!“ – Berlin – Tagesspiegel.

Die Verwirrten rufen auf der Demo nach Freiheit. Ja, was denn noch? Ihr nehmt Euch schon die Freiheit heraus, die Infektionsgefahr zu missachten, das Ansteckungsrisiko für Andere und damit deren Wunsch, frei und gesund zu bleiben, zu missachten. Die Freiheit, Party zu machen und in Gruppen dicht gedrängt herumzustehen ist Euch wichtiger als der Schutz Eurer eigenen und der Gesundheit Anderer, nicht zu reden von den Älteren und Immungeschwächten, die eine Covid-19-Infektion schwerkrank machen kann, auch im Hinblick auf Langzeitfolgen. Eure persönliche Freiheit ist der egoistische Wunsch, jederzeit zu tun oder zu lassen, was Euch gerade gefällt, ohne Rücksicht auf irgendwen und irgendwas. Wenn Ihr ältere Verwandte ansteckt – was soll’s, Ihr seid Euch natürlich keiner Schuld bewusst und feiert weiter.

Niemand will Euch – gerade in diesem Land – Eure Freiheit einschränken, darum geht es nicht. Hier geht es darum, die Bevölkerung (eingeschlossen Euch selbst) vor einer Erkrankung zu schützen, von der niemand im Voraus sagen kann, wen sie in welcher Heftigkeit treffen wird – wenn erst die Infektion da ist. Wir wissen noch nicht einmal, wie lange eine überstandene Infektion immun macht. Wir wissen aber, dass eine Anzahl Infizierter sehr schwere Krankheitsverläufe hatten, und dass einige daran gestorben sind.

Ich meine: Freiheit bedeutet Selbstverantwortung. Sichgehenlassen ist was für Besoffene, die sich nicht mehr im Griff haben. Wer sich nur hemmungslos austoben will, hat das noch nicht verstanden. Meine Freiheit besteht darin, mich nach eigenem Verstand zu entscheiden: Will ich gesund bleiben? Will ich mich sozial verhalten und Rücksicht auf Andere nehmen? Es hat in meinen Augen auch etwas mit Menschenwürde zu tun, wenn ich als Mensch wahrnehme, dass andere Menschen genauso Rechte haben und ihre Freiheit nicht durch mein Verhalten eingeschränkt sehen wollen. Und ehe Ihr Euch auf das Grundgesetz beruft, schaut doch erst einmal nach, was da überhaupt drin steht, z.B. im Artikel 1. Und lest auch Artikel 2 mal in Ruhe durch.

W. R.

Nachtrag am 12.09.2020: Die Verquerdenker demonstrieren immer noch gegen — was eigentlich? Dagegen, dass der Staat seiner Pflicht zur Daseinsvorsorge für die Bevölkerung nachkommt? Oder für das Recht auf Dummheit? So langsam fragen sich die Vernünftigen: Was soll das?

Heute kommt die Antwort! Achten Sie auf das erste Foto in diesem Bericht: Proteste gegen Corona-Maßnahmen: Polizei stoppt Demo in München – 10.000 unterwegs – Politik – Tagesspiegel Da enthüllt ein von Demonstranten gezeigtes Banner die Erklärung: Corona bringt als Nebenwirkung auch Verblödung unter die Leute! Damit ist das Rätsel gelöst: Weniger die Aerosole aus Kondensstreifen (s.o.), vielmehr das Covid19-Virus selbst ist eine Virus-Mutation, die viele Infizierte nicht mehr klar denken lässt. Die Infizierten selbst merken nichts, weil die Erkrankung oft symptomfrei verläuft. Und der Volksmund weiß schon lange: Blödheit tut nicht weh. Darum merken jene Demonstranten auf dem Foto nicht, dass sie ein Eigentor schießen.

Aber so isser, der Homo Sapiens: Leicht lässt er sich mitziehen, schöner als Selbstdenken ist die wohlige Wärme der Herde, da guckt man nicht mehr so genau hin, wer da alles unter welcher Flagge mitläuft …

Noch ein Nachtrag am 15.11.2020: Dass diese Verquerdenker den Begriff „Querdenker“ okkupiert haben, dass einige sich Corona-„Rebellen“ nennen, ist eine Anmaßung, die nichts Anderes ist als Etikettenschwindel. Das Wort Querdenker war früher eher positiv besetzt und bezeichnete nonkonformistisch und evtl. innovativ denkende Einzelgänger, die u.U. durchaus inspirierende Impulse einbrachten. Solche Qualitäten kann ich bei dieser Initiative nicht erkennen.

Schon eher sehe ich da Leute, die nach einer bei Nazis beliebten Methode Begriffe besetzen und umdeuten, um Leute zu irritieren und zu behumsen. Nicht zufällig mischen sich Neonazis erkennbar unter die Demonstranten und verbinden das Corona-Leugnen mit ihrer staatsfeindlichen Gesinnung. Was auch bedeutet: Wer mit dem Grundgesetz in der Hand gegen Corona-Maßnahmen protestiert und dabei die Nähe staatsfeindlicher Mitmarschierer duldet, der … (denken Sie selbst weiter!).

Und wer schon nachgedacht hat, münzt das folgende Zitat aus Goethes „Faust“ I, 2128f., gesprochen von Mephisto in Auerbachs Keller, auf die aktuelle Situation:

Den Teufel spürt das Völkchen nie / Und wenn er sie beim Kragen hätte.