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Was steht im Grundgesetz?

O sind die Rezepte gegen explodierende Immobilienpreise und Mieten? In Berlin und anderen großen Städten haben es Viele satt, auf Einsicht und Taten der Politik zu hoffen, sie gehen auf die Straße und fordern wirksame Maßnahmen — auch Enteignung von Giganten der Wohnungsgesellschaften, die Mieter auspressen und vertreiben.

Sofort kreischen reflexhaft Stimmen: „Enteignungen? Um Gottes willen, das ist Sozialismus!“ oder: „Das verstößt gegen das im Grundgesetz verbriefte Recht auf Eigentum!“

Ein Tipp vom SR: Schaut Euch GG Art. 14 an, und Ihr wisst es besser!

Und überhaupt: Das Thema ist viel zu wichtig, um es Populisten und Dummschwätzern zu überlassen. Dazu ein Link zu ernsthafter Information und sachlicher Befassung: Wohnungsnot: Warum Enteignungen kein Sozialismus sind – sondern Demokratie – Gerechtigkeit – bento

Für alle, die jetzt mal genau ins Grundgesetz (GG) schauen wollen, hier der Link: GG – Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland

S. R.

Nachtrag: Eine weitere Reaktion von Politikern war der Spruch „Davon [Enteignung] entsteht keine einzige neue Wohnung!!“ Stimmt, ist aber trotzdem die falsche Reaktion, denn es ging bei der Forderung nach Enteignung gerade nicht um neue Wohnungen, sondern um bestehende, wo Mieter von großen Eigentümergesellschaften abgezockt werden. Darüber wurde schon in Magazin-Sendungen im Fernsehen berichtet: Es gibt Gesellschaften, die ihre tausende von Mietern nicht nur mit Mieterhöhungen bedrängen, sondern mehr noch mit überzogenen Nebenkosten-Abrechnungen. Höhepunkt: Vielen wurden Hausmeisterkosten berechnet, obwohl sich kein Hausmeister blicken ließ; oder Reparaturen von Kellerfenstern, die gar nicht existieren. Kaltschnäuzige Rechnung der dreisten Vermieter: Mieter gucken nicht genau genug in die Abrechnung und zahlen; oder sie scheuen ein juristisches Vorgehen und zahlen lieber, um ihre Ruhe zu haben; oder sie ziehen entnervt aus.

Eins stimmt auf jeden Fall: Dieser Umgang mit Mietern widerspricht dem Geist des Artikels 14 GG, weil das Recht auf Eigentum hier grob missbraucht und auf sehr unsoziale Art der Profit gesteigert wid.

Wer da mit dem oben zitierten Spruch kommt, will bewusst vom eigentlichen Problem ablenken.

 

„Homo Sapiens“?

Der Mensch hängt am Gewohnten, und deshalb ist er manchmal auch geistig träge. Das muss Jeder zugeben, der auch nur einen Funken Selbstkritik aufbringen kann. So weigert der Mensch sich oft, Neues zur Kenntnis zu nehmen, und findet es zu mühsam, es in sein Weltbild zu integrieren. Manche empfinden es schon als Zumutung, ihre Meinung und ihr Urteil zu überprüfen, weil sie sich für unfehlbar halten (Alles Idioten außer mir!).
Infolgedessen treffen wir oft Menschen an, die mental in vergangenen Zeiten hängengeblieben sind und die Veränderungen in der Welt erst leugnen, dann verurteilen; die sich kategorisch dagegen wehren, ihre längst zu Vorurteilen verkrusteten Ansichten zu überdenken. Das Phänomen kennt jeder, nimmt es aber meist nur an Anderen wahr.
Aber es gibt Unterschiede: Die Hardcore-Rechthaber laufen z.B. in Pegida-Demos mit und fordern ein Zurück in eine rückwärtsgewandte Utopie; sie sammeln Wehrmachts-Militaria und dekorieren damit die Wände in ihrer Bundeswehr-Kaserne; sie fordern „Grenzen dicht!“ und wettern gegen die Globalisierung; sie suchen Zuflucht in der scheinbar kuscheligen Wärme völkischen Bio-Deutschtums…
Typisch dabei ist, dass sie z.B. ausblenden, welche Vorteile auch sie persönlich durch Globalisierung und Einwanderung genießen, dass Deutschland insgesamt von der EU wie vom zugänglichen Weltmarkt ganz schön profitiert. (Toll, die T-Shirts für zwei Euro! Warum die bei uns so billig sind? Keine Ahnung.)
Und sie blenden aus, welche teuer und blutig erkauften Erfahrungen wir Deutschen mit völkischen Vorstellungen, Rassismus, und nationalistischer Überheblichkeit gemacht haben.
Deshalb ist ihnen auch nicht klar, wie schnell man mit Retro-Parolen eine Diktatur der Mehrheit über Minderheiten herbeireden kann, und wie schnell aus nationalistischem Gesülze und Säbelrasseln eine Kriegsgefahr heraufziehen kann. Selbst Erfahrungen aus jüngster Vergangenheit wie im zerfallenen Jugoslawien in den 1990er Jahren werden da nicht zur Kenntnis genommen, gar nicht zu reden von der Krim und der Ost-Ukraine…
Und wenn wir ins eigene Land schauen, dann graut es jedem Demokraten bei manchen Äußerungen jenes Voll-Horst in Bayern und seinen Parteigenossen, und es gruselt ihm bei der wiederaufgewärmten Diskussion um den Begriff „deutsche Leitkultur“, die, man glaubt es kaum (oder doch?), vom deutschen Innenminister entfacht wurde.
Es will einfach in manchen Köpfen nicht heimisch werden: Das Grundgesetz als demokratische Verfassung geht eben nicht von völkischen Leitgedanken aus, sondern ganz klar vom Prinzip der allgemeinen Menschenrechte, die für alle Menschen gelten. Das steht in Artikel 1 und ist näher ausgeführt in den folgenden Grundrechten. Da steht aber auch rein gar nichts von besonderer Bevorzugung biologischer oder anderer Merkmale.
Das ist den Völkischen und Rechtsaußen natürlich ein Dorn im Auge, und deshalb versuchen sie, die Bundesrepublik als Staat verächtlich zu machen, wärmen abgestandene Nazi-Parolen auf und zielen darauf ab, die Legitimation dieses Staates zu untergraben. Da kommen z.B. sogenannte Reichsbürger daher und behaupten unverfroren, wir lebten juristisch noch im Deutschen Reich, und verspotten die BRD als „GmbH“. Nimmt man das ernst, muss man erkennen, dass sich da ein paar Besserwisser etwas zusammengestrickt haben und das als oberschlauen Durchblick verkaufen — wohl wissend, dass 99% der Bevölkerung das gar nicht überprüfen können und daher einige darauf hereinfallen werden, sofern es nur überzeugend und laut vorgetragen wird.
Was für einen Staat wollen solche Leute? Einen, wo die Maschinengewehre rattern und alles in Scherben fällt? Ja, geht’s euch zu gut?
Wenn’s dem Esel zu wohl wird, geht er auf’s Eis. Dieser alte Spruch benennt die alte Erfahrung,

Detail am Portal der Ringschule in Frechen (Oomssche Keramik)

dass es immer Menschen gibt, die, sei es aus Langeweile oder Leichtsinn, zum Zündeln neigen und dann sehen wollen, was passiert und wieviel Unheil sie anrichten.
Und dazwischen rennen heutzutage noch ein paar Blödiane herum, die alles mit dem Handy filmen wollen und den Rettungskräften schamlos im Wege stehen. Daran sieht man: Die Esel und Egoisten werden nicht alle. Im Zweifel hilft nur, konsequent dagegen einzuschreiten.
Der Mensch, von Wissenschaftlern vor langer Zeit „homo sapiens“ getauft, hat eben so seine Defekte. Er mag ja „sapiens“, also weise oder wissend sein, oder, wie es auch heißt, „vernunftbegabt.“ Aber diese Selbsteinschätzung hat eben auch ihre Defekte. Wissenschaftler vertreten seit Kurzem die Ansicht, dass wir nicht nur von unserem Hirn gesteuert werden, sondern auch von unserem Darm. Und dann setzen einige noch eins drauf und verkünden, dass eine dritte Instanz auch noch mitredet: die Darmbakterien.
Bis zu drei Gehirnen? So etwas kann einen schon ins Grübeln bringen. Wer hätte nicht schon einmal gedacht, wie schwer es doch ist, alte Gewohnheiten abzulegen, und wer hätte nicht schon einmal geseufzt, wenn er in mit viel Willensstärke überwundene Unarten zurückfiel?
Ist das jetzt eine Entschuldigung für alle Konservativen und Retro-Utopisten, und für alle, die sich ändern wollten und es aufgegeben haben? Sollen wir uns ganz dem „Bauch“ überlassen, dem Darm und der Bakterien-Flora unsere Entscheidungen überlassen (oder unterschieben)? Im Abendland war man einmal stolz auf die fortschrittlichen Denker, z.B. auf einen Descartes, der den Satz prägte: „Ich denke, also bin ich.“ Sollen wir in Zukunft sagen: „Ich verdaue, also bin ich“?
Dann wird man womöglich im Abendland bald den lauten Rülpser höher schätzen als einen klugen Ausspruch. Na, dann Prost Mahlzeit! Dann können wir uns keine intelligenten Talkshows und Diskussionen mit einem gewissen geistigen Niveau mehr anhören, um „food for thought“ mitzunehmen und uns am Mitdenken zu erfreuen, sondern dann wird zumindest das bayrische Fernsehen nur noch Dauer-Livesendungen aus den Bierzelten des Oktoberfestes ausstrahlen, das von irgendeinem Vollhorst eröffnet wird mit den Worten „Ich rülpse, also bin ich“ — und dafür tosenden Applaus erntet.

Bin ich jetzt zynisch, gönne ich den Leuten ihr harmloses Vergnügen nicht? I wo, ich habe eher eine Portion Mitleid mit den Menschen, sie sind mir nicht unsympathisch. Und: Ich schließe mich selbst nicht aus, wenn ich auf Defekte des Homo Sapiens hinweise. Mehr noch: Ich ziehe nicht einfach nur her über Menschen, die in unserer Welt der Beschleunigung, des schnellen Wandels, der Informationsflut mental nicht Schritt halten und sich überfordert fühlen. Ich versuche sie zu verstehen — wie ich überhaupt meist versuche, jemanden oder einen Sachverhalt zu verstehen, ehe ich darüber urteile. Und schließlich bin ich selbst jemand, der noch im analogen Zeitalter aufgewachsen ist und sich nur zögerlich mit der digitalen Welt anfreunden kann. Andererseits bin ich gewohnt, in Zusammenhängen zu denken und Vieles zu hinterfragen. Und mich nicht nur für ein Schmalspur-Thema zu interessieren. So verschaffe ich mir einen weiteren Horizont. Doch manchmal beneide ich fast diejenigen Leute, die scheinbar unbelastet von Wissen und Grübeln ganz unmittelbar das Leben genießen. Als Rheinländer kann ich das mit Hilfe von Alkohol im Karneval ganz gut. Aber sonst?

Der Rheinländer Konrad Adenauer sagte einmal den weisen und zugleich pragmatischen Satz: „Man muss die Menschen nehmen, wie sie sind. Andere haben wir nicht.“ Also muss man auch den Homo Sapiens nehmen, wie er mit gewissen Defekten ist, oder soll man besser sagen: wie er mit seinem Darm und seinen Bakterien ist. Und mit seiner Portion Selbstüberschätzung und Egozentrik. Und dass er am Gewohnten hängt, weil ihn Veränderungen manchmal ängstigen, oder schlicht überfordern.

W. R.

Nachtrag 15.05.17: Weil der Mensch am Gewohnten hängt, müsste er sich eigentlich viel mehr Sorgen um seine Umwelt machen, die Klimaveränderung müsste ihn ängstigen — doch leider scheint es ihn zu überfordern, die globalen Zusammenhänge wahrzunehmen und sein eigenes, kleines Umfeld gedanklich ins große Ganze einzuordnen.

Es gibt auch zuviele Ablenkungen, die ihn am ruhigen, gründlichen Nachdenken hindern, und es gibt egoistische Profitinteressen, die langfristiges, vorausschauendes und nachhaltiges Planen und Handeln bei uns Konsumenten sabotieren, um schnelle Gewinne zu machen. Und es gibt den unsäglichen Donald Trump, Prototyp eines dummschwätzenden Populisten und Egozentrikers, dem völlig egal ist, welchen Mist er den Leuten erzählt, wenn sie ihn nur wählen.

Man muss erst sehen, dass Insekten immer weniger werden und kaum noch Bienen unsere Obstbäume bestäuben, damit bei einigen Menschen eine Warnlampe aufleuchtet. Der Rest tanzt weiter auf dem Vulkan und meint, das werde schon gut gehen, und man könne weitermachen wie bisher.

Peter Berthold schreibt vorn in sein Buch Unsere Vögel (2017): „Dieses Buch ist all denjenigen gewidmet, die sich nicht entmutigen lassen, von unserer wunderbaren Natur so viel wie möglich in die Zeit nach homo horribilis hinüberzuretten.“ Mit Homo horribilis (schrecklicher Mensch) meint er den Teil der Art homo sapiens, der wie oben gesagt, unsensibel, gedankenlos und egoistisch die Natur mit Füßen tritt. Und er hofft offensichtlich, dass es eine Zukunft geben wird, in der homo sapiens seinen Verstand gebraucht und den hohen Wert der ihn umgebenden Natur erkennt, um sie zu schonen und zu bewahren, ehe das meiste davon zerstört ist.

Arthur Schopenhauer schrieb bereits im 19. Jahrhundert: „In dieser Welt leben die Tiere in der Hölle, und die Menschen sind ihre Teufel.“

Homo Sapiens hat alles im Griff...

Egal ob Sie sich nun als homo sapiens sehen oder überlegen, inwieweit Sie (zumindest aus der Sicht von Mitgeschöpfen) eher ein Teufel bzw. homo horribilis sind — Selbstüberschätzung ist der sicherste Weg in die (unbemerkte) Manipulation durch Andere. Wer glaubt, HerrIn seines/ihres Willens und seiner/ihrer Entscheidungen zu sein, sehe sich vor: Hochmut kommt vor dem Fall. Nicht nur Darm und Darmbakterien reden mit, es kommt vielleicht noch hinzu, dass Sie von außen manipuliert werden. Ja, Sie, Sie da am Smartphone, und am Computer! Kann nicht sein, denken Sie, ich habe alles unter Kontrolle. Moment mal, vielleicht haben Sie noch nicht von Captology gehört, von den Methoden, Sie zu steuern, ohne dass Sie es bemerken: Sie sollen erst handeln, dann denken — oder das Denken gleich unterlassen. Mehr dazu >Digitale Überredungstechnik lässt Menschen nach ihrer Pfeife tanzen – SPIEGEL ONLINE

Köln-Notizen 4/2016

50Zunächst: Wir erinnern uns (oder lesen nach), was zum Blog auf der >Startseite von fu-frechen.de geschrieben steht. Darum verweisen wir erstmal auf den Kalender der FUF (>FUF – der Club/Gedenk- und Feier-Kalender der FUF) zum heutigen 01.09. Gestern allerdings wollten unsere Medien gern den Jahrestag von Merkels „Wir schaffen das!“ thematisieren, wobei nicht mehr herauskam als die bekannten Pro- und Kontra-Standpunkte. Mir ist dabei längst klar, dass Merkel ihre Politik gar nicht seit dem 31.08.2015 stur verfolgt hat, wie Gegner ihr gern vorhalten, vielmehr sah ich danach verschiedene Anzeichen einer realpolitischen Anpassung an die sich ändernde Lage. Das wurde leicht übersehen wegen Horst Seehofers Getöse um Obergrenze und Grenzendichtmachen. Aber das nur am Rande, denn ich sehe mich nicht berufen, hier zur großen Verteidigung von Merkel bzw. ihrer Politik auszuholen oder zum großen CSU-Bashing. Letztlich geht es da auch um Verhinderung weiterer Wahlerfolge der AfD.
Und so sehr ich manche sachlich begründete Kritik an der Regierung verstehen kann, so sehr widerstrebt es mir, gewissen Kotzbrocken der AfD Gehör zu schenken, allen voran jenem Geschichtslehrer H. (eine Schande für seine Zunft!), der in meinen Augen einige Disziplinarverfahren und Anzeigen wegen Volksverhetzung verdient. Es fällt mir auch sehr schwer, Leute nicht als Nazis zu bezeichnen, die sich rassistisch äußern. Dieselben empören sich aber, dass sie „in die rechte Ecke gestellt“ werden.

Natürlich ist Rassismus auch ein wesentlicher Kernpunkt der NS-Ideologie, ganz klar! Wie geschichtsvergessen muss man denn sein, das nicht zu wissen (oder sich dumm zu stellen) und sich ganz naiv als braven Demokraten zu bezeichnen?! Wie wenig vom Grundgesetz weiß so ein Mensch? Wie fremd sind ihm die Menschenrechte?

Mich erstaunt oder erschreckt oft, wie Menschen neue Nachrichten einfach in ihr altes Weltbild einordnen oder, wenn das nicht geht, diese schlicht ignorieren. Klar, der Mensch hängt am Gewohnten, aber muss er deshalb sein Weltbild mit einer Mauer aus Vorurteilen schützen, muss er deshalb wider besseres Wissen-Können an falschen Behauptungen kleben bleiben?

Da wir oben das Signet „Köln-Notizen“ haben, will ich auch aus Köln ein Beispiel anführen: Die Ursache für den Einsturz des Stadtarchivs (2003) wird immer noch untersucht. Einige Leute unkten bereits: Das zieht sich ja ewig hin, das wird solange verschleppt, bis keiner mehr schuld ist… Das passt schön in das Weltbild, das sich kritisch gibt und überall nur Machenschaften wittert. Wahr hingegen scheint mir, dass die technische Ermittlung der Einsturzursache (die gerichtsfest sein muss — und mit hohen Schadenersatzforderungen verbunden ist!) größtmögliche Sorgfalt erfordert und nicht beliebig beschleunigt werden kann. Also dauert das eben — in einem Rechtsstaat.

Beim Neubau des Stadtarchivs am Eifelwall gibt es auch Verzögerungen und Kostensteigerungen. Das passt wiederum ins Bild für diejenigen, die inzwischen gewohnheitsmäßig auf die Stadt Köln bzw. die Stadtverwaltung einprügeln. Dabei sind diese Verzögerungen u.a. auf die erhöhte Vorsicht bei der Kampfmittelräumung zurückzuführen, denn Köln ist im Zweiten Weltkrieg ziemlich plattgebombt worden und hat seither eine Menge Blindgänger im Boden.

Das nochmal als Erinnerung, auch an den 1. September. Jedem sind hoffentlich noch die Fotos der Kölner Ruinenlandschaft von 1945 im Gedächtnis (>Koeln 1945 – Köln – Wikipedia) , auch wenn aktuell ähnliche Bilder z.B. aus Syrien in den Fernsehnachrichten zu sehen sind. Hier in Köln, in ganz Deutschland hoffentlich ist das eine bleibende Erinnerung und Erfahrung: Krieg ist das schlimmste, was uns passieren kann. Und das fängt damit an, dass man sich zerstreitet und den Streit eskalieren lässt, anstatt friedliche Mittel zum Gespräch und zum Interessenausgleich zu nutzen — und fest zu etablieren. Dazu gibt es auch eine EU.

Doch manche Polit-Clowns wollen uns die überholte Vorstellung auftischen, dass NATIONAL das allein seligmachende Prinzip der Politik sein sollte. Schmarrn! Ein „Europa der Vaterländer“ hatten wir schon, z. B. vor dem Ersten Weltkrieg, und vor dem Zweiten. Unsere blutig und teuer erkauften Erfahrungen sollten uns eine Lehre sein! Wer das für eine billige Phrase hält und nichts davon wissen will, wie Krieg entsteht, kann sich gern hier über die konkrete Wahrheit informieren: Krieg in Jugoslawien: Ein Filmemacher aus Sarajevo erzählt – SPIEGEL ONLINE

Doch diese Erfahrungen muss man eben auch zur Kenntnis nehmen! Das heißt vor allem: nicht mit der Zuspitzung von Konflikten spielen, erst recht nicht mit Gewalt und Krieg als Möglichkeit der Auseinandersetzung. Damit sollte man nicht einmal drohen. Doch dazu muss man mental auch in diesem Jahrhundert ankommen und nicht Vorstellungen anhängen oder nachtrauern, die uns früher in Kriegstreiberei und Kriegswahn geführt haben. Dazu muss man auch die alten Illusionen vom Nationalstaat mit homogenem Staatsvolk ablegen und sich die Wirklichkeit anschauen: Wo man versucht hat, mit Gewalt ein uniformes Staatsvolk zu schaffen, gab es unterdrückte Minderheiten, Konflikte, Aufstände. Am besten fahren Staaten oder Staatenbünde, die von vorneherein Vielfalt zulassen und den Staat nicht völkisch definieren, sondern über das, was alle wollen: das gemeinsame Wohl.

Damit hat man beispielsweise in Köln auch weniger ein Problem. So war es kein Zufall, dass ein Pegida-Ableger „Kögida“ sich in Köln nicht etablieren konnte (mehr >Blog / Köln-Notizen #17, vom 09.01.2015). Ein rechtsradikal gesinnter Mann, verzweifelt über mangelnden Rassismus in Köln, glaubte sich daraufhin berechtigt, zur Mordtat zu schreiten in der verblendeten Hoffnung, damit seinen politischen Vorstellungen Realität zu geben >Blog / DD in Köln, vom 17.10.2015. Wie bei anderen Terroristen auch, steht da Gewalt und Blutvergießen als Mittel an erster Stelle. Wer so etwas gutheißt, verlässt nicht nur den Boden unserer Verfassung, er stellt sich vielmehr auch außerhalb der menschlichen Gesellschaft.

Wie sagt eine kölnische Redensart: „Levve un levve losse.“ (Leben und leben lassen.) …!

W. R.

Kurzer Nachtrag: Der erwartete Erfolg der AfD bei der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern verstärkt leider auch den Eindruck, dass Menschen am (geografischen) Rande der Republik, anscheinend wenig beleckt von politischem Grundwissen, mit dem Bauch ihr Kreuz in der Wahlkabine gemacht haben: Wo fast keine Flüchtlinge oder überhaupt Ausländer gesichtet werden, ist die Abwehr und Angst am größten!

Die wenigsten Wähler wissen überhaupt, was die aus verschwommener Protest-Haltung gewählte AfD an konkreten programmatischen Zielen nennt. Das ist geradezu die Stärke der AfD-Propaganda: drastische Sprüche klopfen, aber im Ungefähren bleiben. Damit wird keiner der o.g. Wähler überfordert, oder abgeschreckt, oder gar zum Denken verleitet. Na dann: Viel Spaß im Deutschen-Getto! Eines ist leider auch zu erwarten: Ausländische Investoren werden sich nicht darum reißen, in diesem Landstrich Arbeitsplätze zu schaffen. Das ist das Traurigste an diesem Wählerverhalten (nicht nur in MV): Sie sehen keine Zusammenhänge, wo sie sie sehen sollten. Mehr zu MeckPomm >Mecklenburg-Vorpommern: Das passiv-aggressive Bundesland – SPIEGEL ONLINE – (Ja, hat nicht direkt mit „Köln-Notizen“ zu tun. Sollte man aber mal anschauen, damit man sich in Deutschland besser auskennt.)

Der Nachtrag war doch nicht so kurz. Tschuldigung, aber man will ja den BesucherInnen dieser Website ein möglichst fundiertes Informationsangebot liefern — über den Tag hinaus. Für’s geifernde Schnellkommentieren sind Andere zuständig.

W. R. 05.09.2016

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