Archiv für den Monat: April 2025

… und Europa!

NUN ist der verstorbene Papst Franziskus beigesetzt und der Medienrummel erstmal abgeebbt. Was bleibt? fragen Viele.
Was mir zuerst einfällt, ist sein Besuch gleich nach Amtsantritt — nicht bei einem Großkopferten und mächtigen Staatsmann, sondern — auf der Insel Lampedusa im Flüchtlingslager, wo sich Menschen drängten, die mit kaum seetüchtigen Booten eine gefährliche Fahrt von Afrika über das Mittelmeer nach Europa hinter sich gebracht hatten.
Und ich erinnere mich daran, dass er den Politikern Europas ins Gewissen redete und sie mahnte, Europa als Wertegemeinschaft nicht zu vergessen. Das habe ich schon 2016 auf der Unterseite >Höheres ausgeführt. Franziskus bekam damals sogar den Karlspreis zugesprochen.

Die Nominierung für den Karlspreis befürworteten vor allem Leute, die sich um die europäische Idee Sorgen machten. Denn in der praktischen Politik galten oft die Prinzipien nicht viel, die in Fensterreden gern hochgehalten wurden. Das zeigte sich z.B. in der Flüchtlingspolitik. Aber grundsätzlich war ja Europa ein Friedensprojekt: Nach Jahrhunderten voller kriegerischer Konflikte sollte unser Kontinent endlich die Lektion begriffen haben, dass Kriege immer viel Leid verursachen, dass sie immer mit Zerstörung und wirtschaftlichen Verlusten verbunden sind, und dass sie moralische Verwüstungen anrichten (indem Gewalt als Mittel der Wahl ausgerufen wird), während sie nur Wenigen Nutzen bringen, wenn überhaupt. Und: dass Kriege vermeidbar sind, wenn man vernünftig bleibt und machtlüsternen Kriegstreibern kein Gehör schenkt!

In der gegenwärtigen politischen Weltlage erscheint es besonders dringlich, dass Europa zusammenrückt und gemeinsam als Stimme der Vernunft auftritt, dass Europa sich der vereinten Wirtschaftsmacht mit ihrem möglichen Gewicht bewusst wird — um darauf zu drängen, dass internationale Regeln des Miteinanders, der Kommunikation und des Austausches eingehalten werden.

Gegen die ideologischen Irrläufer, die Nationalismus und nationalen Egoismus wieder als einen quasi-religiösen Glauben etablieren wollen, muss Europa sich auf ein positives Leitbild besinnen und eine positive, zukunftstaugliche Idee voranbringen. Schließlich hat Europa mit seiner konfliktreichen Geschichte weiß Gott genug Lehrgeld bezahlt: Gewalt und Krieg sind untaugliche Mittel, um ein Europa zu schaffen, das allen seinen BürgerInnen ein erträgliches Leben ermöglicht und sich entwickeln kann in Frieden mit anderen Regionen.

Europa hat nur damit eine Chance, sich gegen die großen Player der Weltpolitik zu behaupten. Der überholte Nationalismus führt zur Zersplitterung Europas und zur Bedeutungslosigkeit der Einzelstaaten, die allein nicht bestehen können und sich höchstens an große Player heranwanzen können — und damit zu deren Satelliten werden. Damit müssen sich die Zwerge der Weltpolitik, ob sie wollen oder nicht, in die Abhängigkeit von Riesen begeben. Und die Nationalisten, die immer von neuer nationaler Größe träumen und fantasieren, reden in Wahrheit einer Verzwergung ihres Landes das Wort. Diese selbsternannten Patrioten sind das genaue Gegenteil, sie schaden ihrem Land, wenn sie an die Macht kommen.

Was momentan in der Weltpolitik abläuft, ist ein sichtbarer Beweis: Donald Trump hat unter seiner Parole „Make America great again“ (MAGA) in den ersten 100 Tagen seiner zweiten Amtszeit schon eine Menge Schaden angerichtet. Das sagen alle Fachleute von Wirtschaft und Politik, die eine Krempe am Hut haben und nicht ihren Vorteil als Trumps Speichellecker suchen. Er schadet vor allem den vielen US-BürgerInnen, die keine Milliardäre sind, die aus seinen Zoll-Tollheiten keinen Nutzen ziehen konnten, die nicht zu den Tech-Bonzen gehören, usw. Leider bestätigt sich, was ich schon gleich nach Trumps Amtsantritt erwartet habe: Die WählerInnen, die in Trump Hoffnungen gesetzt haben, werden enttäuscht. Da kommt keine Schadenfreude auf, denn es trifft leider in erster Linie die ärmeren Schichten der US-Bevölkerung.

Wenn die europäischen Staaten, nicht nur die EU-Mitglieder, die gemeinsame Idee Europa stärken und mit realer Politik unterfüttern, dann kann das auch den armen Amerikanern nützen, die sonst die Politik von Trump und seinen Kumpanen erdulden und ausbaden müssen. Trumps Zoll-Wahn ist es nicht allein, wir müssen uns auch wirksam gegen die Internet-Giganten und ihre schädlichen Geschäftsmodelle wehren. Solange die von Hass und Hetze profitieren, wird unsere Gesellschaft (und nicht nur unsere) weiter gespalten und zu Grobheit und Rücksichtslosigkeit erzogen.

Kurzum: Stärkt die europäische Idee, stärkt die internationale Verständigung und Zusammenarbeit, und verweigert Euch den Versuchen, gewalttätige Auseinandersetzungen zu normalisieren, genauso wie den Versuchen, Staaten mit Foltergefängnissen als normale Partner zu sehen.

W. R.

Der Tresen über Trump

LEIDER entkommt man dem Thema „Trump“ nicht, auch in meiner Stammkneipe ist er ständig Thema in der Tresen-Stammtischrunde:
„Wat will er denn mit seinen Zöllen erreichen? Der blickt doch gar nicht durch, wat er damit alles kaputt macht!“
„Die Wirtschaft kann er damit auf keinen Fall beglücken, für die ist das Gift. Die Wirtschaft braucht friedliche Handelsbeziehungen, braucht Verlässlichkeit. Und die Produzenten und Investoren brauchen sie vor allem, um Planungssicherheit zu haben. Sonst investiert doch keiner mehr langfristig, es wird fast nur noch auf kurzfristigen Gewinn spekuliert…“
„Genau, Spekulation ist das Stichwort. Wie man hört, haben einige Trump-Vertraute die durch den Zoll-Rundumschlag ausgelösten Börsen-Turbulenzen kommen sehen und schnell abgesahnt. Das ist, glaube ich, überhaupt der Kern der Trump-Politik: die eigene Klientel bereichern, egal auf wessen Kosten.“
„Da ist was dran! Und wer zahlt das an der Kasse? Dreimal dürft ihr raten. Natürlich die Ärmeren, die breite Bevölkerung. Die Zölle treiben die Preise hoch, das können sich viele Arme nicht leisten, die Reicheren schon. Aber die ganz Reichen profitieren, weil Trump ihnen Steuern senkt oder streicht, sodass Reiche noch reicher werden, und Arme noch ärmer. Das ist der ganze Zweck von Trumps Politik: Umverteilung von unten nach oben. Und verschleiert wird das durch nationalistisches Geschwätz, aber das ist nur Show, und von Show versteht Trump mehr als von Wirtschaft.“
„Genau! Und auch das Geschwätz von nur Mann oder Frau und nur Familie Vater-Mutter-Kind und all der Quark, das ist bloß Ablenkung von den wahren Absichten. Die ungebildeten Massen, die nicht durchblicken, lassen sich emotional aufrühren und vom Denken ablenken.“
„Eben. Und darum hassen Trumps Leute die Universitäten, wo Leute selbständig denken, und wollen sie auf Linie bringen. Das ist, man glaubt es kaum, das ist reiner Ostblock!“
„Wenn Trump damit durchkommt, ist die Demokratie in den USA erledigt. Menschenrechte? Gibt’s dann nur noch für weiße, männliche US-Bürger. Für andere werden die Bürgerrechte eingeschränkt. Darauf läuft’s hinaus.“
„Armes Amerika!“
„Ich trinke ja gar keinen Whisky, darum kann ich amerikanischen Whiskey nicht boykottieren. Aber was ist mit den social media? Ich überlege schon, auch noch aus What’sApp auszusteigen. Und die Google-Suchmaschine nutze ich schon lange möglichst gar nicht, wenn’s geht.“
„Ja, unser Europa sollte mal in die Puschen kommen und die BigTech-Konzerne wie Meta ordentlich besteuern. Und sie endlich dazu nötigen, Hass- und Nazi-Sachen zu löschen — besonders dann, wenn sie gemeldet werden. Aber die verstecken sich hinter ihrem seltsamen Verständnis von Meinungsfreiheit.“
„Und unterstützen in Wahrheit durch ihre Algorithmen die extremen, radikalen, heftigsten Beiträge, fördern Beleidigungen und Hass, statt dagegen einzuschreiten.“
„Genau! Das ist ihr eigentliches Geschäftsmodell. Und da sind wir wieder beim Anstacheln von Emotionen, um Leute vom Denken abzuhalten: sie sollen nur spontan ihre Likes setzen.“
„Wenn man genau hinsieht, dann ist das ein Spiel für Doofe, bei dem immer der Betreiber der Plattform gewinnt. Deshalb dürfen wir ja auch nichts über die Programmierung ihrer Algorithmen erfahren.“
„Also, das Mindeste ist, dass wir uns nach Alternativen zu diesen von US-Milliardären gesteuerten Angeboten umsehen.“
„Ja, aber komm mir jetzt nicht mit TikTok, ich will meine Daten nicht an China geben, Ist schon schlimm genug, dass Google etc. schon mehr über mich wissen, als ich mir vorstelle.“
„Nee, TikTok ist keine Alternative. Aber es gibt noch andere. Und hier in Europa basteln sie auch an was, ich weiß im Moment nicht..“
Die Bedienung brachte mein Essen, ich war abgelenkt, hatte aber auch genug gehört, darunter Manches zum Nachdenken.
Das war auf jeden Fall ein Gewinn: Nachdenken bringt’s. Ich bin immer dankbar für „food for thought.“ —

P.S. Warum sind Trump und seine Komplizen, warum sind die Rechtsnationalen und Rechtsradikalen gegen Klimaschutz, warum leugnen viele von ihnen sogar ganz den Klimawandel, warum wollen sie vor allem nicht hören, dass der Klimawandel zum größten Teil menschengemacht ist? Denkt mal nach. —— Na? Es geht im Kern um die Verbrennung fossiler Brennstoffe zur Energiegewinnung. Das Geschäft mit fossiler Energie läuft so gut, das hat schon Viele zu Milliardären gemacht — damit will man doch nicht aufhören, sondern weitermachen wie bisher und Geld scheffeln und scheffeln und scheffeln… Und man hat von den Milliarden ein paar Millionen übrig, um die Meinung von Millionen Menschen zu beeinflussen und sie zu Leugnern des Klimawandels zu machen. Dabei stellt sich überhaupt nicht die Frage, was denn für diese Millionen von Menschen — eigentlich sprechen wir von Milliarden Menschen — wirklich gut wäre, und was sie vor den schlimmer werdenden Folgen des Klimawandels schützen kann. Das Wohl der Menschheit? Pfff— Wir machen so lange wie möglich weiter mit unserem fossilen Geschäftsmodell. Und wenn der Globus unbewohnbar wird, Elon Musk wird uns Superreiche schon evakuieren und uns ein Leben auf dem Mars ermöglichen, schließlich zahlen wir ja dafür. Die armen Schlucker müssen dann leider auf dem brennenden Globus zurückbleiben.

W. R.