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Auf Augenhöhe!

SO darf es nicht weitergehen: Was erlauben sich Männer, die über Frauen verfügen wie Sach-Eigentum, die selbstherrlich entscheiden, dass ihre Frau oder Freundin oder Ex nicht mehr leben soll? Geht’s noch, Ihr Schwachköpfe?
Beispiele:
Es geht mir als Mensch (männlich) nicht in den Kopf, wie es sein kann, dass ein Mann in Kenia seine Frau umbringt, weil sie im internationalen Sport Erfolg hat (und er nicht).
Oder, geschehen in Deutschland: Ein Mann bringt seine Frau um, die sich von ihm trennen will — weil er sich in seiner Ehre verletzt sieht.
Da frage ich mich: Was ist das für eine Ehre, wenn mann zum Mörder wird? Sind Frauen in den Augen dieser Männer keine Menschen?
Es geht hier keineswegs um exotische Gesellschaften mit fremden Ehrvorstellungen, denn die Spitze eines Eisberges zeigt ja nur das Unübersehbare, das man nicht leugnen kann. Hier geht es vielmehr um die grundsätzliche Respektierung der Frau NEBEN dem Mann (und nicht irgendwo unter ihm)! Gleichwertig und auf Augenhöhe!
Viele haben sich einreden lassen, dass der Mensch in Schubladen verschiedener Wertigkeit sortiert werden könne, sei es nach Geschlecht, nach Herkunft, nach Hautfarbe, nach Einkommen und Besitz. Alles Unfug! Wer so denkt, der höre auf zu faseln von Menschenrechten oder Gleichheit, der höre auch auf, für sich Rechte zu fordern oder in Anspruch zu nehmen, die er Anderen verweigert! Wer Ungleichheit in der Behandlung von Menschen akzeptiert, darf sich nicht beschweren, wenn er selbst Opfer von ungleicher Behandlung wird.
Kommt mir nicht mit religiösen Begründungen! Die Schöpfungs-Erzählungen in „heiligen Büchern“ wurden von Männern aufgeschrieben und interpretiert. Biologisch ist der Mensch, grob gesagt, in zwei „Baumustern“ entstanden, wobei das Muster „weiblich“ und „männlich“ gleichermaßen notwendig wurde zur Fortpflanzung und zur Erhaltung der Art. Wo ist da eine Begründung für ein Patriarchat?
Übrigens: In der Natur zeigen viele Beispiele auch, dass es kein binäres Prinzip „entweder männlich oder weiblich“ gibt. Wer sich nicht auf „die Religion“ beruft, versucht es ja oft mit „der Natur“. Aber da wissen wir schon lange, dass sich dort auch nicht-binäre Lebewesen tummeln, und dass es „in der Natur“ auch gleichgeschlechtliche Liebe gibt. Ja, diese Natur, die Gott geschaffen hat, kennt eben mehr als nur die eng gefassten Begriffe von Menschen, die ihre Regeln, die sie in ihrer Gesellschaft eingeführt haben, unbedingt als unumstößlich etablieren wollen. Deshalb ist alles angeblich gegen Gott und/oder gegen die Natur, was nicht zu diesen menschengemachten Regeln und Gesetzen passt.
Also, Machos, seid vorsichtig mit Euren Argumenten, macht Euch nicht lächerlich. Gott oder die Natur funktionert nicht nach Euren Wünschen, da helfen auch keine Drohungen und keine Gewalt. Für Euch wird es Zeit, umzudenken und in Frauen Menschen auf Augenhöhe und echte Partnerinnen zu erkennen.
Aufruf an alle Menschen: Verbietet und verhindert Femizide (Mord an Frauen durch Macho-Männer)!
Habt Ihr von der Istanbul-Konvention gehört? Informiert Euch!
Hier der Link: Die Istanbul-Konvention – UN Women Deutschland

W. R.

Mehr über diese Thematik und ihre psychologischen Aspekte finden Sie in der Unterseite >Literatur ….. , dort zum Buch Blaubarts Geheimnis von H. Suhrbier.

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Leiden am Homo Sapiens

Was der Homo Sapiens sich derzeit auf dem Globus leistet, spottet mal wieder jeder Beschreibung. Nein, ich meine jetzt nicht die Leute, die immer noch den Klimawandel leugnen und beharrlich gesicherte Erkenntnisse der Wissenschaft als Lüge ablehnen, weil ihnen die Entlastungslügen der Profiteure an der Verbrennung fossiler Energie besser gefallen. Da können ganze Landstriche absaufen oder ausdörren, da können zu stark erwärmte Meere immer mehr katastrophale Wettereignisse auslösen, Gletscher in nie gesehenem Tempo abschmelzen… Nein, nein, das ist kein extremer Klimawandel, nur normale Schwankung, und schon gar nicht von Menschen gemacht… Parole: Augen zu und an den Weihnachtsmann glauben!

Wenn ich davon rede, was sich Homo Sapiens derzeit leistet, meine ich im Besonderen das, was in den letzten Wochen unsere Nachrichtensendungen beherrscht: die Gewaltausbrüche und Kriegshandlungen des Homo Sapiens, sowohl von Einzelpersonen wie von staatlichen Akteuren. Man kann sich nur noch die Haare raufen, wenn der angeblich vernunftbegabte Homo Sapiens (wie er sich stolz nennt) Amok läuft, Hass und Hetze verbreitet und diese als Ansporn zu Gräueltaten konsumiert, wie er mit Anderen Hassparolen schreit und sich einem gewalttätigen Mob anschließt, wie er auf Gewalttaten gegnerischer Horden mit noch mehr Gewalt reagiert und ständig nur noch nach Rache und Vergeltung ruft…

Die Menschheit hat mit solchem Verhalten schon so viele Erfahrungen gemacht, dass Beobachter von außen, sagen wir mal: außerirdische Besucher, annehmen könnten, diese Erfahrungen müssten gerade den Homo Sapiens mit seinem geistigen Anspruch endlich dazu bringen, dieses ganze Gewalt-Theater zu hinterfragen und dessen entsetzliche Sinnleere zu erkennen.

Die Geschichte lehrt uns, dass diese Erkenntnis schon lange gereift ist, aber leider nur bei einzelnen, nachdenklichen Menschen, zeitweise sogar bei einer größeren Zahl von Einsichtigen. Doch diese waren nie zahlreich genug, waren nie in einer überwältigenden Mehrheit. Und obwohl es Zeiten gab, in denen die allermeisten Menschen sich nur nach dauerhaftem Frieden sehnten, wurden doch immer wieder Konflikte vom Zaun gebrochen und angeheizt, wurde kalkuliert Hass gesät, wurden Feindbilder aufgebaut, wurde zu Gewalt aufgerufen…

Das Schauspiel, das zurzeit etwa der Nahe Osten bietet, ist jenseits aller Phantasie von Romanautoren. Aber auch die brutal realisierten Großmachtphantasien der russischen Führung tragen Züge des menschenfeindlichen Wahnsinns, und wenn man auf Putins engste Verbündete schaut, dann sieht man ähnliche Gesinnungen von Machtbesessenheit und Rücksichtslosigkeit gegenüber Menschen und Menschenleben.

Wladimir Putin, Xi jin Ping, Kim Jon Un reichen sich nicht nur bei persönlichen Treffen die Hand für die Kameras, sie sind sich auch in der Gesinnung einig, Machtziele über das Leben von tausenden von Menschen zu stellen. Das haben Autokraten und Diktatoren leider so an sich. Wenn sie erst einmal an der Macht sind, geben sie sie nicht mehr her, im Zweifel werden noch mehr Gefängnisse für Kritiker gebaut, werden Gegner umgebracht, wird die Bevölkerung überwacht und mit ständiger Propaganda zum Glauben an die Stärke und Weisheit der Führer „erzogen“.

Die Idee der Menschenrechte, in Europa vor Jahrhunderten gereift und in vielen Aufständen und Revolutionen politisch wirksam geworden, hat sich in den sogenannten westlichen Ländern weitgehend durchgesetzt und zur Bildung von Regierungssystemen geführt, die mehr oder weniger demokratisch sind und nicht nur durch Beteiligung der Bevölkerung in Wahlen, sondern auch durch Gewaltenteilung die staatliche Macht in kontrollierten Grenzen halten und damit die Alleinherrschaft von Personen, Gruppen oder Parteien verhindern oder zumindest erschweren.

Auf ihre unbeschränkte Macht pochende Herrscher oder Gruppen lehnen folgerichtig die Idee der Menschenrechte ab und verabscheuen Demokratie. In China behaupten Machthaber seit Langem, die Menschenrechte seien der eigenen Kultur fremd und passten nicht nach Asien. Russlands Machthaber Putin hasst Demokratie geradezu und fasste daher vor Jahren den Entschluss, die Ukraine als Staat zu vernichten bzw. in ein russisches Imperium zurückzuholen, nachdem dort eine Revolution stattgefunden hatte und eine Mehrheit sich von Russland ab- und der EU zuwandte.

Von Nordkorea ist bekannt, dass die von Stalins Kommunismus geprägte Führung gnadenlos ihre absolute Macht ausübt und im Zweifel die Priorität statt auf ausreichende Ernährung der Bevölkerung lieber auf militärische Hochrüstung und ein Programm zur Entwicklung von Atomwaffen legt.

Wenn wir auf den Iran blicken, dann sehen wir dort Züge eines Regimes, das Ähnlichkeiten mit den vorgenannten aufweist. Als ideologische Stütze dient hier nicht eine geschönte Vergangenheitsidee von wiederzuerrichtender Großmachtstellung, auch nicht eine kommunistisch gefärbte Herrschaftsidee, sondern das Prinzip Gottesstaat. Dort bestimmen die obersten Verwalter der Religionsinhalte, was Gottes Wille sei und was das politisch zu bedeuten habe. Die Bevölkerung wird von „Religionswächtern“ überwacht und mit Verhaltens- und Kleidungsvorschriften drangsaliert, besonders die Frauen.

In Ländern, in denen eine rigide Staatsführung herrscht, will diese ihren Machtbereich möglichst umfassend kontrollieren und daher möglichst uniformieren. Autoritäre Führer haben ein Problem mit Minderheiten, sowohl mit ethnischen Minderheiten in ihrem Staatsgebiet als auch mit Gruppen, die in religiösen Fragen, in der Lebensführung, in der sexuellen Orientierung nicht einem verordneten Einheitsbild entsprechen.

Wir erleben in Deutschland ja auch aktuell, dass es Menschen gibt, die autoritäre Führer gut finden und deshalb auch eine Abneigung gegen alle von einer gedachten Norm abweichenden Lebensentwürfe und Denkweisen entwickeln.

Diese Vorstellung vom gesellschaftlichen Einheitskorsett herrschte bekanntlich besonders im Mittelalter, und daher ist es kein Wunder, dass sich damals auch der Antisemitismus festsetzte, gefördert von der christlichen Kirche. Die Kirche spielt da inzwischen nicht mehr mit, aber weltliche Ideologen kaperten diese Auffassung von der Ausgrenzung und benutzten sie als Hetz- und Ablenkungsmittel für die Menschen, die sich über die politischen Verhältnisse beschweren wollten oder könnten. Diese perfide Strategie gipfelte in dem Spruch „Die Juden sind unser Unglück“, womit man die Menschen für dumm verkaufte und sie von den wirklichen Machtverhältnissen in Politik und Wirtschaft ablenkte.

Im russischen Zarenreich verfiel der Geheimdienst auf die Idee, zur Ablenkung der Kritik an der Zarenherrschaft und den gesellschaftlichen Verhältnissen die Mär von einer jüdischen Weltverschwörung zu erfinden. Um das Phantom einigermaßen glaubhaft in die Welt zu lancieren, setzten sich einige Geheimdienstler hin und schrieben ein Buch, das sie mit dem Titel „Die Protokolle der Weisen von Zion“ in Umlauf brachten — ein angebliches Originaldokument, in Wahrheit eine dreiste Fälschung mit dem Ziel, Juden zu diskreditieren und unter Generalverdacht als Staatsfeinde zu stellen.

Heute würde man das Fake News nennen, aber auch heute fallen ja Viele auf erfundene Nachrichten herein, vor allem auf solche, die im Netz kursieren und so tun, als verbreiteten sie wahre Nachrichten, die von den (gewissenhaft berichtenden) Medien bewusst verschwiegen würden. Bekanntlich wird das Netz inzwischen mit Falschmeldungen geradezu überschwemmt, die meist von autoritären Machthabern im Ausland veranlasst sind, um uns zu verwirren, zu verunsichern und gegeneinander aufzuhetzen.

Homo Sapiens macht sich selbst das Leben, vor allem das Zusammenleben mit anderen Menschen, unnötig schwer, indem er/sie oft das Trennende zu sehr in den Blick nimmt und darüber vergisst, dass alle Menschen auf dieser Erde viel mehr Gemeinsames verbindet, als es je an Unterschieden geben könnte.

Um den oben zitierten Spruch zurechtzurücken: Nicht die Juden, auch nicht irgendeine sonstige ethnische oder religiöse Gruppe ist unser Unglück; unglücklich macht sich Homo Sapiens mit den künstlich aufgebauschten Unterschieden, mit den Schubladen, in die Menschen einsortiert und mit denen sie oberflächlich bewertet werden. Unser Ungück sind Ausgrenzung, Diffamierung, Gewalt gegen Menschen, oder anders gesagt: Wir machen uns unglücklich mit einer Welt voller trennender Grenzen, in der wir alle diejenigen ablehnen, die nicht unserem Selbstbild entsprechen. Und, Hand auf’s Herz: Unser Selbstbild ist doch mehr oder weniger geschönt, die Schatten im Bild schieben wir gern von uns weg und projizieren sie auf Andere.

Genauso wie manch ein Mensch ein realistisches Selbstbild nicht ertragen kann, so kann er auch nicht ertragen, dass er an anderen Menschen Züge erkennt, die er bei sich selbst leugnet. Daher neigen Viele dazu, Fremden negative Eigenschaften zuzuschreiben: Sie wollen selbst gut dastehen, einen schlechten Charakter haben nur Andere. Sie machen nie wirklich Fehler, die sehen sie aber umso deutlicher bei Anderen…

W. R. (ein Homo Sapiens, keine KI)

P.S. Aufmerksame BesucherInnen dieser Website fragen sich wohl, was die Überschrift dieses Beitrags meint. Wer ein wenig über den Inhalt nachgedacht hat, kommt von selbst darauf — oder erinnert sich vielleicht an den schon vor Jahren gehörten Witz:

Treffen sich zwei Planeten. Sagt der eine: Oh-oh, ich leide an Homo Sapiens. Sagt der Andere: Das geht vorbei.

Grundsätzliche Bemerkung am 09.10.24:

Man hört und liest Sätze wie: „Der Hass auf Juden ist größer geworden.“ Das, lieber Nachbar-Homo-Sapiens, musst Du mir erklären! Wie kannst du jemanden hassen, wenn der dir nichts getan hat, der nicht gegen deine Interessen handelt, der einfach nur sein Leben als normaler Bürger leben will so wie du? Erklär mir dein Motiv zu hassen!

Ich höre Gestammel und allgemeine Ausflüchte in Aussagen über „die Juden“. Die sind aber an den Haaren herbeigezogen, und wenn ich nachfrage, was ihn persönlich stört, ist er weiter in Erklärungsnot und brabbelt was von „Man weiß doch…“ und „Schon lange…“ Darauf sage ich: „Man weiß doch, dass der ganze rassistische Unfug keine reale Basis hat, dass Juden Menschen wie wir sind — und nicht nur Juden…“ Da wird er verlegen, setzt noch zu einer Erwiderung an, wendet sich aber ab und trollt sich.

Habe ich ihn überzeugt? Ich vermute, eher nicht. Denn Vorurteile hat der Homo Sapiens nur, weil er sie haben will, nicht etwa aus guten Gründen, sondern aus Dünkel und Denkfaulheit. Ja, so ist es leider, Herr Nachbar. Ab und zu sollte man mal seine Einstellungen überprüfen und überlegen, ob sie noch auf der Höhe der Zeit bzw. des allgemeinen Wissens sind. Und ob sie dem eigenen, behaupteten Standard von Menschlichkeit entsprechen.

Aber dazu gehört, dass man überhaupt bereit ist zum Nachdenken… Wenn der Nachbar dazu nicht bereit ist, sucht er sich lieber Gesellschaft, wo er in seinen Vorurteilen bestärkt wird. Damit er sein Denkvermögen nicht anstrengen muss.

Man weiß doch: Auch so isser, der Homo Sapiens.

Blick nach vorn

AM 23. Mai 2024 wurde offiziell gefeiert, dass unsere Verfassung, das Grundgesetz, vor 75 Jahren verkündet wurde und in Kraft trat. 1949 hatte man Lehren aus der Zeit der Weimarer Republik, der Nazi-Zeit und dem Zweiten Weltkrieg gezogen und diese in die Verfassung eingearbeitet — auf der Grundlage der Menschenrechte. Damit bekam (damals nur West-) Deutschland eine Verfassung, die man in historischer Perspektive als die beste, d.h. freiheitlichste sehen muss, die je auf deutschem Boden in Kraft trat.

Es gibt aber auch Menschen, die den Blick zurück wenden und mit soviel Freiheit offenbar überfordert sind. Sie möchten lieber gegängelt werden, sie wollen Entscheidungen lieber mächtigen Autoritäten überlassen, sie wollen einen „starken Mann“ an der Spitze des Staates bewundern und im Gleichschritt hinter ihm hermarschieren, egal wohin. Bloß nicht viel denken und mitentscheiden müssen! Da wird höchstens mal hinter vorgehaltener Hand gemeckert, sich aber prinzipiell geduckt. Wie soll mit so gestrickten Gemütern eine Demokratie funktionieren, die diesen Namen verdient?

Putin setzte in Russland vor etlichen Jahren den Begriff „gelenkte Demokratie“ in Umlauf, um seinen Weg in die Diktatur zu vernebeln (Unser G. Schröder hatte Putin geholfen, indem er ihn in einem Interview als „lupenreinen Demokraten“ bezeichnete). Allen musste klar sein: Putins Worthülse sollte für Verwirrung sorgen, denn eine echte Demokratie wird nicht von irgendwo gelenkt. Darüber hinaus ist eine Demokratie nicht bloß durch Wahlen definiert, sondern z.B. auch durch Meinungsfreiheit und Gewaltenteilung, Minderheitenschutz, etc. Ihr wisst schon (hoffe ich stark!). Dennoch benutzen Autokraten und Diktatoren gern das Instrument von Wahlen, wenn sie zuvor dafür gesorgt haben, dass keine Opposition eine Chance hat. Seit Hitler legt jedes autoritäre Regime Wert auf zumindest den Anschein, dass die große Mehrheit der Bevölkerung seiner Herrschaft zustimmt.

Hierzulande gibt es, wie gesagt, Menschen, die sich für so ein Modell Putin erwärmen und auch Chinas Diktatur nicht schlimm finden. Dabei wäre die Frage, ob das auch so bliebe, wenn sie morgen in einem solchen System leben müssten, wo sie nicht mitentscheiden dürfen, was von oben befohlen, erwünscht, erlaubt und verboten ist. Aber wenn dem Esel zu wohl wird, geht er auf’s Eis — sagt ein altes Sprichwort. Und Einigen geht es in unserem Staat anscheinend zu gut, sie nehmen das als selbstverständlich.

Aber reden wir nicht länger von Leuten, die von der übrigen Welt wenig wissen, oder sich in eine schöngefärbte Vergangenheit zurücksehnen, die es so nicht gab und die es auch nicht geben wird. Wenden wir den Blick nach vorn!

Was brauchen wir denn in einer Welt, die schon zwei Jahrzehnte des 21. Jahrhunderts erlebt hat und vor Problemen steht, von denen man eins sicher sagen kann: Sie werden nicht mit Mitteln und Methoden aus Opas Mottenkiste gelöst. Das hat z.B. ein Putin schon zu spüren bekommen: Mit seinem „schnellen“ Eroberungskrieg in der Ukraine ist er auf den Bauch gefallen. Und was Hitler nicht geschafft hat, wird auch Putin nicht schaffen: Sie konnten die Welt nicht davon überzeugen, dass das „Recht des Stärkeren“ alles Recht in den internationalen Beziehungen schlägt… zumal beide sich verrechnet haben, was die Gegenwehr angeht. Auch Putin wird die Puste ausgehen, schon jetzt hat er sein (erträumtes) „Großrussland“ politisch von China abhängig gemacht. Wirtschaftlich ist er auf dem Holzweg, wenn er glaubt, die meisten Länder würden in Zukunft von seinen Rohstofflieferungen (Öl, Gas, Uran-Brennstäbe) abhängig sein. Das Verbrennen fossiler Energieträger ist ein Auslaufmodell, die russische Wirtschaft muss sich baldigst umorientieren. Da sehen wir übrigens einen Grund für die verbreitete Propaganda gegen Klimawandel, der geleugnet wird, und gegen die Energiewende.

Aber auch Deutschland kann sich nicht auf Lorbeeren der Vergangenheit ausruhen. Der ehemalige „Exportweltmeister“ muss sich auch veränderten Bedingungen anpassen, z.B. was die Elektromobilität betrifft. Aber dieses Thema wollen wir an dieser Stelle nicht vertiefen. Wichtig ist, dass wir erkennen: Man muss mit der Zeit gehen, nichts bleibt auf ewig, wie es ist.

Und da wir eingangs über das Jubiläum „75 Jahre Grundgesetz“ sprachen, fragen wir uns auch, ob dieses Grundgesetz in allen Teilen so bestehen kann, wie es konzipiert wurde. Müssen wir nicht von Zeit zu Zeit überlegen, ob diese Verfassung veränderten Bedingungen und neuen Herausforderungen angepasst werden muss? Das geschieht ja auch manchmal, es gibt Änderungen, und es gibt Ergänzungen, die im Laufe der Jahrzehnte vom Bundestag mit der nötigen Zweidrittel-Mehrheit beschlossen wurden. Denn es ist klar, dass die Mütter und Väter des Grundgesetzes 1948/49 nicht alles vorhersehen konnten, was in Zukunft zu klären und zu regeln sein würde.

Wenn wir den Blick nach vorn richten, können wir uns natürlich auch Gedanken darüber machen, ob und wie unser Grundgesetz auf neue Entwicklungen und Herausforderungen eingestellt werden soll. Darüber hat sich auch Renan Demirkan zum Jubiläum ihre Gedanken gemacht und in einem Artikel formuliert. Dieser ist auf jeden Fall lesenswert, wenn man Denkanstöße schätzt und sich mit Vorschlägen auseinandersetzen möchte, die den Blick nach vorn richten. > Kölner Stadt-Anzeiger e-paper

W. R.

Bemerkung am 3. Oktober 2024: Wollen wir nicht mal darüber diskutieren, ob eine Partei wie die AfD verboten gehört? Und wollen wir nicht mal darüber nachdenken, ob die Hauptforderung des BSW nicht verkappter Landesverrat ist, um uns zu Vasallen von Putins Russland zu machen?

AfD und BSW verbreiten die Erzählung, wir würden von den USA beherrscht. Was sollte denn besser werden, wenn uns statt den USA demnächst Russland beherrschte? Schaut Euch doch mal an, wie es den Russen unter Putin geht! Die große Mehrheit wäre froh, wenn sie dort leben könnten wie die Mehrheit der Deutschen hier. Und die wären auch schon froh, wenn Putin nicht ihre Söhne an der Front zu tausenden rücksichtslos verheizen würde, und wenn das viele Geld für die Hochrüstung wenigstens teilweise für soziale Zwecke im Land ausgegeben würde. Also, wer es gut mit den Menschen in Russland meint, der kann nur hoffen, dass Putin keinen Krieg gewinnt und keinen weiteren anfängt, und dass er bald abtritt oder seine Politik ändert.

Wer glaubt, die Einstellung der Hilfe für die Ukraine würde Frieden bringen, der muss sich erst einmal fragen lassen: Frieden für wen? Und was blüht dann den von Russland beherrschten Menschen in der Ukraine? Und wer soll dann die vielen neu ankommenden Flüchtlinge aus der Ukraine versorgen?

Denken, nicht nur gefühlsduselig nicken beim Ruf nach Frieden! Ist das so schwer?

Erstmal nachdenken.

Muss mal eben noch die Welt retten — im Zeitalter des Social-Media-Wischens hat wohl manch Eine oder Einer den Überblick verloren und etwas geliket oder unterstützt, was sich bei näherem Hinsehen (und Nachdenken) als einseitige Parteinahme entpuppt. Das freut natürlich diejenigen, die eine Kampagne gestartet und Deine Stimme so leicht eingeheimst haben. Du kannst dein Votum auch nicht mehr einfach zurücknehmen, es ist schon registriert und verwertet als Teil „breiter Zustimmung“.
Erstmal Nachdenken, das ist anscheinend bei Vielen nicht populär. Es geht offenbar eher darum, „dabei“ zu sein, sich emotional mitreißen zu lassen und sich in einem Strom mitschwimmend stärker zu fühlen. Oder was?
Als Spiritus Rector der Freien Universität Frechen habe ich dazu eine dezidierte Meinung und vertrete diese nicht solitär, sondern weiß mich im Einklang mit vielen Menschen auch jenseits unseres Clubs, Menschen, die ihren Verstand nicht in Ruhestellung schicken, wenn ihre Stellungnahme angefragt wird.
Eine UNIVERSITÄT ist nach landläufiger Auffassung ein Ort des Wissens, des Denkens, der Kommunikation über Wissen, des Diskurses und auch des Disputs zwischen verschiedenen Meinungen. Es hat mich befremdet zu sehen, dass nun auch noch an der Kölner Universität ein Protestcamp entstanden ist, in dem bisher eine überschaubare Zahl von Menschen (die z.T. gar nicht hier studieren) eine propalästinensische und zugleich antiisraelische Kampagne unterstützen.
Mit Kopfschütteln habe ich bereits die Vorgänge in mehreren US-amerikanischen Universitäten zur Kenntnis genommen, bei denen es nicht mehr um Diskurs und Disput geht, sondern um Aktionen, die Druck aufbauen und Aufsehen erregen sollen. Der Erregungszustand vieler TeilnehmerInnen lässt sie handgreiflich und manchmal gewalttätig werden, wenn sie etwa jüdische Studierende angreifen und vom Campus fernhalten. Das hat nichts mehr mit dem Charakter einer Universität zu tun, vielmehr geht das in Richtung Meinungsterror und darf nicht toleriert werden, weder in den USA noch bei uns.
Worum geht es eigentlich in der Sache? Sachlich daneben sind auf jeden Fall einseitige Schuldzuweisungen und holzschnittartige Vereinfachungen der Lage im Nahen Osten wie der langen Geschichte des Konflikts. An Emotionalisierungen besteht und bestand in der Vergangenheit kein Mangel.
Leider hat das immer wieder zu Gewaltausbrüchen geführt, Scharfmacher und Hetzer hatten und haben in der Region leichtes Spiel. Seit im Hintergrund auch noch das Regime in Teheran mitmischt, ist es nicht besser geworden. Hamas, Hisbollah und Huthis sind verlängerte Arme Teherans und betreiben das Geschäft des Scharfmachens und des Hintertreibens aller Bemühungen um friedliche Lösungen. Hinzu kommt leider als Spiegelbild dieser Scharfmacherei eine rechtsradikale Regierung unter Netanjahu in Israel, die sowohl antidemokratische Ziele verfolgt als auch die Zweistaatenlösung bekämpft. Wer das zum Vorwand antiisraelischer Kampagnen und antisemitistischer Hetze nimmt, verfälscht die Wahrnehmung der Realität, da bekanntlich auch in Israel ein großer Teil der Bevölkerung gegen die Politik der Regierung Netanjahu ist und das in vielen großen Demonstrationen kundtut.
Apropos Zweistaatenlösung: Teheran und seine o.g. verlängerten Arme fordern die Vernichtung des Staates Israel — egal, wer dort das Sagen hat — und verbreiten die Parole „From the river to the sea“, gemeint ist Vernichtung und Vertreibung zugunsten eines pälästinensischen Staates.
Unglücklicherweise haben etliche Menschen in Europa diese Parole aufgegriffen. Tut mir leid, Greta, damit hast dich aus der positiven Bewegung „Fridays for Future“ herauskatapultiert und zur Influencerin der antijüdischen Kampagne gemacht. Ich unterstelle, dass du in einer schwachen Minute dem eingangs beschriebenen Social-Media-Effekt anheimgefallen bist und dich hast einspannen lassen…
Was die Hamas mit ihren ins Netz gestellten Videos am 7. Oktober 2023 selbst vorgeführt hat, spricht schon eine klare Sprache: Niedermetzeln und Entführung zahlreicher unbewaffneter Menschen wird hier stolz als Heldentaten gezeigt. Das ist Selbstlob für Verbrechen. Und sie bildet sich offenbar ein, das als Werbung für sich im Netz verbreiten zu können. Das erinnert doch stark an den IS und seine Präsenz im Netz (Videos zur Gewaltverherrlichung, gefilmte Greueltaten), und es legt den Schluss nahe, dass Hamas und IS Brüder im Geiste sind. Über wehrlose Menschen herzufallen soll Heldentum sein? Metzeleien und extreme Gewalt vor allem gegen Frauen? Da werden alle Maßstäbe auf den Kopf gestellt! Da herrscht eine extrem frauenfeindliche, gewalttätige Gesinnung, die versucht, sich einen religiösen Heiligenschein aufzusetzen.
Wie hassverblendet ticken Menschen, die daraufhin spontan in Berlin auf die Straße gingen und feierten? Geht’s noch?
Und an den Universitäten wollen offenbar einige Studierende zeigen, dass bei ihnen Hass über Verstand geht und aufgeputschte moralische Empörung über intellektuelle Denkarbeit. Wie anders soll man diese Aktionen denn verstehen?
Die ganze Scharfmacherei, die nun auch noch aus dem Nahen Osten zu uns herübergetragen werden soll — entspringt sie womöglich (bei cooler Betrachtung) zu einem großen Teil einer Macho-Haltung mit lauten, gewaltbereiten Zügen, wo die sich aufspielenden Männer alles bestimmen wollen und Rufe nach Frieden als Schwäche abtun? Ist doch auffällig, dass vom Mittelmeer bis an den Hindukusch meist frauenfeindliche Regime das Sagen haben, und je radikaler die religiöse Ausrichtung, desto frauenfeindlicher reden und handeln diese Glaubensextremisten. Im Unterschied zum Islam ist der Islamismus eine Abart des Glaubens, dem es vor allem um die vorislamische Männerherrschaft geht. Darum legen sie die religiöse Überlieferung in einem einseitig-radikalen Sinne aus, und das entspricht nach meiner Beobachtung durchaus nicht der Haltung und dem Verhalten des Propheten.

Wenn Gewalt weitgehend als „männlich“ verstanden wird, dann wird die Welt wohl kaum friedlicher werden, solange das Machotum weltweit verbreitet ist. Und die Frauen? Sollen sie — trotz aller Bekenntnisse zu den Menschenrechten — weiterhin für Viele als Menschen zweiter Klasse gelten? Dazu ein denkwürdiger Beitrag hier >TikTok – Bär oder Mann: Auf wen allein im Wald lieber treffen? – DER SPIEGEL

Viel Spaß beim Denken!

S. R.

P.S.: War obiger Beitrag einseitig? Ich denke: Nein, denn es dürfte doch selbstverständlich sein, dass die täglichen Nachrichtenbilder aus dem Gaza-Streifen entsetzlich und kaum zu ertragen sind und es keiner ausdrücklichen Erwähnung bedarf, dass die Kriegführung in diesem dichtbesiedelten Gebiet nicht hinnehmbar ist (genau wie in der Ukraine). Der Gipfel des Zynismus ist, dass die Hamas die Reaktion der israelischen Führung auf den Hamas-Überfall vom 7.10.23 von Vorneherein eingeplant hat. Frage: Welche Seite nimmt dort am wenigsten Rücksicht auf die Zivilbevölkerung? (Nicht vorschnell antworten, erst überlegen!)

Mehr zum Thema siehe Blog-Beitrag vom 18.12.23 „Narren in der Mehrheit“, und besonders den Nachtrag darunter vom 08.03.24 (Weltfrauentag). —

Nachtrag vom 30.07.2024: Worüber reden wir eigentlich, was heißt Machismo / Männlichkeitswahn konkret? Dazu informiert z.B. dieser Beitrag: WHO-Bericht: Ein Viertel aller Frauen erlebt Gewalt in Beziehungen vor ihrem 20. Geburtstag – DER SPIEGEL

Dazu weitere aktuelle Ergänzungen im August 2024:

Großbritannien will Frauenfeindlichkeit als Form des Extremismus werten – DER SPIEGEL

Am derzeit finstersten Pol der Frauenfeindlichkeit, in Afghanistan, haben die im August 2021 wieder an die Macht gekommenen Taliban weitere Gesetze gegen Frauen erlassen. Man glaubt es kaum, den Frauen wird dort so ziemlich alles verboten, was menschliche Existenz von der eines Haus- bzw. Nutztieres unterscheidet. Nicht einmal singen oder laut reden dürfen sie. Klingt irre? Die meinen das aber ernst! Da ist weiterer Kommentar überflüssig. —

Siehe auch den Beitrag „Gottes Wille?“ vom 28.08.2024. —

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Glaubwürdig bleiben

ES ist ermüdend. Ein pazifistisches Mantra soll bewirken, dass die Realität es sich anders überlegt und sich an den Glaubenssätzen von Pazifisten orientiert.

Da wäre z.B. das Mantra: „Diplomatie statt Waffenlieferungen.“ Die Vorsitzende der neugegründeten Partei BSW hatte ein Schild mit diesem Slogan neulich vor ihr Rednerpult geklebt. Sie und andere kritisieren, dass beim Krieg in der Ukraine nur vom Militärischen, aber fast nie von Diplomatie und Verhandlungen die Rede sei. Dabei wird zunächst allen weniger Informierten vorgespiegelt, es gäbe keine diplomatischen Bemühungen um Waffenstillstand und Friedensverhandlungen; des weiteren wird ignoriert, dass Diplomatie sich oft hinter den Kulissen bewegt und sich daher gerade nicht für alle sichtbar im öffentlichen Raum abspielt.

Die pazifistische Argumentation lässt auch einen wichtigen Grundsatz außer Acht: Man kann einen Krieg nur verhindern, bevor er begonnen hat. (Ich vermeide das Wort „ausbricht“, weil Krieg im Unterschied zu einem Vulkanausbruch immer von Menschen herbeigeführt wird und kein unvermeidliches Naturereignis ist.) Ist ein Krieg erst in Gang gekommen, stoppt ihn so schnell keine Diplomatie, weil sich mindestens eine der Konfliktparteien Chancen ausrechnet, militärisch Vorteile zu erlangen, wenn nicht gar den Krieg zu gewinnen.

Kriegsherr Putin setzt derzeit darauf, dass die Zeit für ihn arbeitet, weil a) der Westen der Ukraine nicht genug Munition und Waffen liefert, b) die von Trump gelenkten Republikaner im US-Kongress weiter die Hilfen für die Ukraine blockieren, c) die kommenden Wahlen in den USA Trump direkt an die Macht bringen könnten. (Man unterschätzt dabei weithin die Wirkung der Wühlarbeit von Putis Trolls im Netz, besonders in den social media.)

Wohlgemerkt: Pazifismus ist eine moralisch ehrenwerte Haltung. Es kann aber schwierig werden, diese Haltung in der Wirklichkeit durchzuhalten, wenn die Zeichen auf Konflikt stehen und gewalttätige Auseinandersetzungen drohen. Der S.R. selbst nahm 1981-83 an Demonstrationen gegen die Nato-Nachrüstung teil, seit damals hat sich die Welt ein deutliches Stück weiter gedreht. Das bedeutet, dass er längst nicht mehr ungeprüft an früheren Glaubenssätzen und politischen Einschätzungen festhält, sondern Manches überdacht hat und seinen Blick nicht Ideologien unterordnet, die vor 40 Jahren im Kalten Krieg Bedeutung hatten.

Es scheint angebracht, klar und deutlich zu sagen: Es tobt ein globaler politischer und kultureller Kampf zwischen Autoritarismus und freiheitlicher Gesellschaft. Manche sagen auch einfach: zwischen Diktatur und Demokratie. Putin steht für Diktatur, für seine persönliche Herrschaft über Russland, und diese Herrschaft will er nicht nur durch Niederschlagung jeglicher Opposition, sondern auch durch Konflikte und Kriege stabilisieren, weil er damit die Bevölkerung nötigt, ein nationales Interesse mit seiner Position als Machthaber zu verknüpfen. Putins Mantra: Die Nato, der Westen bedroht uns, wir müssen zusammenstehen und uns wehren.

Was Putin in seiner jüngsten Rede zur Lage der Nation sagte, enthielt nichts Neues. Seine Propaganda sagt Dinge über „den Westen“, die man größtenteils durch „das russische Regime“ ersetzen kann, damit sie stimmen. Er hat kein Problem damit, Fakten auf den Kopf zu stellen und russische Kriegsverbrechen zu leugnen. Er bemüht sich in mehrfacher Hinsicht, Stalin nachzueifern, am liebsten wäre ihm der Name „Wladimir der Schreckliche“ in den Geschichtsbüchern (die er ohnehin schon umschreiben lässt.)

Wo ist der reale Ansatz der pazifistisch Gesinnten, mit Putin ins Gespräch oder gar in Verhandlungen zu kommen? Wer fordert, wir sollten bedingungslos die Waffenlieferungen an die Ukraine einstellen, der meint Kapitulation auf Kosten der Ukraine. Muss man dazu mehr sagen?

Aber es käme ja noch viel schlimmer: Die Ukraine ginge unter, Putin würde maßlos triumphieren und im Hochgefühl seiner Popularität die nächsten „Spezialoperationen“ in Angriff nehmen. Das glaubt Ihr nicht? Ja, könnt Ihr denn nicht weiterdenken? Und China würde sich ermutigt fühlen, schnell Taiwan militärisch einzunehmen, das wäre ein Riesenerfolg für Diktator Xi.

„Der Westen“ würde weltweit als Verlierer betrachtet, seine Werte von Menschenrechten und Demokratie würden von keinem Land mehr ernst genommen. Das Verhältnis von Diktaturen zu Demokratien würde vollends zu ersteren kippen. Folge: Die Welt würde noch mehr zersplittert in zahlreiche gewaltbereite, nationalistische Regime, die mit anderen Ländern nur noch Zweckbündnisse auf Zeit eingehen.

Ideologisch würden diese Verhältnisse fußen auf dem Prinzip „Kampf jeder gegen jeden“, die Nationalismen würden Feindschaften wachsen lassen, überall würde man die Unterschiede und das Trennende thematisieren und Gemeinsamkeiten beiseite wischen. Faschismus würde sich in der Welt ausbreiten.

Nun meinen sicher Einige: Das ist doch übertrieben, das geht viel zu weit. Ich aber sage: Wer weiterdenkt und Kenntnisse aus der Geschichte einbezieht, wer sich wenigstens erinnert, dass sich vor dem 24.02.2022 niemand bei uns den Überfall Russlands auf die Ukraine vorstellen konnte oder wollte, der müsste vorsichtiger sein mit optimistischen Prognosen.

Darum stimme ich der These zu: Die Ükraine verteidigt nicht nur ihr Land, sie kämpft und blutet auch für uns, indem sie Putins Eroberungskrieg zu stoppen versucht und das Europa der freiheitlichen Lebensweise verteidigt. Putin darf nicht gewinnen, und mehr noch: Putin muss eine Niederlage einstecken, die Ukraine muss siegen. Und das gerade auch aufgrund unserer Hilfe — damit wir in der Welt glaubwürdig bleiben.

S. R.

Dazu noch ergänzende Beiträge auf diesen Links:

Republikaner stoppen Ukraine-Hilfe: Wladimir Putins Saat geht auf – Kolumne – DER SPIEGEL

Ukraine-Krieg Der deutsche Mittelweg ist gescheitert – Gastbeitrag – DER SPIEGEL

zu Putis speziellen Geschichtsverweisen: Wladimir Putin: Früherer mongolischer Präsident Tsakhiagiin Elbegdorj trollt Kremlchef mit Landkarte – DER SPIEGEL

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Lupenreine Schurken

NUN dauert er schon weit über 500 Tage, der russische Eroberungskrieg gegen die Ukraine — und kein Ende ist in Sicht. Wie auch? Solange die russische Armee auf dem Schlachtfeld nicht massiv zurückgedrängt wird, sieht die Führung im Kreml keinen Grund, Verhandlungen über ein Kriegsende aufzunehmen.
Was wünschenswert ist, kann leider auf absehbare Zeit nicht erfüllt werden. Viele bei uns in Deutschland meinen, da müsse sich doch mit gutem Willen was machen lassen. Echt? Der „gute Wille“ auf Seiten der russischen Führung zeigt sich bisher hauptsächlich in einer brutalstmöglichen Kriegführung ohne Rücksicht auf Zivilpersonen und zivile Infrastruktur. Russland will den Staat Ukraine eliminieren, will dessen Gebiet vereinnahmen ohne Rücksicht auf die Menschen, die dort leben, und ohne Rücksicht auch auf die eigenen Leute, die für Russlands Großreich-Traum in großer Zahl sterben müssen.
Putin und seine Kamarilla leben in einer Vorstellungswelt, die vielen Menschen bei uns immer noch unbekannt ist: Retro-Wunschvorstellungen vom Großrussischen Reich, wo von Zar Iwan IV. dem Schrecklichen bis Stalin Machtmenschen einen autoritär geführten Staat lenkten und mit allen Mitteln und ohne menschliche Rücksichten für die Vergrößerung des russischen Staatsgebietes sorgten.
In diesem Vorstellungs-Horizont ist kein Platz für Prinzipien wie Menschenrechte oder Demokratie. Auch das Völkerrecht ist für diese Machtbesessenen bloß Papier. Auf allen Kanälen verbreitet die Propaganda des Kreml seit Jahren die Erzählung, dass das weitreichende russische Territorium nur mit harter Hand zu regieren und zusammenzuhalten sei.

Außerdem wird seit Zar Iwan IV. ein Mythos von einem „heiligen Russland“ gepflegt, der Moskau als „Drittes Rom“ feiert und einen engen Schulterschluss von russisch-orthodoxer Kirche und dem Kreml herstellt. Generationen von Russen bekamen diese speziellen Vorstellungen von der russischen Nation bereits in der Schule eingepflanzt. Das schreibt auch Orlando Figes in Eine Geschichte Russlands:

Die Version des Kreml — dass die Russen, die Ukrainer und die Weißrussen alle ursprünglich eine Nation gewesen seien — wurde heraufbeschworen, um den eigenen Anspruch auf eine „natürliche“ Interessensphäre (gleichbedeutend mit einem Recht auf Einmischung) in der Ukraine und in Weißrussland zu untermauern. Wie viele Russen seiner Generation, die die sowjetische Sichtweise der Geschichte eingetrichtert bekamen, erkannte Putin die Unabhängigkeit der Ukraine nie wirklich an. Noch im Jahr 2008 sagte er dem US-Präsidenten, die Ukraine sei „kein richtiges Land“, sondern ein historischer Teil Großrusslands, eine Grenzregion, die das Moskauer Kernland vor dem Westen schütze. Nach dieser imperialen Logik hatte Russland das Recht, sich gegen westliche Vorstöße in die Ukraine zu wehren. Russlands Annexion der Krim, der Beginn eines langen Krieges gegen die Ukraine, leitete sich von dieser zweifelhaften Deutung der Landesgeschichte ab. Die Invasion war Russlands Antwort auf den „Putsch“ in Kiew, wie der Kreml die Maidan-Revolution nannte, der als Volksaufstand gegen die prorussische Regierung Janukowitschs begonnen hatte. (…) Das Volk der Ukraine hatte mit dem „Euromaidan“ seine „europäische Entscheidung“ getroffen.

Orlando Figes, Eine Geschichte Russlands, London 2022, dt. Ausgabe Stuttgart 2022, 8. 2023, S. 16

Putin tut alles, um dieses Geschichtsbild zu verstärken. Er will den Russen seine Politik als Wiederaufnahme und Fortsetzung der altgewohnten großrussischen Politik vermitteln. Zusätzlich behauptet die Propaganda des Kreml, Russlands „natürliche“ Interessen- und Einflusssphäre sei vom Westen bzw. der Nato bedroht. Diese Erzählung verfängt z.T. auch im Westen und wird von russischen Trollfabriken über das Internet ständig wiederholt. Das hat einen gewissen Erfolg bei Russland-Freunden, die Putins Behauptung von der aggressiven Nato-Osterweiterung aufgreifen und sogar glauben wollen, dass sich Russland mit dem Überfall auf die Ukraine nur verteidige.
Solche Propaganda treibt erstaunliche Blüten, z.B. im russlandfreundlichen Serbien, wo ein paar Boulevard-Zeitungen am 24.2.2022 titelten: „Ukraine greift Russland an!“. Da bleibt einem die Spucke weg: Die Tatsachen werden frech auf den Kopf gestellt.

„Aber was ist denn so schlimm an Putins Geschichtsbild?“ könnte jetzt jemand ganz naiv fragen. „Ist doch toll, wenn Einer sein Vaterland wieder groß machen will!“ Das meint auch Donald Trump, der mit dem Slogan „Make America great again!“ in den Wahlkampf zog, einer Phrase ohne Inhalt, dafür aber simpel. Dazu sagte schon Mephisto in Goethes Faust: „Es meint der Mensch, wenn er nur Worte hört, es müsse sich dabei doch auch was denken lassen.“ Wer aber denken nicht gewohnt ist, der geht leicht jedem Gewäsch auf den Leim und nimmt jeden Werbespruch für bare Münze.

Wenn Nationalismus so toll ist, wenn also viele Staaten der Erde größer und bedeutender werden wollen — dann brauchen wir, um Konflikte und Kriege zu vermeiden, viel mehr Platz, am besten eine zweite Erde, oder die großsüchtigen Staaten expandieren in den Weltraum, gründen Kolonien auf Mond und Mars und platzieren jede Menge Raumstationen im erdnahen Orbit.

Bei dieser Gelegenheit wäre mal zu fragen, ob die Menschheit wirklich so viele Weltraumprogramme braucht, mit denen einige Staaten um Prestige konkurrieren. Würden nicht 1-2 solcher staatlicher Programme reichen, um den erdnahen Weltraum zu erkunden und Nachrichtensatelliten zu platzieren? Statt Konkurrenz könnte internationale Zusammenarbeit (nicht nur auf erdnahen Raumstationen) nützlich sein.

Es wird selten darüber gesprochen, aber seit Jahren schon kreist eine Menge Schrott von Raketen und Satelliten um die Erde, der für Astronauten lebensgefährlich ist und manchmal auch auf die Erde herabstürzt, wobei nicht immer alles in der Atmosphäre verglüht. Trotzdem werden ständig neue Satelliten ins All befördert, viele davon zu militärischen Zwecken.

Aber bleiben wir mal bei den Folgen der Großmannssucht auf der Erde. Putins oben beschriebene politische Ideologie bedeutet eine direkte Bedrohung der Nachbarstaaten Russlands, denn wenn ein Staat größer werden will, muss das ja auf Kosten anderer Staaten geschehen. Das aber lässt sich in der heutigen Welt weder moralisch noch völkerrechtlich begründen. Deshalb greift Putin so weit in die Vergangenheit zurück. Sein Pech: Was vor Jahrhunderten, in einer anderen Welt, noch als Recht des Stärkeren hingenommen wurde, kollidiert heute mit den allgemein geteilten Ideen von internationalem Recht, sei es Völkerrecht, seien es internationale Vereinbarungen.

Was mit Blut, Schweiß und Tränen und in vielen mühevollen und langwierigen Verhandlungen im Verlauf des 20. Jahrhunderts erreicht wurde, will Putin beiseite wischen und die Welt zurück katapultieren in eine Zeit der ungeschminkten Machtpolitik und der Kabinettskriege, in der Verträge nur so lange Bestand hatten, wie die Beteiligten sich Vorteile davon versprachen, und in der das Volk bzw. die Bevölkerung überhaupt nicht gefragt wurde.

Dazu passt, dass er in Russland eine Organisation namens Memorial verbieten ließ, die bei der Aufarbeitung der russischen Geschichte auch Stalins Verbrechen genauer in den Blick nahm. Das wollte Putin nicht zulassen, weil er wie die Zaren und die ihnen folgenden Machthaber keine Kritik an staatlichem Handeln dulden will. Denn für Putin und seine Anhänger ist alles gerechtfertigt, was die Macht stabilisiert, inklusive Gewalt im Inneren und Krieg nach außen sowie Mord an Oppositionellen selbst im Ausland (Auch das hat Stalin schon vorgemacht).

Was will man denn auch von einem Politiker erwarten, der gar kein gelernter Poltitiker ist, sondern eine Karriere im Geheimdienst KGB durchlaufen und zwei Grundsätze verinnerlicht hat: „Der Zweck heiligt die Mittel“ und „Wenn du die Macht hast, gib sie nicht wieder her.“ Es war wirklich ein schlechter Witz, dass ein deutscher Politiker, der sich zu Putins Freunden zählte, ihn 2004 in einem Interview einen „lupenreinen Demokraten“ nannte. Denn leider ist Putin so ziemlich das Gegenteil.

Spätestens als Putin aktiv und militärisch in Syrien zugunsten des blutigen Diktators Assad eingriff und ohne Skrupel auch Schulen, Krankenhäuser und Wohnviertel gezielt bombardieren ließ, war er für mich moralisch in die unterste Schublade gerutscht. Und daher wunderte ich mich nicht, als ich seit Februar 2022 hörte, dass seine Soldaten und speziell die sogenannte Gruppe Wagner Kriegsverbrechen verübten — offenbar als Teil geplanter Strategie.

Für Putin ist es quasi eine Selbstverständlichkeit, Tatsachen auf den Kopf zu stellen und bis an die Grenze der Lächerlichkeit die Fakten zu verdrehen. Beispiel: Er lässt alles Mögliche in der Ukraine fast täglich bombardieren, aber wenn mal eine Drohne auf der Krim oder in Moskau niedergeht, spricht er gleich von „Terror“ der Ukraine. Wer nimmt das noch ernst? Machthaber rund um den Globus nennen ihre Kritiker und Gegner seit Langem gewohnheitsmäßig „Terroristen“ oder „Unterstützer von Terroristen“. Das erinnert uns doch eher daran, dass Terror vor allem von diesen Machthabern ausgeht.

Warum arbeitet Putin z.B. mit dem Regime von Nordkorea zusammen? Dessen Diktator lässt eine geistige Verwandschaft mit Putin erkennen: Es geht beiden um Macht und Machterhaltung — so ziemlich um jeden Preis (den hauptsächlich die Bevölkerung dieser Staaten bezahlt). Kim Yong-Un lässt sein Volk auch mal hungern, wenn nur sein Atom-Rüstungsprogramm vorankommt. Putin will seit Mitte Juli 2023 das Getreideabkommen nicht verlängern, um der Ukraine zu schaden, und verstärkt in einigen Ländern des globalen Südens den Hunger, weil er auch die Weltmarktpreise für Nahrungsmittel in die Höhe treibt. Auf seinem Afrika-Russland- Gipfel in St. Petersburg zeigte sich jedoch, dass afrikanische Politiker nicht doof sind und seine Propaganda durchschauen: Einige forderten ihn auf, das Getreide-Abkommen wieder in Kraft zu setzen.

Muss die „Weltgemeinschaft“ sich nicht mal langsam gegen Putin und andere Schurken wehren? Haben wir nicht ohne solche Figuren schon genug Probleme, die gelöst werden müssen? Auch wenn das einige AfD-Sympathisanten nicht wahr haben wollen: Wir leben längst in einem „globalen Dorf“, in dem es nicht mehr egal ist, wenn „in China ein Sack Reis umfällt“, wie es sprichwörtlich früher hieß.

Und wenn im UN-Sicherheitsrat Schurken mit Vetorecht sitzen, dann zeigt das nur, dass diese nach dem Zweiten Weltkrieg etablierte Institution dringend reformbedürftig ist. Denn Probleme lösen kann sie nur noch in wenigen Fällen, nämlich dann, wenn die Machtinteressen von Russland, China und einigen anderen ständigen Mitgliedern nicht betroffen sind.

W.R.

siehe dazu auch: Beitrag „Nicht mehr tolerierbar“ vom 01.05.2023

Iran, Afghanistan, Pakistan… besonders in diesen Ländern unterdrücken Machthaber und ihre Gehilfen die Frauen, angeblich im Namen der Religion, angeblich im Namen religiöser Prinzipien. Dabei folgen diese Islamisten nicht dem Beispiel des Propheten (mehr dazu siehe >Höheres), sie verwechseln Männerherrschaft mit Gottes Willen. Religion wird zum Machtinstrument, der Iran zeigt es deutlich. Wie alle autoritären Machthaber machen sie ausländische Mächte für die Proteste verantwortlich und kriminalisieren die Kritik an ihrem Regime. Dabei mischen ihre Trolls im Internet mit und verbreiten Diffamierungen und Fake News gegen ihre Kritiker, auch wenn sie ins Ausland geflohen sind.

Was können Beiträge wie dieser hier, oder beispielsweise demonstrative Auftritte prominenter Frauen, die sich Haar abschneiden, bewirken? Direkte Wirkungen auf das Regime haben sie nicht, aber sie halten das Thema bei uns in der öffentlichen Diskussion und stärken moralisch die Protestierenden im Iran. —

Nachtrag am 22.10.2022 Die zentrale Frage ist doch: In was für einer Welt wollen wir leben? Wollen wir in dieser Welt, in der real 8 Milliarden Menschen leben (und überleben wollen), immer weiter mit Urgroßvaters Rezepten aus der Steinzeit wirtschaften und ständig gegeneinander um Nahrung, Gebiete, Besitz kämpfen, immer mal wieder auf gut klingende Parolen hereinfallen und Führern blind hinterherlaufen, an Waffen und Gewalt als geeignete Mittel der Durchsetzung glauben, uns egoistisch gegen andere Menschen abschotten, und uns in die Tasche lügen, dass das eben nicht anders ginge? Wollen wir weiter die Verlogenheit mittragen, die behauptet, dass wir in Europa christliche Werte vertreten, dass wir die Menschenrechte ganz hoch achten, dass wir für den Frieden in der Welt eintreten, dass wir Vorreiter von Klima- und Umweltschutz sind?

Wir leben in einem Land, das mit Waffenexporten Geld verdient, das seinen Plastikmüll zum großen Teil in andere Lander transportiert, das … ach, Ihr wisst schon, wieviel Mist vor und hinter den Kulissen läuft. Ihr wisst auch, wieviel über die Regierung gemeckert wird. Die Regierung kann aber nicht besser sein als die, die sie wählen. Wenn z.B. die gegenwärtige Bundesregierung mehr Moral in die Außenpolitik und in die Energiepolitik zu bringen versucht, hat sie automatisch mit starkem Gegenwind zu rechnen — nein, nicht so sehr aus der Bevölkerung, sondern mehr von den Lobbyisten der Wirtschaft und diversen anderen Verbänden, die weiter wie bisher auf Teufel-komm-raus Geld verdienen oder einfach nur störrisch ihre Pfründe verteidigen wollen.

Ich persönlich halte manchmal den Dauer-Meckerern entgegen: Mit den Politikern in Verantwortung möchte ich derzeit nicht tauschen. Die haben kein leichtes Leben, die müssen ständig von irgendwoher Kritik einstecken, in diesen Zeiten auch die Drohungen von diversen Knallköpfen. Dabei kritisiere ich auch Vieles, versuche aber, sachlich zu bleiben und meine Meinung mit Sachargumenten zu begründen.

In was für einer Welt wollen wir denn leben? Wo Einer dem Anderen an die Gurgel geht, wenn ihm dessen Meinung nicht passt? Wo Einer der Anderen Gewalt antut und sie erniedrigt, um vermeintlich seine Männlichkeit zu beweisen? Kann man auf so ein Verhalten stolz sein? Für wie blöde halten uns manche Dummschwätzer? Entweder habe ich Verstand und respektiere die Mitmenschen gleich welchen Geschlechts, gleich welcher Herkunft und gleich welcher Hautfarbe als prinzipiell gleichberechtigt, oder ich habe kein Recht, mich selbst auf verfassungsmäßige Rechte zu berufen oder von Menschenrechten zu faseln.

Und was da gerade im Iran vor sich geht, zeigt: Man kann mit Gewalt die Menschen eine Zeitlang knechten und unterdrücken, aber man kann sie nicht auf Dauer für blöde verkaufen.

Übrigens: Letzteres sage ich auch im Hinblick auf die populistischen Rechtaußen, die in manchen Ländern an die Macht gelangen, nachdem sie den Leuten fremdenfeindliche Parolen und falsche Träume verkauft – oder sich an die Macht geputscht haben.

W. R.

Macht und Moral

Macht ist wichtiger als Moral – nach dieser Parole verfahren derzeit eine Menge Machthaber auf dieser Welt. Gerade zeigt der Präsident der Türkei wieder, woran ihm am meisten liegt, und dass er dafür viel zu opfern und zu verraten bereit ist.
Nicht nur Ex-US-Präsident Trump verwechselte seinen persönlichen Nutzen mit dem Wohl seines Landes, es gibt dafür weltweit viele weitere (schlechte) Beispiele. Brasiliens Machthaber Bolsonaro lässt die Corona-Pandemie in seinem Land laufen und redet Schutzmasken schlecht, fingert bei öffentlichen Auftritten mit Schusswaffen vor den Kameras herum und lässt den Regenwald-Vernichtern freie Hand. Chinas Führung nutzt jegliche Überwachungstechnik zur Kontrolle der Bevölkerung und drangsaliert ethnische und religiöse Minderheiten*, wobei chinesische Politiker sich mit religiösen Hardlinern in der Türkei einig sind: Die im Westen hochgehaltene Idee der allgemeinen Menschenrechte passt nicht zu unserer (türkisch-islamischen bzw. chinesischen) Kultur, und deshalb lehnen wir sie für uns ab. Die Türkei wollte eigentlich näher an Europa rücken und der EU beitreten, doch Präsident Erdogan setzt aus innenpolitischen (Machterhaltungs-)Gründen auf die islamisch-konservativen Kräfte und versucht sie durch Annäherung für sich zu gewinnen.
(mehr zur Politik Erdogans >https://www.sueddeutsche.de/politik/tuerkei-erdogan-istanbul-konvention-1.5241502 )
Was sind das für Kulturen, die (angeblich!) nicht für allgemeine Menschenrechte sind? Was für ein Armutszeugnis stellen diese Politiker und Religionsvertreter ihrer Kultur aus! Denn sie sagen im Klartext: Unsere Kultur kennt nur Mächtige und Ohnmächtige, das Volk hat nichts zu melden und ist die Knute der Unterdrückung gewohnt, und das gilt insbesondere für Frauen, die bei uns traditionell und immerwährend Menschen zweiter Klasse sind und bleiben sollen.
Andere Machthaber bzw. ihre Propagandisten sagen das nicht immer so deutlich, meinen aber z.B. (siehe Russland): So ein Riesenreich kann nur mit harter Hand und despotisch regiert werden, und die Menschen sind schon seit Jahrhunderten gewohnt, die Knute zu spüren, ihnen bleibt nur zu beten, dass sich ein neuer Zar als guter Zar erweisen möge, einen Einfluss darauf haben sie nicht, und kennen sie auch nicht.
Was für ein Menschenbild steht dahinter? Wenn wir da von Kultur reden, müssen wir ja fast annehmen, eine permanente Unterdrückung und Ausbeutung der Masse durch Wenige gehöre zur Kultur dieser Länder dazu. Aus den Machtverhältnissen wird dann auch noch Verhöhnung derer da unten abgeleitet: Die haben es nicht besser verdient, wir Ausbeuter und Unterdrücker sind eben die Schlaueren, die Besseren (d.h. besser in Skrupellosigkeit und Menschenverachtung).

Und so sehen die Verhältnisse in vielen Gegenden dieser Welt aus. Es wird rücksichtslos ausgebeutet, Mensch wie Natur sind reine Verfügungsmasse für Machtgelüste und Geldgier.

Um die Mehrheit der ausgebeuteten Menschen zu verwirren und für dumm zu verkaufen, faselt man von kulturellen und religiösen Gründen, die diese Verhältnisse rechtfertigen (und zementieren) sollen. Und im Zweifel werden alle als unpatriotisch hingestellt, die den Machthaber nicht unterstützen; Kritiker werden heuzutage gern als „Terroristen“ diffamiert (siehe Türkei) und in Gefängnisse und Umerziehungslager gesteckt. Wir in Deutschland kennen das aus unserer jüngeren Geschichte (siehe KZs).**

Passt gut auf! Es fängt immer damit an, dass Menschen diffamiert, ausgegrenzt, unterdrückt werden. Erst sind es Minderheiten; wenn das gut klappt, kommen die Machthungrigen erst recht in Fahrt, dann sind immer mehr von Unterdrückung betroffen… Lasst Euch das nicht gefallen! Widersprecht, wehrt den Anfängen! Verteidigt die Minderheiten, die Schwachen, stellt Euch an ihre Seite! Lasst Euch nicht zum Stimmvieh für machtgeile Großmäuler machen, die insgeheim noch über Euch lachen, wenn Ihr auf sie hereinfallt.

W. R.

* ein Update vom 25.03.21 > Adidas, Nike und H&M bekommen Chinas Wut zu spüren – Wirtschaft – SZ.de Hier zeigt sich, wie dünnhäutig autoritäre Machthaber auf Kritik reagieren. Sie wollen eben nur positiv gesehen und dargestellt werden, ein fast schon kindisch zu nennender Wunsch, der im Übrigen zeigt, was sie von ihrer Bevölkerung halten: alles Kindsköpfe, die man auf blöd-patriotisch drillen kann. Wie blöd ist das? Die Chinesen sind ein altes Kulturvolk, da kann man nicht die Gedanken steuern. Da hilft auch die weitestgehende Überwachung nicht.

Nachtrag: Ungeniert präsentiert die chinesische Führung in Hongkong, wie ein autoritäres Regime gegen Demokraten vorgeht. Ein Schein von Legalität wird gewahrt, im Zweifel scheut man keine nackte Gewalt – wie derzeit das Militärregime in Myanmar. Dazu liefert der Machthaber von Belarus, Lukaschenko, im Mai 2021 ungeniert ein weiteres Beispiel: Vor den Augen der Weltöffentlichkeit lässt er ein Flugzeug entführen und zur Landung zwingen, um einen oppositionellen Journalisten zu verhaften.

Diese Machthaber kennen kein Halten, sobald sie bemerken, dass die „internationale Gemeinschaft“ ihnen nicht in den Arm fällt und es bei verbalen Protesten belässt – oder ein paar milde Sanktionen beschließt (die dann noch teils unterlaufen werden und kaum schmerzen).

** Kennen wir doch, hoffe ich – oder etwa nicht? Dann wird’s aber Zeit, dass Ihr Euch informiert und dann Bescheid wisst über die Nazi-Diktatur, wie sie entstand, wie sie erst mit Gewalt in Deutschland, dann in Teilen Europas ihre Macht ausübte und keinen Respekt vor Menschenleben zeigte. Ein mörderisches Regime kann man nicht schönreden.

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Politik in den Köpfen

Ein paar Gedanken (unvollständig und vorläufig) am Tag nach der Bundestagswahl vom 24.09.2017:

Es ist schon erstaunlich, dass es in Deutschland und anderen europäischen Staaten Menschen gibt, die den alten Nationalismus propagieren, den sehr viele, wenn nicht die meisten Menschen in Europa doch für „retro“ oder gänzlich „out“ halten. Doch gibt es umtriebige Politiker, die anstreben, auf einer neu entfachten nationalistischen Flamme ihr Süppchen zu kochen, Stimmen zu fangen und Macht zu gewinnen.
Wenn wir den Blick auf Deutschland richten, dann sehen wir, dass eine Partei namens AfD mit nationalistischen und Retro-Parolen aufgetreten ist und weniger deshalb, als vielmehr trotzdem, mit über 12 % der Wählerstimmen im Herbst 2017 in den Bundestag einzieht.
Viele fragen sich, was denn die Menschen geritten haben mag, die ihre Stimme statt ihrer früher bevorzugten Partei nun der AfD gegeben haben. Weiterlesen

„Homo Sapiens“?

Der Mensch hängt am Gewohnten, und deshalb ist er manchmal auch geistig träge. Das muss Jeder zugeben, der auch nur einen Funken Selbstkritik aufbringen kann. So weigert der Mensch sich oft, Neues zur Kenntnis zu nehmen, und findet es zu mühsam, es in sein Weltbild zu integrieren. Manche empfinden es schon als Zumutung, ihre Meinung und ihr Urteil zu überprüfen, weil sie sich für unfehlbar halten (Alles Idioten außer mir!).
Infolgedessen treffen wir oft Menschen an, die mental in vergangenen Zeiten hängengeblieben sind und die Veränderungen in der Welt erst leugnen, dann verurteilen; die sich kategorisch dagegen wehren, ihre längst zu Vorurteilen verkrusteten Ansichten zu überdenken. Das Phänomen kennt jeder, nimmt es aber meist nur an Anderen wahr.
Aber es gibt Unterschiede: Die Hardcore-Rechthaber laufen z.B. in Pegida-Demos mit und fordern ein Zurück in eine rückwärtsgewandte Utopie; sie sammeln Wehrmachts-Militaria und dekorieren damit die Wände in ihrer Bundeswehr-Kaserne; sie fordern „Grenzen dicht!“ und wettern gegen die Globalisierung; sie suchen Zuflucht in der scheinbar kuscheligen Wärme völkischen Bio-Deutschtums…
Typisch dabei ist, dass sie z.B. ausblenden, welche Vorteile auch sie persönlich durch Globalisierung und Einwanderung genießen, dass Deutschland insgesamt von der EU wie vom zugänglichen Weltmarkt ganz schön profitiert. (Toll, die T-Shirts für zwei Euro! Warum die bei uns so billig sind? Keine Ahnung.)
Und sie blenden aus, welche teuer und blutig erkauften Erfahrungen wir Deutschen mit völkischen Vorstellungen, Rassismus, und nationalistischer Überheblichkeit gemacht haben.
Deshalb ist ihnen auch nicht klar, wie schnell man mit Retro-Parolen eine Diktatur der Mehrheit über Minderheiten herbeireden kann, und wie schnell aus nationalistischem Gesülze und Säbelrasseln eine Kriegsgefahr heraufziehen kann. Selbst Erfahrungen aus jüngster Vergangenheit wie im zerfallenen Jugoslawien in den 1990er Jahren werden da nicht zur Kenntnis genommen, gar nicht zu reden von der Krim und der Ost-Ukraine…
Und wenn wir ins eigene Land schauen, dann graut es jedem Demokraten bei manchen Äußerungen jenes Voll-Horst in Bayern und seinen Parteigenossen, und es gruselt ihm bei der wiederaufgewärmten Diskussion um den Begriff „deutsche Leitkultur“, die, man glaubt es kaum (oder doch?), vom deutschen Innenminister entfacht wurde.
Es will einfach in manchen Köpfen nicht heimisch werden: Das Grundgesetz als demokratische Verfassung geht eben nicht von völkischen Leitgedanken aus, sondern ganz klar vom Prinzip der allgemeinen Menschenrechte, die für alle Menschen gelten. Das steht in Artikel 1 und ist näher ausgeführt in den folgenden Grundrechten. Da steht aber auch rein gar nichts von besonderer Bevorzugung biologischer oder anderer Merkmale.
Das ist den Völkischen und Rechtsaußen natürlich ein Dorn im Auge, und deshalb versuchen sie, die Bundesrepublik als Staat verächtlich zu machen, wärmen abgestandene Nazi-Parolen auf und zielen darauf ab, die Legitimation dieses Staates zu untergraben. Da kommen z.B. sogenannte Reichsbürger daher und behaupten unverfroren, wir lebten juristisch noch im Deutschen Reich, und verspotten die BRD als „GmbH“. Nimmt man das ernst, muss man erkennen, dass sich da ein paar Besserwisser etwas zusammengestrickt haben und das als oberschlauen Durchblick verkaufen — wohl wissend, dass 99% der Bevölkerung das gar nicht überprüfen können und daher einige darauf hereinfallen werden, sofern es nur überzeugend und laut vorgetragen wird.
Was für einen Staat wollen solche Leute? Einen, wo die Maschinengewehre rattern und alles in Scherben fällt? Ja, geht’s euch zu gut?
Wenn’s dem Esel zu wohl wird, geht er auf’s Eis. Dieser alte Spruch benennt die alte Erfahrung,

Detail am Portal der Ringschule in Frechen (Oomssche Keramik)

dass es immer Menschen gibt, die, sei es aus Langeweile oder Leichtsinn, zum Zündeln neigen und dann sehen wollen, was passiert und wieviel Unheil sie anrichten.
Und dazwischen rennen heutzutage noch ein paar Blödiane herum, die alles mit dem Handy filmen wollen und den Rettungskräften schamlos im Wege stehen. Daran sieht man: Die Esel und Egoisten werden nicht alle. Im Zweifel hilft nur, konsequent dagegen einzuschreiten.
Der Mensch, von Wissenschaftlern vor langer Zeit „homo sapiens“ getauft, hat eben so seine Defekte. Er mag ja „sapiens“, also weise oder wissend sein, oder, wie es auch heißt, „vernunftbegabt.“ Aber diese Selbsteinschätzung hat eben auch ihre Defekte. Wissenschaftler vertreten seit Kurzem die Ansicht, dass wir nicht nur von unserem Hirn gesteuert werden, sondern auch von unserem Darm. Und dann setzen einige noch eins drauf und verkünden, dass eine dritte Instanz auch noch mitredet: die Darmbakterien.
Bis zu drei Gehirnen? So etwas kann einen schon ins Grübeln bringen. Wer hätte nicht schon einmal gedacht, wie schwer es doch ist, alte Gewohnheiten abzulegen, und wer hätte nicht schon einmal geseufzt, wenn er in mit viel Willensstärke überwundene Unarten zurückfiel?
Ist das jetzt eine Entschuldigung für alle Konservativen und Retro-Utopisten, und für alle, die sich ändern wollten und es aufgegeben haben? Sollen wir uns ganz dem „Bauch“ überlassen, dem Darm und der Bakterien-Flora unsere Entscheidungen überlassen (oder unterschieben)? Im Abendland war man einmal stolz auf die fortschrittlichen Denker, z.B. auf einen Descartes, der den Satz prägte: „Ich denke, also bin ich.“ Sollen wir in Zukunft sagen: „Ich verdaue, also bin ich“?
Dann wird man womöglich im Abendland bald den lauten Rülpser höher schätzen als einen klugen Ausspruch. Na, dann Prost Mahlzeit! Dann können wir uns keine intelligenten Talkshows und Diskussionen mit einem gewissen geistigen Niveau mehr anhören, um „food for thought“ mitzunehmen und uns am Mitdenken zu erfreuen, sondern dann wird zumindest das bayrische Fernsehen nur noch Dauer-Livesendungen aus den Bierzelten des Oktoberfestes ausstrahlen, das von irgendeinem Vollhorst eröffnet wird mit den Worten „Ich rülpse, also bin ich“ — und dafür tosenden Applaus erntet.

Bin ich jetzt zynisch, gönne ich den Leuten ihr harmloses Vergnügen nicht? I wo, ich habe eher eine Portion Mitleid mit den Menschen, sie sind mir nicht unsympathisch. Und: Ich schließe mich selbst nicht aus, wenn ich auf Defekte des Homo Sapiens hinweise. Mehr noch: Ich ziehe nicht einfach nur her über Menschen, die in unserer Welt der Beschleunigung, des schnellen Wandels, der Informationsflut mental nicht Schritt halten und sich überfordert fühlen. Ich versuche sie zu verstehen — wie ich überhaupt meist versuche, jemanden oder einen Sachverhalt zu verstehen, ehe ich darüber urteile. Und schließlich bin ich selbst jemand, der noch im analogen Zeitalter aufgewachsen ist und sich nur zögerlich mit der digitalen Welt anfreunden kann. Andererseits bin ich gewohnt, in Zusammenhängen zu denken und Vieles zu hinterfragen. Und mich nicht nur für ein Schmalspur-Thema zu interessieren. So verschaffe ich mir einen weiteren Horizont. Doch manchmal beneide ich fast diejenigen Leute, die scheinbar unbelastet von Wissen und Grübeln ganz unmittelbar das Leben genießen. Als Rheinländer kann ich das mit Hilfe von Alkohol im Karneval ganz gut. Aber sonst?

Der Rheinländer Konrad Adenauer sagte einmal den weisen und zugleich pragmatischen Satz: „Man muss die Menschen nehmen, wie sie sind. Andere haben wir nicht.“ Also muss man auch den Homo Sapiens nehmen, wie er mit gewissen Defekten ist, oder soll man besser sagen: wie er mit seinem Darm und seinen Bakterien ist. Und mit seiner Portion Selbstüberschätzung und Egozentrik. Und dass er am Gewohnten hängt, weil ihn Veränderungen manchmal ängstigen, oder schlicht überfordern.

W. R.

Nachtrag 15.05.17: Weil der Mensch am Gewohnten hängt, müsste er sich eigentlich viel mehr Sorgen um seine Umwelt machen, die Klimaveränderung müsste ihn ängstigen — doch leider scheint es ihn zu überfordern, die globalen Zusammenhänge wahrzunehmen und sein eigenes, kleines Umfeld gedanklich ins große Ganze einzuordnen.

Es gibt auch zuviele Ablenkungen, die ihn am ruhigen, gründlichen Nachdenken hindern, und es gibt egoistische Profitinteressen, die langfristiges, vorausschauendes und nachhaltiges Planen und Handeln bei uns Konsumenten sabotieren, um schnelle Gewinne zu machen. Und es gibt den unsäglichen Donald Trump, Prototyp eines dummschwätzenden Populisten und Egozentrikers, dem völlig egal ist, welchen Mist er den Leuten erzählt, wenn sie ihn nur wählen.

Man muss erst sehen, dass Insekten immer weniger werden und kaum noch Bienen unsere Obstbäume bestäuben, damit bei einigen Menschen eine Warnlampe aufleuchtet. Der Rest tanzt weiter auf dem Vulkan und meint, das werde schon gut gehen, und man könne weitermachen wie bisher.

Peter Berthold schreibt vorn in sein Buch Unsere Vögel (2017): „Dieses Buch ist all denjenigen gewidmet, die sich nicht entmutigen lassen, von unserer wunderbaren Natur so viel wie möglich in die Zeit nach homo horribilis hinüberzuretten.“ Mit Homo horribilis (schrecklicher Mensch) meint er den Teil der Art homo sapiens, der wie oben gesagt, unsensibel, gedankenlos und egoistisch die Natur mit Füßen tritt. Und er hofft offensichtlich, dass es eine Zukunft geben wird, in der homo sapiens seinen Verstand gebraucht und den hohen Wert der ihn umgebenden Natur erkennt, um sie zu schonen und zu bewahren, ehe das meiste davon zerstört ist.

Arthur Schopenhauer schrieb bereits im 19. Jahrhundert: „In dieser Welt leben die Tiere in der Hölle, und die Menschen sind ihre Teufel.“

Homo Sapiens hat alles im Griff...

Egal ob Sie sich nun als homo sapiens sehen oder überlegen, inwieweit Sie (zumindest aus der Sicht von Mitgeschöpfen) eher ein Teufel bzw. homo horribilis sind — Selbstüberschätzung ist der sicherste Weg in die (unbemerkte) Manipulation durch Andere. Wer glaubt, HerrIn seines/ihres Willens und seiner/ihrer Entscheidungen zu sein, sehe sich vor: Hochmut kommt vor dem Fall. Nicht nur Darm und Darmbakterien reden mit, es kommt vielleicht noch hinzu, dass Sie von außen manipuliert werden. Ja, Sie, Sie da am Smartphone, und am Computer! Kann nicht sein, denken Sie, ich habe alles unter Kontrolle. Moment mal, vielleicht haben Sie noch nicht von Captology gehört, von den Methoden, Sie zu steuern, ohne dass Sie es bemerken: Sie sollen erst handeln, dann denken — oder das Denken gleich unterlassen. Mehr dazu >Digitale Überredungstechnik lässt Menschen nach ihrer Pfeife tanzen – SPIEGEL ONLINE