NUN ist der verstorbene Papst Franziskus beigesetzt und der Medienrummel erstmal abgeebbt. Was bleibt? fragen Viele.
Was mir zuerst einfällt, ist sein Besuch gleich nach Amtsantritt — nicht bei einem Großkopferten und mächtigen Staatsmann, sondern — auf der Insel Lampedusa im Flüchtlingslager, wo sich Menschen drängten, die mit kaum seetüchtigen Booten eine gefährliche Fahrt von Afrika über das Mittelmeer nach Europa hinter sich gebracht hatten.
Und ich erinnere mich daran, dass er den Politikern Europas ins Gewissen redete und sie mahnte, Europa als Wertegemeinschaft nicht zu vergessen. Das habe ich schon 2016 auf der Unterseite >Höheres ausgeführt. Franziskus bekam damals sogar den Karlspreis zugesprochen.
Die Nominierung für den Karlspreis befürworteten vor allem Leute, die sich um die europäische Idee Sorgen machten. Denn in der praktischen Politik galten oft die Prinzipien nicht viel, die in Fensterreden gern hochgehalten wurden. Das zeigte sich z.B. in der Flüchtlingspolitik. Aber grundsätzlich war ja Europa ein Friedensprojekt: Nach Jahrhunderten voller kriegerischer Konflikte sollte unser Kontinent endlich die Lektion begriffen haben, dass Kriege immer viel Leid verursachen, dass sie immer mit Zerstörung und wirtschaftlichen Verlusten verbunden sind, und dass sie moralische Verwüstungen anrichten (indem Gewalt als Mittel der Wahl ausgerufen wird), während sie nur Wenigen Nutzen bringen, wenn überhaupt. Und: dass Kriege vermeidbar sind, wenn man vernünftig bleibt und machtlüsternen Kriegstreibern kein Gehör schenkt!
In der gegenwärtigen politischen Weltlage erscheint es besonders dringlich, dass Europa zusammenrückt und gemeinsam als Stimme der Vernunft auftritt, dass Europa sich der vereinten Wirtschaftsmacht mit ihrem möglichen Gewicht bewusst wird — um darauf zu drängen, dass internationale Regeln des Miteinanders, der Kommunikation und des Austausches eingehalten werden.
Gegen die ideologischen Irrläufer, die Nationalismus und nationalen Egoismus wieder als einen quasi-religiösen Glauben etablieren wollen, muss Europa sich auf ein positives Leitbild besinnen und eine positive, zukunftstaugliche Idee voranbringen. Schließlich hat Europa mit seiner konfliktreichen Geschichte weiß Gott genug Lehrgeld bezahlt: Gewalt und Krieg sind untaugliche Mittel, um ein Europa zu schaffen, das allen seinen BürgerInnen ein erträgliches Leben ermöglicht und sich entwickeln kann in Frieden mit anderen Regionen.
Europa hat nur damit eine Chance, sich gegen die großen Player der Weltpolitik zu behaupten. Der überholte Nationalismus führt zur Zersplitterung Europas und zur Bedeutungslosigkeit der Einzelstaaten, die allein nicht bestehen können und sich höchstens an große Player heranwanzen können — und damit zu deren Satelliten werden. Damit müssen sich die Zwerge der Weltpolitik, ob sie wollen oder nicht, in die Abhängigkeit von Riesen begeben. Und die Nationalisten, die immer von neuer nationaler Größe träumen und fantasieren, reden in Wahrheit einer Verzwergung ihres Landes das Wort. Diese selbsternannten Patrioten sind das genaue Gegenteil, sie schaden ihrem Land, wenn sie an die Macht kommen.
Was momentan in der Weltpolitik abläuft, ist ein sichtbarer Beweis: Donald Trump hat unter seiner Parole „Make America great again“ (MAGA) in den ersten 100 Tagen seiner zweiten Amtszeit schon eine Menge Schaden angerichtet. Das sagen alle Fachleute von Wirtschaft und Politik, die eine Krempe am Hut haben und nicht ihren Vorteil als Trumps Speichellecker suchen. Er schadet vor allem den vielen US-BürgerInnen, die keine Milliardäre sind, die aus seinen Zoll-Tollheiten keinen Nutzen ziehen konnten, die nicht zu den Tech-Bonzen gehören, usw. Leider bestätigt sich, was ich schon gleich nach Trumps Amtsantritt erwartet habe: Die WählerInnen, die in Trump Hoffnungen gesetzt haben, werden enttäuscht. Da kommt keine Schadenfreude auf, denn es trifft leider in erster Linie die ärmeren Schichten der US-Bevölkerung.
Wenn die europäischen Staaten, nicht nur die EU-Mitglieder, die gemeinsame Idee Europa stärken und mit realer Politik unterfüttern, dann kann das auch den armen Amerikanern nützen, die sonst die Politik von Trump und seinen Kumpanen erdulden und ausbaden müssen. Trumps Zoll-Wahn ist es nicht allein, wir müssen uns auch wirksam gegen die Internet-Giganten und ihre schädlichen Geschäftsmodelle wehren. Solange die von Hass und Hetze profitieren, wird unsere Gesellschaft (und nicht nur unsere) weiter gespalten und zu Grobheit und Rücksichtslosigkeit erzogen.
Kurzum: Stärkt die europäische Idee, stärkt die internationale Verständigung und Zusammenarbeit, und verweigert Euch den Versuchen, gewalttätige Auseinandersetzungen zu normalisieren, genauso wie den Versuchen, Staaten mit Foltergefängnissen als normale Partner zu sehen.
W. R.