Archiv des Autors: Wolfgang Reinert

Das geht in die Geschichte ein

DAS Jahr 2022 neigt sich dem Ende zu, und wir sind sicher, dass man sagen kann: Dieses Jahr wird in die Geschichte eingehen.

Wir machen hier jetzt keinen Jahresrückblick, aber zumindest das Datum 24. Februar fällt uns sofort ein. Das war der Tag, an dem Möchtegern-Eroberer-Zar Wladimir Putin einen unnötigen und ungerechtfertigten Krieg begann, indem er in das Nachbarland Ukraine einmarschierte und glaubte, mit Propagandalügen und vielen russischsprachigen Sympathisanten im angegriffenen Land einen schnellen Sieg einfahren zu können.

Doch es kam anders, denn die „ruhmreiche Rote Armee“ war offenbar längst Vergangenheit. Putin selbst lebt ja in seiner Gedankenwelt in einer Vergangenheit, die längst vorbei ist, ihm aber als Orientierungshorizont dient. Deshalb hat er im Jahr 2021 und schon davor in öffentlichen Verlautbarungen sehr stark auf Geschichte zurückgegriffen. In seiner Sicht war die Annexion der Krim (2014) eine „Wiedervereinigung“, und die beabsichtigte Eroberung der Ukraine die Zerschlagung eines Un-Staates, den es in seiner Sicht nicht geben durfte (erst recht nicht nach der politischen Wende hin zu mehr Demokratie). Die Ukraine, hieß es, sei immer Teil Russlands gewesen. Doch tatsächlich ist diese Interpretation historischer Verhältnisse umstritten, denn aus den Macht- und Abhängigkeitsverhältnissen im Mittelalter (Kiewer Rus) lassen sich nicht so einfach ethnische oder territoriale Zugehörigkeiten für die heutige Welt ableiten.

Wie auch immer, man kann ja in Allem immer etwas Anderes sehen und einen Vorgang der Geschichte anders interpretieren, als er nach allgemeingültigen Kriterien beurteilt wird. Welche „historische Wahrheit“ sich durchsetzt und allgemein anerkannt wird, ist manchmal eine Machtfrage.

Aber Macht allein kann auf Dauer nicht garantieren, dass krasse Verleugnung und Verfälschung von Geschichte nicht doch erkannt und publik gemacht wird.

Als nach Stalins Tod (1953) Nikita Chruschtschow eine Teil-Entstalinisierung begann und von Stalins Verbrechen sprach (1956), da brach für stalintreue Kommunisten nicht nur in der Sowjetunion eine Welt zusammen. Stalin wurde erstmals als der gesehen, der er war: Ein Massenmörder, der über Berge von Leichen hinwegging. Und doch wollten ihn Viele weiterhin als das verehrte „Väterchen Stalin“ sehen und weiter dem Personenkult huldigen, der Stalin so lange erstrahlen ließ.

Unter Putin wurde die Aufarbeitung der Vergangenheit unter Stalin nach Kräften zurückgedreht: Die Arbeit einer Organisation namens „Memorial“, die Verbrechen der Stalin-Ära untersucht, wurde zunehmend behindert, schließlich ganz verboten. Warum? Das könnt Ihr Euch selbst denken.*

Und was hat Putin in diesem Jahr erreicht? Zwei Dinge: 1. Er hat in einer Fehleinschätzung der Realität sein Militär vor den Augen der Welt in eine Blamage geführt, die den Nimbus einer „siegreichen Sowjetarmee“ vergessen lässt. 2. Er hat die Ukraine, eine angeblich nicht-existierende Nation, zu patriotischen Widerstand gedrängt und sie in kurzer Zeit zu einer wirklichen Nation zusammenwachsen lassen.

Zum konstituierenden Mythos der ukrainischen Nation wird in Zukunft gehören, dass sie dem übermächtigen Nachbarn die Stirn geboten hat, der sie vernichten wollte. Damit hat Putin moralisch verloren.** Und dabei haben wir noch nicht einmal von Putins moralfreier, unmenschlicher Kriegführung gesprochen.

Zu letztem Punkt muss ich darauf aufmerksam machen: Die Welt, oder die Weltgemeinschaft, darf nicht zulassen, dass Putins Verhalten der neue globale Standard bei Konflikten wird. Sie darf nicht hinnehmen, dass ein Machthaber willkürlich einen Krieg vom Zaun bricht und, mehr noch, diesen Krieg mit zahllosen Kriegsverbrechen führt. Wenn die Gründung der UN damals Lehren aus dem Zweiten Weltkrieg zog, dann ist es dringend nötig, Lehren aus den Kriegen Putins zu ziehen und eine Weltordnung zu etablieren, die als Konsequenz nicht nur Putins Regime verurteilt, sondern auch den Angriffskrieg als solchen erneut ächtet – wie das schon in den Nürnberger Prozessen gegen das Nazi-Regime geschah.

Moralisch ist das keine Frage, politisch muss es durchsetzbar sein und auch durchgesetzt werden. Und wenn es nicht anders geht, dann muss Putins Russland eben eine Niederlage einstecken und zum Frieden genötigt werden. Wie sonst, bitte schön, soll denn diese Welt ein Stück friedlicher werden? Wir haben außerdem noch andere Probleme zu lösen, von denen leider Putins Zaren-Nostalgie die Welt ablenkt. Das kommt noch zusätzlich auf sein Konto: Statt zum Fortschritt im Sinne der Menschheit beizutragen, verursacht er Chaos und Rückschritt. Damit ist seine Rolle in der Geschichte auf jeden Fall schon negativ vorgemerkt.

S. R.

P.S. Die Verbrechen Stalins betrafen die Ukraine unmittelbar: Er ließ große Mengen Getreide beschlagnahmen und ins Ausland verkaufen, um Devisen für den geplanten Aufbau der Schwerindustrie einzunehmen. Als Folge verhungerten mehrere Millionen Menschen nicht nur in der Ukraine, wo dieses Verbrechen „Holodomor“ genannt wird. Ein Denkmal in Mariupol, das seit 2004 daran erinnerte, ließen die russischen Besatzer im Oktober abreißen — auch hier zeigt sich wieder der Kampf um die Deutung der Geschichte… Schon in der Sowjetunion wurde das Gedenken an den Holodomor unterdrückt.

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*mehr zu Memorial: Memorial (Menschenrechtsorganisation) – Wikipedia

** Hätte Putin sich nicht nur mit dem historischen Großrussland, sondern auch näher mit dem Zweiten Weltkrieg in Westeuropa befasst, dann wüsste er, wie Hitlers Bombenkrieg gegen England dort zum Mythos (The Blitz) des Widerstands- und Überlebenswillen erkoren wurde, die Nation stolz machte und so zum Durchhalten animierte.

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Nachtrag am 12.12.2022: Kaum war der obige Blog-Beitrag online gegangen, da sagte Putin seine übliche große Pressekonferenz zum Jahresende ab, die heute stattfinden sollte. Man könnte da einen Zusammenhang sehen, muss man aber nicht. So verhält es sich auch mit der einen oder anderen „historischen Wahrheit“, die vielleicht nur eine kühne Hypothese ohne Belege ist, aber trotzdem Gläubige findet — weil manche Leute eben einfach glauben wollen, was ihnen so schön ins Bild zu passen scheint. Ein Beispiel, das wir alle kennen: Donald Trumps Lüge von der „gestohlenen Wahl“, die noch immer bei vielen US-Bürgern verfängt.

Dieser Tage gab es eine große Polizei-Aktion gegen sogenannte Reichsbürger. Das sind Leute, die daran glauben wollen, dass dieser Staat keine Legitimation habe und das Deutsche Reich seit 1945 de jure weiter bestehe. Diese verrückt erscheinende Vorstellung könnte man als witzige Kabarett-Nummer verstehen, und so verstand ich sie, als ich in den Nuller-Jahren zum ersten Mal davon hörte. Inzwischen ist bekannt, dass viele Leute Gefallen an dieser Vorstellung gefunden haben und — das ist der Knackpunkt — ernsthaft glauben, mit dieser gedanklichen Konstruktion real Politik machen zu können.

Inzwischen haben diese Leute gemerkt, dass sie damit in der realen Politik keinen Blumentopf gewinnen können. Einige von ihnen wollen trotzdem nicht davon lassen und verlegen sich auf verschwörerische Umtriebe gegen diesen Staat, den sie mit oder ohne „Reichsbürgertum“ pauschal ablehnen. Konkret: Einige gehen so weit, dass sie reale Verschwörungen zum Sturz der Regierung und des demokratischen Systems planen, Waffen horten, „Feindeslisten“ schreiben, Einsatzpläne für den „Tag X“ ausarbeiten und sich in eine Machtübernahme nicht nur hineinträumen, sondern sie mit gewaltbereiten Leuten real in Szene setzen wollen.

Spätestens da muss auch ein demokratischer und im Prinzip toleranter Staat eingreifen. Wäre unser Staat ein autoritäres System, dann wären diese Möchtegern-Putschisten schon lange im Vorfeld verhaftet worden. In einem Staat wie z.B. dem gegenwärtigen Russland wären sie längst im Arbeitslager inhaftiert.

Wer unser demokratisches System erst gar nicht verstanden hat, der weiß auch wenig von den Grundwerten der Demokratie und läuft daher z.B. in einer Demo der Pegida oder der Verquerdenker mit. Da entblödeten sich fehlinformierte Menschen nicht, Schilder hochzuhalten, die von einer „Merkel-Diktatur“ kündeten. Auch das wäre allenfalls als Kabarett-Witz zu gebrauchen, wenn es diese Leute nicht tatsächlich ernst meinten.

Da werden Leute, die argumentieren wollen, von solchen Demonstranten niedergebrüllt — denn „man weiß“ ja längst, dass die alle bezahlte Marionetten des Systems sind und dass die Medien gleichgeschaltet und aus dem Kanzleramt gesteuert sind.

Das wiederum fand ich ausgesprochen lustig: Diese Leute, die sich von „Russia Today“ und anderen, von der Putin-Regierung finanzierten Kanälen bestens „informiert“ fühlten, beschrieben ein Bild, das eher auf Russland passte, aber von Putin als Bild hiesiger Verhältnisse in die Köpfe unserer Bevölkerung gesetzt werden sollte. Man will die Leute hier verunsichern, indem man frech die Tatsachen auf den Kopf stellt.

Dieses Propaganda-Schema findet man heute auch in den russischen Verlautbarungen über den Krieg gegen die Ukraine. Aber in einem Krieg wundert das nicht. Und, messerscharf geschlossen: Putin sah sich anscheinend schon vor 2022 im Krieg mit den westlichen Demokratien. Warum sonst finanzierte er soviel propagandistische Unterwanderung, warum finanzierte er schon lange viele rechtsradikale Parteien und Gruppierungen im Westen?

Wer verstehen will, wie Russland sich selbst sieht, und welche Erzählung über die Geschichte dieses Selbstbild begründet, der lese, was Orlando Figes in seinem Buch Eine russische Geschichte dazu schreibt. Seit Zar Iwan IV. dem Schrecklichen wird ein Mythos von der heiligen russischen Nation und dem „Sammeln russischer Erde“ gepflegt und Großrussland beschworen, Moskau als „Drittes Rom“ und Haupt der russisch-orthodoxen Kirche etabliert und in den Köpfen verankert.

Kein Wunder also, dass Putin den Schulterschluss mit der orthodoxen Kirche vollzogen hat (Wir erinnern uns z.B. an die Protestaktion von Pussy Riot in einer Moskauer Kirche 2012, für die die Teilnehmerinnen zu mehrjährigen Haftstrafen im Arbeitslager verurteilt wurden), kein Wunder auch, dass Patriarch Kyrill Putins Krieg gegen die Ukraine (auch aus kirchenpolitischen Gründen) unterstützt.

Und das Gros der Bevölkerung Russlands folgt der mythisch überhöhten Geschichtserzählung, die den Traum eines wiederhergestellten Großrusslands als historische Sendung preist — und dabei natürlich vom Selbstbestimmungsrecht der Völker oder gar von Demokratie nichts wissen will.

Wen überrascht da noch, dass andere Autokraten ebenfalls nostalgische Großreich-Träume wieder aufwärmen, z.B. Erdogan (Osmanisches Reich) oder Orban (ungarische Minderheiten in Nachbarstaaten „heim ins Reich“ holen). Wen überrascht, dass solche Autokraten auf Machtpolitik und Drohgebärden setzen und machomäßig Stärke zeigen — anstatt den Menschen diesseits und jenseits der Grenzen Ruhe, Frieden, Handel und Verbesserung ihres Lebensstandards zu ermöglichen durch friedlichen Austausch und Verständigung.

Die rückwärts orientierten Machthaber-Träume von Grenzverschiebungen und Annexionen schüren Konflikte, führen zu Unfrieden, betonen Trennendes zwischen den Menschen statt das Gemeinsame. Grenzen auf politischen Landkarten sind — so gesehen — etwas Gestriges, Antiquiertes, und sollten in unserer Zeit keine so große Rolle mehr spielen. Denn tatsächlich wird unsere Welt mit 8 Milliarden Menschen immer mehr zum „globalen Dorf“, in dem niemand mehr so tun kann, als ginge ihn/sie die anderen Menschen nichts an.

Das Gespenst der Freiheit

Halloween? Wer bitte braucht denn sowas? Allein die Nachrichten über Russlands Krieg gegen die Ukraine reichen völlig aus, uns das Gruseln zu lehren, da kommt kein Horror-Film mehr mit: barbarische Kriegführung wie im Mittelalter, enthemmte russische Soldateska plündert, foltert, mordet… Dazu kommen, wenn man mal hinhört, die abstrusen Propaganda-Behauptungen aus Russland, die völlige Verdrehung der Tatsachen, die entmenschlichende Darstellung des ukrainischen „Feindes“ in den Staatsmedien — das sind alles keine originellen Neuheiten, Viele historisch Informierte kennen das sattsam aus Kriegen der Vergangenheit.

Aber Putin lebt ja in den Vorstellungen der Vergangenheit, er will die Zeit zurückdrehen, will sich als neuer Zar in die Geschichtsbücher einschreiben. Außerdem kennt er keine menschlichen Rücksichten (wie einige Zaren und Stalin vor ihm), weder Rücksicht auf die eigenen Soldaten noch auf die Zivilbevölkerung im angegriffenen Land. Auf Petersburger Hinterhöfen hat er als Jugendlicher gelernt, dass nur Stärke, Brutalität und Täuschung das Überleben sichern. Dann hat er in seiner Karriere im KGB gelernt, dass zum Nutzen des eigenen Machtsystems alles erlaubt ist, und mit welchen Mitteln man Menschen gefügig machen kann. Im Übrigen zählen für ihn nur Männerfreundschaften und Seilschaften (bevorzugt mit alten Kumpeln vom KGB).

Wer so gestrickt ist wie Putin, ist nicht nur Macho, er verachtet auch Demokratie und ihre Kompromisse, die viele Menschen einbinden. Und er verabscheut die freie westliche Lebensweise, weil er die Menschen lenken, bevormunden, für seine Zwecke benutzen will.

Putin denkt beim Stichwort „Halloween“ an das Gespenst der Freiheit, das seine Herrschaft in Frage stellen könnte. Dieses Schreckgespenst fürchtet er genauso wie viele andere autokratische Machthaber, wo auch immer sie in ihren Machtzentralen sitzen und Krieg gegen die Freiheit führen, sei es in China, Myanmar, Iran, Saudi-Arabien, Ägypten, Syrien, um nur einige zu nennen (Ihr könnt die Liste erweitern).

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Es ist immer entlastend, mit dem Finger auf schlimme Dinge zu zeigen, die Andere verbrochen und zu verantworten haben. Wenn ich mal im eigenen Land bleibe, dann gruselt es mich auch vor manchen (vor allem braun gefärbten) Gespenstern. Aber gruseln kann man sich nicht nur mit Blick auf die Politik.

Beispiel: eine Meldung aus der Massentierhaltung. Da werden Masthühner gezüchtet, die soviel Fleisch ansetzen, dass sie fast wie eine Kugel anwachsen und sich kaum noch fortbewegen können. Der Begriff „Qualzucht“ ist da völlig zutreffend. Ansonsten bleiben Einem die Worte im Halse stecken. Es sind nicht nur die tierquälerischen Nerz-Farmen, die verboten gehören…

Wenn Alle immer sehen könnten, was Tieren aus Gewinnsucht angetan wird, würde der Fleischkonsum sicher drastisch sinken. Gar kein Fleisch mehr essen? So weit muss man nicht gehen. Den Tieren würde es schon bedeutend besser gehen, wenn statt täglich Billigfleisch nur noch 1-2mal pro Woche gutes bzw. Bio-Fleisch auf den Tisch käme. Fleisch von Tieren, die z.B. nicht mit Antibiotika vollgepumpt wurden. Aber das habt Ihr hoffentlich schon gehört. Dann zieht daraus die Konsequenz — auch für Eure eigene Gesundheit!

W. R.

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Nachtrag am 22.11.2022: Das Gespenst der Freiheit gibt es in anderer Form auch in unserem Land, hier allerdings als Übertreibung und egoistische Auslegung des Begriffs „Freiheit“. Viele Menschen scheinen in der Pubertät stehengeblieben zu sein und handeln nach dem Motto „Hauptsache: Dagegen!“ sowie „Ich zuerst!“ und „Mir schreibt keiner was vor!“ Was dabei völlig übersehen wird: Regeln und Vorschriften wurden hierzulande in der Regel nicht willkürlich erlassen, sie dienen auch nicht dem Ziel, Freiheiten einzuschränken und Leute zu ärgern.

Einfaches Beispiel: Bauvorschriften sehen Geländer an Treppen vor, die eine gewisse Zahl von wenigen Stufen überschreiten. Wozu das? Wer auf den Stufen fehltritt oder ausrutscht, zumal im Dunkeln, der findet im Zweifel Halt am Geländer und stürzt nicht (was vor allem bei älteren Menschen oft Knochenbrüche nach sich zieht). Diese Bauvorschrift dient also der Sicherheit und Gesundheit der Menschen. Wenn nun Einer daherkommt und sagt: Interessiert mich nicht, ich lasse mir keine Vorschriften machen, ich spare das Geländer ein — wie bewerten Sie ein solches Verhalten? Kann man das Ignorieren von Regeln und Verboten entschuldigen, weil Einer zu blöde ist, den Sinn zu erkennen?

Mir scheint, dass heutzutage eine Menge Menschen das Ignorieren und Brechen von Regeln total schick finden, dass sie im Stolz auf ihren Eigensinn sogar ihr Leben im Straßenverkehr riskieren und alle Anderen für Duckmäuser halten, die noch Regeln beachten. Mehr noch, manche jubeln sich selbst zu Widerstandskämpfern hoch, die sich „vom Staat“ nichts diktieren lassen und daher gegen alles opponieren, was irgendwie vom Staat kommt. Manche sind — mit Verlaub — so bekloppt, dass sie jede Uniform als Feindbild sehen und sich selbst ermächtigen, Polizisten und sogar Rettungssanitäter oder Feuerwehrleute anzugreifen.

Tut mir leid, aber solches Verhalten verstehe ich als „neben der Kappe“, dafür gibt es keine vernünftigen Begründungen. Und was die Totalopposition gegen „den Staat“ betrifft, dazu habe ich schon ausführlich Klartext geschrieben, siehe Blog-Beitrag „Machtpolitik“ vom 11.02.2022, Fußnote „Der Staat an sich“.

Iran, Afghanistan, Pakistan… besonders in diesen Ländern unterdrücken Machthaber und ihre Gehilfen die Frauen, angeblich im Namen der Religion, angeblich im Namen religiöser Prinzipien. Dabei folgen diese Islamisten nicht dem Beispiel des Propheten (mehr dazu siehe >Höheres), sie verwechseln Männerherrschaft mit Gottes Willen. Religion wird zum Machtinstrument, der Iran zeigt es deutlich. Wie alle autoritären Machthaber machen sie ausländische Mächte für die Proteste verantwortlich und kriminalisieren die Kritik an ihrem Regime. Dabei mischen ihre Trolls im Internet mit und verbreiten Diffamierungen und Fake News gegen ihre Kritiker, auch wenn sie ins Ausland geflohen sind.

Was können Beiträge wie dieser hier, oder beispielsweise demonstrative Auftritte prominenter Frauen, die sich Haar abschneiden, bewirken? Direkte Wirkungen auf das Regime haben sie nicht, aber sie halten das Thema bei uns in der öffentlichen Diskussion und stärken moralisch die Protestierenden im Iran. —

Nachtrag am 22.10.2022 Die zentrale Frage ist doch: In was für einer Welt wollen wir leben? Wollen wir in dieser Welt, in der real 8 Milliarden Menschen leben (und überleben wollen), immer weiter mit Urgroßvaters Rezepten aus der Steinzeit wirtschaften und ständig gegeneinander um Nahrung, Gebiete, Besitz kämpfen, immer mal wieder auf gut klingende Parolen hereinfallen und Führern blind hinterherlaufen, an Waffen und Gewalt als geeignete Mittel der Durchsetzung glauben, uns egoistisch gegen andere Menschen abschotten, und uns in die Tasche lügen, dass das eben nicht anders ginge? Wollen wir weiter die Verlogenheit mittragen, die behauptet, dass wir in Europa christliche Werte vertreten, dass wir die Menschenrechte ganz hoch achten, dass wir für den Frieden in der Welt eintreten, dass wir Vorreiter von Klima- und Umweltschutz sind?

Wir leben in einem Land, das mit Waffenexporten Geld verdient, das seinen Plastikmüll zum großen Teil in andere Lander transportiert, das … ach, Ihr wisst schon, wieviel Mist vor und hinter den Kulissen läuft. Ihr wisst auch, wieviel über die Regierung gemeckert wird. Die Regierung kann aber nicht besser sein als die, die sie wählen. Wenn z.B. die gegenwärtige Bundesregierung mehr Moral in die Außenpolitik und in die Energiepolitik zu bringen versucht, hat sie automatisch mit starkem Gegenwind zu rechnen — nein, nicht so sehr aus der Bevölkerung, sondern mehr von den Lobbyisten der Wirtschaft und diversen anderen Verbänden, die weiter wie bisher auf Teufel-komm-raus Geld verdienen oder einfach nur störrisch ihre Pfründe verteidigen wollen.

Ich persönlich halte manchmal den Dauer-Meckerern entgegen: Mit den Politikern in Verantwortung möchte ich derzeit nicht tauschen. Die haben kein leichtes Leben, die müssen ständig von irgendwoher Kritik einstecken, in diesen Zeiten auch die Drohungen von diversen Knallköpfen. Dabei kritisiere ich auch Vieles, versuche aber, sachlich zu bleiben und meine Meinung mit Sachargumenten zu begründen.

In was für einer Welt wollen wir denn leben? Wo Einer dem Anderen an die Gurgel geht, wenn ihm dessen Meinung nicht passt? Wo Einer der Anderen Gewalt antut und sie erniedrigt, um vermeintlich seine Männlichkeit zu beweisen? Kann man auf so ein Verhalten stolz sein? Für wie blöde halten uns manche Dummschwätzer? Entweder habe ich Verstand und respektiere die Mitmenschen gleich welchen Geschlechts, gleich welcher Herkunft und gleich welcher Hautfarbe als prinzipiell gleichberechtigt, oder ich habe kein Recht, mich selbst auf verfassungsmäßige Rechte zu berufen oder von Menschenrechten zu faseln.

Und was da gerade im Iran vor sich geht, zeigt: Man kann mit Gewalt die Menschen eine Zeitlang knechten und unterdrücken, aber man kann sie nicht auf Dauer für blöde verkaufen.

Übrigens: Letzteres sage ich auch im Hinblick auf die populistischen Rechtaußen, die in manchen Ländern an die Macht gelangen, nachdem sie den Leuten fremdenfeindliche Parolen und falsche Träume verkauft – oder sich an die Macht geputscht haben.

W. R.

Des Menschen Kampf gegen die Natur – und sich selbst

MIT dem Beitrag „Grundsätzlich“ vom 16./17.08.2022 wäre im Grunde alles Wichtige gesagt — oder davon abzuleiten, denn ich gehe davon aus, dass BesucherInnen dieser Website und dieses Blogs die Bereitschaft mitbringen, selbst zu denken. Also muss ich ihnen nicht jede Schlussfolgerung bis ins Kleinste vorkauen bzw. vordenken.

Nachdem also das Allerwichtigste zum weiteren Vorgehen geklärt ist, kann ich ruhig noch einmal ins Detail gehen und mich einem Unterthema widmen, das sowohl unser Verhältnis zur Natur und Umwelt betrifft als auch unser Selbstbild als Gattung Homo Sapiens.

Der Homo Sapiens der Gegenwart glaubt es meist nicht, doch unterscheidet er sich biologisch nicht nennenswert von den Menschen, die vor 50tausend, ja vor 100tausend Jahren auf diesem Planeten herumliefen. Fakt ist: „Der Mensch“ ändert sich nicht dadurch, dass er in Sneakers läuft, ein Mobiltelefon benutzt oder Fischstäbchen und Fast Food verzehrt. Der Mensch glaubt, sich durch „Zivilisation“ immer weiter von der Natur zu entfernen, bleibt in Wahrheit aber selbst immer Teil der Natur.

Beweis: die Corona-Pandemie. Woher kam dieses Virus, das Covid 19 genannt wurde? Die wahrscheinlichste Annahme ist, dass es irgendwo, vermutlich auf einem Tiermarkt in China, vom Tier auf den Menschen übersprang. Von dort breitete es sich aus, weil Menschen nicht auf dieses Virus vorbereitet waren und daher keine Antikörper zur Abwehr besaßen.

Wenn Leute glauben wollen, Corona gäbe es gar nicht — geschenkt! Es gibt jede Menge anderer Viren, Bakterien, und sonstiger natürlicher Wesen, die uns krank machen können. Gegen manche haben wir Mittel gefunden oder entwickelt, die dagegen wirken und heilen. Andere setzen uns weiter zu, wenn wir das Pech haben, uns so eine Krankheit einzufangen. Will sagen: Der Natur entkommen wir nicht, weil wir selbst auch Natur sind und natürlich funktionieren wie andere Tiere auch.

Wer sich sträubt, Menschen in einem Atemzug mit Tieren zu nennen, ist noch befangen in der hochmütigen Vorstellung, dass der Mensch „Krone der Schöpfung“ sei und daher eher Gottes Ebenbild denn ein Verwandter der Tiere. Diese Einbildung mag religiös geprägt sein, widerspricht aber längst anerkannten wissenschaftlichen Feststellungen.

Der Mensch ist — allen biblischen Behauptungen zum Trotz — ein Säugetier, das erst entstand, als andere Tierarten schon hunderte von Millionen Jahren existierten. Der biblische Schöpfungsbericht schnurrt die Entstehung unseres Planeten und die Evolution des Lebens zu sieben Tagen zusammen. Das ist vom Zeitbegriff her natürlich symbolisch gemeint. Wer hätte denn zur Zeit, als diese biblische Erzählung entstand, eine Vorstellung von den wahren Zeiträumen haben können? Einen realistisch geschilderten Schöpfungsvorgang hätte doch niemand verstanden.

Ich will hier kein Seminar über die Historie biblischer Texte und die Mentalitäts- und Philosophiegeschichte der europäischen Zivilisation eröffnen. Behalten wir aber im Blick, wie abgehoben und unrealistisch wir Menschen uns oft sehen, von der Natur getrennt, in einer eigenen, höheren Sphäre. Unsinn! Nicht nur Krankheiten holen uns auf den Boden der Tatsachen zurück. Auch wenn wir menschliches Verhalten studieren, sehen wir jede Menge Parallelen zum Verhalten von Säugetieren, insbesondere von nahen Artverwandten, die wir Menschenaffen nennen.

Eine Folge dieser abgehobenen Denkweise, die in der Bibel in dem missverständlichen Satz „Macht Euch die Erde untertan“ gipfelt, sehen wir im Umgang der Menschen mit „der Natur“ (= der uns fremd gegenüberstehenden Welt). Menschen wüten geradezu gegen „die Natur“, holzen Wald in Quadratkilometern ab, fischen Meere leer, vermüllen die Ozeane, jagen Tiere bis zur Ausrottung, scheren sich einen Dreck um die zunehmende Verschmutzung des Planeten mit Abgasen, Plastik, nächtlicher Beleuchtung, Atommüll…

Daran ändert sich auch nichts, solange es als clever gilt, sich auf Kosten der Umwelt und wehrloser Menschen zu bereichern. Wenn globale Geldgier vor nichts halt macht und nur die Macht des Geldes respektiert wird, geht die Menschheit ihrem Untergang entgegen. Das ist ganz klar. Ebenso klar: Wenn die Warnungen vor der drohenden Klimakatastrophe zuwenig ernst genommen werden, kann die Menschheit langfristig nicht überleben.

I HR braucht nicht erst nach Brasilien zu schauen, wo ein Präsident namens Jair Bolsonaro den Krieg gegen die Natur für Ausbeutung und Mammon auf die Spitze treibt. Schaut Euch mal in Eurer Nähe um. Da wird es manch Einem und Einer ungemütlich: Viele Mitmenschen haben kein Problem damit, ihre Umgebung zu vermüllen. Sie haben kein Problem damit, die Verantwortung von sich zu schieben und darauf zu warten, dass „irgendwer“, der dafür zuständig sein muss, ihnen ihren Müll von der Liegewiese räumt — damit sie sich da wieder niederlassen und erneut ihren Müll hinterlassen können.

Irre: Das nennen sie dann FREIHEIT und glauben, das habe mit Verantwortung rein gar nichts zu tun. Das ist aber keine Freiheit, sondern Rücksichtslosigkeit auf Kosten Anderer und auf Kosten der Lebewesen, die außer uns Menschen auch in unserer Umwelt existieren. Welche Lebewesen (gemeint sind damit auch Pflanzen) freuen sich denn über Plastikmüll, Zigarettenkippen, Kronkorken, Glasscherben, etc. ? Das sind Fragen, die die Verantwortungsscheuen gar nicht an sich heranlassen. Denn es geht allein um die eigene Bequemlichkeit.

Ich wette, dass viele RaucherInnen gar nicht wissen, was für Schadstoffbomben ihre Kippen sind, die sie unter sich fallen lassen. Und manche kümmert selbst das nicht. Sehe ich das zu negativ? Nee, dafür habe ich schon zuviel menschliches Verhalten (und Fehlverhalten) gesehen. Muss das so sein?

Als wir Kinder waren und mit den Eltern auch mal raus „in die Natur“ wanderten und dort unser mitgebrachtes Essen verzehrten, ließen wir da zum Schluss alles liegen? Nein. Unsere Mutter leitete uns an: Was sich natürlich zersetzt, z.B. Obstschalen, das verschwand in einer Grube, die wir dafür buddelten. Und die nicht verrottbaren Abfälle kamen in eine Tüte, die wir mitnahmen, um sie in den nächsten Abfalleimer oder zu Hause in den Mülleimer zu entsorgen.

Wer jetzt hämisch meint, das sei so ein Öko-Gutmenschen-Gehabe, der nehme zur Kenntnis: Unsere Mutter war einfach nur sehr naturverbunden, sie mochte intakte Natur und wollte den Tieren und Pflanzen nicht schaden. Außerdem wollte sie die Landschaft genießen und sie nicht von Müll verunstaltet sehen. Das war kein „Gehabe“, das war ihr ein Bedürfnis, daher nur logisch und vernünftig. Und daher hatten wir Kinder auch kein Problem damit, diese Haltung unserer Mutter zu übernehmen — und als Erwachsene beizubehalten.

Wenn sich viele Leute anders verhalten und Krieg gegen die Natur immer noch angesagt finden (und sei es auch nur aus Bequemlichkeit), dann muss ich dafür kein Verständnis haben — oder? Schließlich schaden sich diese Rücksichtslosen auch selbst. Jedoch: Mancher denkfaule Plattkopf braucht Nachhilfe, um das zu erkennen. Solche Menschen brauchen Verbote und Kontrollen, die Verstöße ahnden und „Denkzettel“ verteilen. Anders lernen Manche es nie.

Manche leiden auch an einer gelernten Anspruchshaltung: Sie selbst dürfen alles, unverschämt sind immer nur die Anderen. Das sind Leute, die für Umweltschutz sind, aber sich selbst nicht einbeziehen — schon gar nicht, wenn es um eigene Bequemlichkeit geht. Und im Zweifel regen sie sich sogar über freilebende Tiere auf, die in den Parks und Grünanlagen natürliche Ausscheidungen hinterlassen. Ist das schlimmer als die Plastikverpackung, die das Kind fallen lässt, während Mutter oder Vater bewusst weg- und lieber zu den Gänsen schauen, die angeblich den Park verdrecken?*

Ja, da kommt bei Manchen hinzu, dass Erziehung der eigenen Kinder (und Vorbild sein) ihnen zuviel Mühe macht. Lieber zeigt man auf Andere…

W. R.

* Fakt ist: Im Gegensatz etwa zu Zigarettenkippen enthält Gänsekot keine Schadstoffe, und er baut sich zudem bald ab und düngt den Boden. — Zum Thema „Plastik in unserem Alltag“ lesen Sie mehr hier: (1) Plastikmüll: Verraten und verpackt – Meinung – Tagesspiegel

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Grundsätzlich…

… muss jeder Mensch bei Verstand das so sehen. Aber ist der Homo Sapiens immer bei Verstand?

Wie schon im letzten Beitrag „Welt, quo vadis?“ mit guten Gründen dargestellt: Die Menschheit überlebt nur durch Zusammmenarbeit und Verständigung, durch friedlichen Austausch und Interessenausgleich.

Vergesst allen Unfug aus Opas Mottenkiste, in die z.B. ein Putin ganz tief hineingreift, vergesst Nationalismus, Macho-Wahn, Ehrenpusselei, etc. Sowas wirft uns zurück in gewalttätige Zeiten, in denen es auch nicht gepasst hat; nur lenkte es damals nicht, wie heute, von den Problemen ab, die aktuell die ganze Menschheit betreffen.

Wer heute noch Opas schädliche Parolen vertritt, der outet sich als denkfaul, oder als begrenzt zurechnungsfähig, weil er/sie den wahren Zustand dieser Welt nicht erkennt — oder nicht sehen will. Von wegen: Homo Sapiens, da lachen ja die Hühner!

Wer geistig nicht flexibel ist und sich an alte, unheilbringende Parolen und Konzepte klammert, dem sollte man kein politisches Amt anvertrauen, am besten auch kein anderes, wo er Unsinn verbreiten könnte. Das sollte, ja müsste wenigstens ab heute und in Zukunft gelten.

Fragt sich nur noch: Wie werden wir die Knallköpfe los, die unflexibel denken, die sich wie Dinosaurier an die Macht klammern, die lieber alles in Scherben schlagen, als sich zurückzuziehen und den Zukunftsorientierten, den Menschenfreunden das Steuer zu überlassen?

W. R.

Ergänzung am 17.08.2022:

Nun kommen sicher Leute mit Kritik daher, z. B.: Das ist doch alles zu wenig konkret. Ja Leute, waren Euch viele frühere Beiträge in diesem Blog nicht konkret genug? Lesen hilft! Da wurden Namen, Parteien und sonst wer benannt, die dem Fortschritt, wie er oben beschrieben ist, im Wege stehen, die sogar erklären, dass sie zurück in die Vergangenheit marschieren wollen, dass sie für Trennendes und Diskriminierung sind, dass sie gegen friedliches Miteinander sind, dass sie Leute gegeneinander hetzen wollen, Europa zurückversetzen wollen in Zeiten kriegerischer Konflikte und völkischem Zwist. Und wir wissen doch, wo und von wem immer noch Urwälder abgeholzt werden, wo bedrohte Tier- und Pflanzenarten gejagt und ausgerottet werden, wo weiter durch Autobahnen Naturräume zerschnitten und zerstört werden; dass ernsthaft die Ausbeutung von Rohstoffen in der Tiefsee geplant wird, dass viele ignorante Regierungen ihre Bevölkerung dumm halten und zuwenig über Umwelt-Bewahrung informieren (um ihnen stattdessen Halbwahrheiten über Arbeitsplätze und rauchende Schornsteine zu erzählen) … Menschenskinder, das konntet ihr schon längst in diesem Blog und/oder auf hier verlinkten Seiten lesen. Wenn Euch das nicht reicht, dann fehlt Euch der konkrete Wille, eine erträglichere Zukunft mitzugestalten, erträglicher als das, was uns bei einem „Weiter so!“ droht.

Denn inzwischen pfeifen es die Spatzen von den Dächern: Die schlimmen Folgen des durch Menschen beschleunigten Klimawandels erleben wir immer deutlicher. Was wir erleben wollen und sollten, ist eine deutliche, wirksame Abbremsung der globalen Erderwärmung, die derzeit noch an Fahrt aufnimmt. Wir hörten hierzulande Stimmen, die sagten: Es nützt doch nichts, wenn Deutschland etwas tut und andere Länder weltweit nicht mitziehen. Das waren die Stimmen des „Weiter so!“. Wir sehen aber, dass (leider noch zu langsam) immer mehr Regierungen (zumindest mit Worten) für Klimaschutz sind. Aber der Druck auf die Ignoranten wächst. Und es wächst die Zahl der Einsichtigen, die die internationale Zusammenarbeit fördern wollen.

Eines Tages werden sogar Figuren wie Putin einsehen müssen, dass die Menschheit weder durch Krieg positiv zu beeindrucken ist, noch ihn aus der Verantwortung entlässt, für sein Land wie für die Welt die gemeinsamen Interessen in den Vordergrund zu stellen. Das wird einem Putin schwer fallen, es sei denn, er sähe sich international isoliert oder sogar geächtet. Putin ist schlau genug, um seine Politik zu ändern, wenn sich immer weniger Leute belügen lassen und ihm der Verlust der Macht droht.

P.S. Wenn wir, dle Menschen alias der Homo Sapiens, eine Zukunft haben wollen, müssen wir konsequent handeln. Wir können uns halbherziges Taktieren, das möglichst niemandem weh tut, nicht mehr leisten. Wer jetzt noch glaubt, alles könne im Prinzip laufen wie bisher, der lebt in einer Traumwelt. Wer das den Leuten immer noch ernsthaft erzählen will, ist ein populistischer Dummschwätzer.

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Welt, quo vadis?

W O steht die Welt heute? Das ist eine Frage, die wir noch vor drei Jahrzehnten gern optimistisch beantworteten. Ja, Ende des Kalten Krieges, Auflösung und Demokratisierung des Ostblocks — das ermutigte zu kühnen Zukunftsentwürfen, gar zu der These vom „Ende der Geschichte“…
Weltfrieden, internationale Verständigung und Konfliktlösung durch Interessenausgleich, viele Menschen glaubten sich an der Schwelle zu einem Friedens-Endzeitalter. Denn eigentlich weiß Homo Sapiens: „Friede ist machbar, Herr Nachbar.“

Doch bald kam Ernüchterung, z.B. beim Zerfall des Staates Jugoslawien. Es gab Kämpfe zwischen den Volksgruppen, die lange friedlich miteinander ausgekommen waren. Und das in Europa! Wir hatten geglaubt, dass Alle die Lektion der Weltkriege gelernt hätten und Krieg als Mittel der Konfliktlösung verwerfen würden. Aber da gab es die machtgeilen Scharfmacher, die ethnische Unterschiede zu Feindschaften hochjazzten und Propaganda für ein ethnisch „gesäubertes“ Territorium machten, sodass Nachbarn plötzlich zu Feinden erklärt und umgebracht oder vertrieben wurden.

Ein serbischer Politiker namens Milosevic machte sich zum Sprecher für ein „Großserbien“ und bemühte die Geschichte: Wo im Mittelalter die Osmanen in einer Schlacht dem Großserbischen Reich ein Ende gemacht hatten, da rief er 600 (!) Jahre später zum Kampf für ein neues Großserbien auf. Mit welcher Berechtigung? Egal, der Großserbien-Mythos taugte dazu, Gefolgsleute hinter sich zu sammeln und zum großen völkischen Führer zu werden.

Ein Höhe-(oder besser: Tief-)punkt dieser Aktionen war das Massaker von Srebenica (1995): Der serbische Kommandeur Mladic befahl den Mord an ca. 8000 unbewaffneten männlichen Einwohnern. Sein erklärtes Ziel: Ethnische Säuberung, Tötung waffenfähiger Menschen, Schüren von Hass bis weit in die nächsten Generationen. (Näheres > Massaker von Srebrenica – Wikipedia)

Das war ein Schock. Wie konnten zivilisierte Menschen in Europa solch einem Befehl folgen und zu Mördern werden?
Diese Frage konnte man sich jüngst auch wieder stellen, als im Frühjahr 2022 die Gräueltaten an der Zivilbevölkerung in Butscha (Ukraine) bekannt wurden.

Wir träumten von einer friedlichen, zumindest aber einer friedlicheren Welt. Und sahen: Mit milden Worten und Appellen an die Vernunft drangen wir längst nicht überall durch. Und bei Rückblicken in die Geschichte finden wir viele Beispiele: Wo man einer aufgehetzten und verrohten Soldateska freie Hand lässt, da foltert und metzelt sie wahllos alle Lebewesen, die nicht fliehen konnten. Aber ein aufgehetzter, ziviler Mob ist ebenso zu Mordtaten und Massakern fähig.

Ein wichtiger Punkt dabei ist, dass die Mörder zuvor aufgehetzt und aufgestachelt wurden, sodass sie jede Menschlichkeit vergessen und in einen Blutrausch geraten konnten. Darum richte man sein Augenmerk auf den Vorlauf: Wer hetzt, wer ruft zu Gewalt, zu Totschlag und Mord auf? Gewaltbereitschaft wird durch militante Worte und Extremismus gefördert. Wer vom Rednerpult aus Feindbilder malt und zur Aktion aufruft, der darf sich hinterher nicht aus der Mitverantwortung stehlen.

Das hat Donald Trump uns vorexerziert, als er den Sturm auf das Capitol (6. Januar 2021) befeuerte und den Mob ungebremst toben ließ. Mit in der Verantwortung stehen neben Trump andere Hetzer, die seit Langem über Medienkanäle Lügen, Hassparolen und Verschwörungsfantasien verbreiteten und nach Kräften weiterhin das politische Klima vergiften. Einer dieser Hetzer wurde jüngst in den USA aufgrund einer Privatklage zu Schadensersatz verurteilt, weil er schamlos Lügen über ein Schulmassaker verbreitete.

Doch man muss diesen Auswüchsen schon im Vorfeld wehren. Erst wenn es Tote gibt, erwägt die Politik Maßnahmen. Doch wie bisher gegengesteuert wurde, das war offenbar zu wenig. Vordringlich ist ein wirksames Vorgehen gegen Hetze und Hetzer im Netz. Da ist bisher zu wenig Erfolg — was auch an den Strukturen im Netz liegt, nämlich an den Algorithmen in den „social media“. Dort ist das Geschäftsmodell: Je krasser die Posts und Beiträge (und je dreister die Lügen), desto länger bleiben die User dabei und hecheln den Sensationen hinterher (… und desto mehr Werbe-Einschübe kann man unterbringen, mit denen fettes Geld verdient wird). Wer es noch nicht wusste, nehme zur Kenntnis: Im Internet ist nichts wirklich umsonst; vor allem die Betreiber von Social-Media-Plattformen wollen nicht sozial sein, sondern Kohle machen!

Schlimm ist dabei die Naivität oder Unbedarftheit, mit der sich viele Menschen ins Netz einloggen und da herumsurfen. Vielen ist nicht klar, dass sie nicht kostenlos surfen, sondern zahlen — nämlich mit ihren Daten, die sie im Netz hinterlassen. Manche geben sogar freiwillig jede Menge Informationen über sich und ihre Familie im Netz preis. Folge: Google weiß sehr viel über dich, auch Dinge, die du längst vergessen hast. Das Netz vergisst nichts. Damit wird Geld verdient: Daten und Profile über Menschen werden gehandelt und paketweise verkauft.

Doch Unbedarftheit sieht man leider auch in vielen Meinungen und Einstellungen von Menschen, denen es an gesundem Menschenverstand mangelt oder an politischer Bildung, und die deshalb ihre Likes an Vieles vergeben, das sie bei gründlichem Nachdenken nicht gut finden dürften. Beispiel: Sehr verbreitet und sehr berechtigt ist die Ansicht, dass Krieg Sch… ist und Friede ein wertvolles Gut. Doch wo ein Hetzer den richtigen Trigger bedient und zu spontan-emotionalen Reaktionen verleitet, da liken viele Menschen militante Äußerungen, die ihrer eigentlichen Grundeinstellung widersprechen.

Solche Menschen sollte man nicht gleich verurteilen, sondern sie eher dazu anleiten, sich mehr ihres Verstandes zu bedienen und zu überlegen, welche Folgen sich aus dieser Behauptung oder jener Aktion ergeben werden. Das ist nicht leicht für Menschen, die gern ihrem Herdentrieb folgen und sich mitziehen lassen. Aber letztlich bleibt die Verantwortung für sein Handeln oder Nichthandeln bei jedem/jeder Einzelnen.

Wenn Menschen sich daran gewöhnt haben, Autoritäten zu folgen und kritiklos zu gehorchen, dann haben es machtgierige Menschen leicht, sich zu Führern aufzuschwingen und die Menschen dahin zu lenken, wo sie gegen ihre eigenen Interessen zustimmen und folgen.

Das kann z.B. so weit führen, dass sich ein Großteil der russischen Bevölkerung von einem ausgebufften Geheimdienstmann ihre Demokratie abschwatzen lässt und ihm auch dann noch glaubt, wenn er sie in einen unnötigen Krieg führt… (Obwohl fast niemand für Krieg ist). Da wird sich dann die Welt mit Wodka schön getrunken.

Das kann auch dazu führen, dass ein Großteil der türkischen Bevölkerung sich erneut in Feindschaft gegen Kurden treiben lässt, dass sie die militärischen Abenteuer ihres Präsidenten in Nordsyrien gutheißt, dass sie nicht aufmuckt, wenn er zu seinem persönlichen Machterhalt mit konservativen religiösen Kräften paktiert und eine relativ freie Gesellschaft unter eine streng-konservativ-islamische Knute beugen will. Schon treibt er viele junge Menschen aus dem Land, indem er Freiheiten zunehmend einschränkt und sogar in diesem Jahr (man glaubt es kaum!) Rock-Konzerte und andere kulturelle Veranstaltungen verbieten lässt. Außerdem provoziert er bewusst Spannungen zum Nachbar Griechenland, damit eine Bedrohung von außen ihm hilft, die Reihen unter seiner Führung zu schließen und Kritik verstummen zu lassen.

Leider kennt die Welt derzeit gleich mehrere Machthaber, die groß auftrumpfen und ihre Macht erhalten und vergrößern wollen — ohne Rücksicht auf die Folgen ihrer Scharfmacherei, auf Kosten der eigenen Bevölkerung, auf Kosten des friedlichen Zusammenlebens der Völker. Die Menschheit im Ganzen hat noch zuwenig aus der Geschichte gelernt, um Mittel gegen solche Auswüchse zu finden und zu etablieren. Die UNO ist mit ihrem Sicherheitsrat längst kein Mittel zur Verhinderung von Krieg und Vertreibung mehr (Das sollte sie ursprünglich sein, nach der Erfahrung des Zweiten Weltkriegs).

Und Europa bekleckerte sich auch nicht mit Ruhm, als es in den 1990er Jahren darum ging, die grassierende Gewalt in Ex-Jugoslawien zu stoppen. Da mussten die USA Weltpolizist spielen und militärisch eingreifen, um die Scharfmacher an den Verhandlungstisch zu bringen.

Dabei ist eigentlich klar: Die Welt, d.h. die Menschheit ist dazu verdammt, zusammenzuarbeiten und sich zu verständigen. Ein Putin und einige andere rückwärts denkende Machthaber und Machtgierige haben das nicht kapiert, sie sind aus der Zeit gefallen. Wenn die Menschheit untergeht, dann wegen dieser Knallköpfe an der Macht sowie der Knallköpfe, die ihnen zujubeln und ihnen damit die Macht geben, die sie für ihr unheilvolles Wirken brauchen. Merke: Die Menschheit kann nur überleben, wenn sie die untauglichen Denkschablonen früherer Jahrhunderte über Bord wirft und Gegenwart und Zukunft gemeinsam gestaltet

Wir haben Probleme zu bewältigen, die nicht mit Retro-Konzepten zu lösen sind. Vergesst die alten Konzepte von Nationalstaat-Über-Alles, von Eroberungen und Grenzverschiebungen, von Uniformierung einer Nation ohne abweichende Meinungen und Lebensentwürfe… Dieser alte Kram ist Klotz am Bein der Menschheit und hindert nur beim Fortschritt, nämlich bei internationaler Zusammenarbeit und gemeinsamer Lösung weltumspannender Aufgaben.

Wenn sich die Menschheit nicht positiv zusammenrauft und gemeinsam gegen Klimakatastrophe und menschengemachte Plagen inklusive Umweltzerstörung vorgeht, dann… gute Nacht. Aber es geht nur positiv: Dass Ihr nur gemeinsam überlebt, das müsst Ihr doch einsehen! Optimisten haben den Pessimisten eins voraus: die bessere Laune. Darum redet nicht vom Untergang, sondern vom Leben und Überleben — für alle Lebewesen auf dieser unserer Erde.

W. R.

„Welt — quo vadis“ könnte auch überschrieben werden „Was die Welt braucht — und was nicht“. Dies ist ein Beitrag, der helfen soll, desorientierten Menschen den Blick für’s Ganze zu öffnen und ihren moralischen Kompass zu justieren. Auf jeden Fall muss verkündet werden, dass die alten, gewohnten Lösungen nicht mehr taugen, dass die alten Parolen nicht mehr ziehen dürfen, dass wir als Menschheit gemeinsam unsere Zukunft sichern müssen, wir als Menschheit. Unsere Zukunft aber ist gekoppelt an die Zukunft des Lebens auf diesem Planeten. Wenn wir gegen die Natur wirtschaften, verfehlen wir das Ziel. Wenn wir uns weiter von machtgeilen Egoisten spalten lassen, erst recht.

Aktueller Nachtrag am 26.09.2022: Die Wahlen in Italien vom 25.09. haben einem Bündnis rechtspopulistischer Parteien eine Mehrheit beschert. Man braucht nur wenige ihrer Parolen zu hören, und man weiß: Eine Mehrheit orientierungsloser, verunsicherter und irregeleiteter WählerInnen ist auf Retro-Parolen hereingefallen, wie so oft in der Geschichte. Die Leute lassen sich mal wieder von Dummschwätzern foppen und geben sich der vagen Hoffnung hin, es würde ihnen etwas bringen, wenn Italien wieder stolz und selbstbewusst die nationalen Interessen (auch gegen die EU) verfolgte. Solche Parolen hörten wir fast gleich schon von Trump, und z.T. auch bei den Nazis in den frühen 1930er Jahren… Das wisst Ihr ja hoffentlich. Fakt ist: Keinem Land bekommt es, wenn es sich von internationaler Zusammenarbeit abkoppelt. Italien im konkreten Fall hängt von der Hilfe der EU ab. Gerade deshalb haben wohl etliche ihre Stimme den Befürwortern von Nationalstolz und Ausländerfeindlichkeit gegeben. Ein ähnliches Phänomen hat viele Briten für den Brexit stimmen lassen. Nostalgie nach alter Größe ist ein schlechter Ratgeber, wenn die Welt sich längst ein Stück weiter gedreht hat. Die Briten merken inzwischen mehrheitlich, dass sie sich mit dem Brexit keinen Gefallen getan haben.

Und wer freut sich am meisten über dieses Wahlergebnis? Dreimal dürft Ihr raten. Es ist derjenige (Du weißt schon wer), der den rechten Parteien schon seit Langem finanziell und propagandistisch unter die Arme greift, damit sie die westliche Demokratie und ihre Freiheiten bekämpfen. Das dürfen wir uns nicht bieten lassen, und deswegen ist, bei allen pazifistischen Neigungen, derzeit das Gebot der Stunde, die Ukraine in ihrem Abwehrkampf gegen den Aggressor auch militärisch effektiv zu unterstützen.

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Nachhaltig riskant!

D A nutzen ein paar Atomkraft-Nostalgiker die Energie-Verteuerung und Putins Spielchen mit dem Gashahn, um den Atomkraftwerken wieder Akzeptanz zu verschaffen. Sie behaupten, dass es gegen alle Vernunft sei, unsere letzten Atomkraftwerke wie geplant Ende des Jahres außer Betrieb zu setzen. Diese Diskussion wird penetrant in die Medien gedrückt, obwohl es zu diesem Thema keine neuen Erkenntnisse gibt. Neu ist nicht einmal, dass Frankreich, das sehr auf Atomkraft setzt, derzeit größere Probleme damit hat.

Die Gründe für die aktuellen Probleme entnehme man diesem Artikel: Nukleare Renaissance aus Energiemangel?: Das schwarz-gelbe Trommeln für die Atomkraft ist absurd – Politik – Tagesspiegel

Andere, gravierende Probleme sind altbekannt. Neben den hohen finanziellen Kosten verursachen Atomkraftwerke Strahlungsschäden und – vor allem – einen wachsenden Berg von radioaktivem Müll, der bloß „zwischengelagert“ wird, weil es bisher in Deutschland kein sicheres Endlager dafür gibt. Sicher ist ein Endlager nur, wenn 1. aus dem Lager nichts in die Umwelt gelangen kann, und wenn 2. das für tausende von Jahren gelten kann.

Bisher hat man weltweit kaum sichere Standorte gefunden, produziert aber fleißig weiter strahlenden Müll. (Müll sind hier nicht nur abgebrannte Brennstäbe, sondern auch verstrahltes Material aus der Umgebung der Reaktoren; außerdem darf das aus dem AKW abfließende Kühlwasser nicht mit Strahlung belastet sein, d.h. nicht über bestimmte Grenzwerte hinaus). Die Sowjetunion und nachfolgend Russland haben Vieles einfach ins Meer gekippt, so wie dort viele Umweltsünden (z. B. mit Erdöl) ganze Landstriche verseucht haben. Aber auch in anderen Weltgegenden sind Betreiber von AKWs nicht immer zimperlich, wenn sie verstrahlten oder hochgiftigen Müll loswerden wollen.

Kurzum: Auch die verharmlosende Bezeichnung „Kernkraftwerke“ macht die Atomkraftwerke nicht besser. Sie sind zu Recht hierzulande ein Auslaufmodell, leider in anderen Ländern noch nicht (Frankreich, Belgien, Großbritannien, Finnland, Türkei, um nur einige in Europa zu nennen).

Man kann im Nachhinein der Ex-Kanzlerin Angela Merkel manch falsche Weichenstellung und eine Verschleppung der nötigen Energiewende ankreiden, doch ihre Kehrtwende nach der Katastrophe von Fukushima war eine richtige Entscheidung. Davon sollte man nicht abrücken. (Mehr siehe: Archive, März 2014) Das AKW ist und bleibt eine Risikotechnologie.

W. R. 19.07.2022

Ceterum Censeo: Diesem Mann (siehe Foto) ist nicht zu trauen! Der redet von Faschisten in der Ukraine und ist dabei selbst der größte Faschist seit Adolf Hitler. Zu seinem Geschäftsmodell gehört, die Wahrheit in ihr Gegenteil zu verkehren und mit Unschuldsmiene die schlimmsten Grausamkeiten zu befehlen.

24.07.2022: Wie um die obige Einschätzung zu bestätigen, ließ Putin kurz nach der Unterschrift unter das Istanbuler Abkommen über Getreideausfuhr den Hafen von Odessa mit Raketen beschießen. Darüber wundern sich nur Leute, die Putin und sein Regime immer noch falsch eingeschätzt haben.

02.08.2022: … oder immer noch nicht aus der russischen Propaganda-Erzählung ausgestiegen sind, nach der Russland von der Nato eingekreist und bedroht sei und sich mit dem Überfall auf die Ukraine (einem heimlichen Aufmarschgebiet der Nato) nur dagegen wehre. Dagegen halten könnte man ja mal mit Putins eigenen Propaganda-Waffen: Wir fordern, Ostpreußen/Region Kaliningrad mit Deutschland oder Polen wiederzuvereinigen, außerdem das ehemalige Ostpolen mit Polen wiederzuvereinigen, usw. Aus dem Steinbruch der Geschichte holen wir uns (wie Putin) ausgewählte Steine und bauen uns daraus ein eigenes Geschichtsbild.

Man könnte auch sagen: wie Chinas Diktator Xi, der androht, eine „Wiedervereinigung“ mit der Insel Taiwan militärisch zu erzwingen. Freiwillig würden die BürgerInnen von Taiwan, demokratisch regiert, mit großer Mehrheit ohnehin keinen Anschluss an China wollen. (Hongkong lässt grüßen.) Und auch hier wäre das Wort „Wiedervereinigung“ aus meiner Historiker-Sicht völlig unangebracht: Taiwan war nie Teil eines von der KP China beherrschten Staates „Volksrepublik China“, früher bei uns kurz „Rotchina“ genannt, um ihn von „Nationalchina“ zu unterscheiden, das heute „Republik Taiwan“ heißt. Da könnte mit genau demselben Grund Taiwan den Spieß umdrehen und eine Wiedervereinigung Taiwans mit einem von der kommunistischen Diktatur befreiten China als Ziel propagieren.

An angeblich historisch begründbaren Gebietsforderungen findet auch der türkische Autokrat Erdogan Gefallen: Er will die griechischen Ägäis-Inseln vor der West-Türkei zu türkischem Territorium machen. Seltsam (oder eher: bezeichnend) ist, dass solche Gebietsansprüche gern von Machtpolitikern erhoben werden, die damit Spannungen zu Nachbarstaaten provozieren und sogleich inneren Zusammenhalt gegen einen äußeren Feind einfordern… zufälligerweise (!) gerade dann, wenn die Zustimmung zu ihrer Politik im Inland schwindet.

Also, jeder um seine Macht bangende Politiker nimmt am besten einen historischen Atlas zur Hand und schaut nach, was man mit Hinweis auf igendwelche früheren Grenzen oder Einflusssphären heute „zurück“-fordern könnte. Und noch besser, wenn da ein paar Leute wohnen, die die gleiche Sprache sprechen, die kann man dann zur bedrohten Minderheit erklären, die „heim ins Reich“ wolle (egal, was die selber wollen).

Als Historiker sage ich: Gähn! Sowas hatten wir doch schon zu Genüge. Wieso verfängt das immer noch bei einigen Menschen, obwohl ihnen klar sein sollte: Wir wollen keinen Krieg, aber solche Forderungen, gekoppelt mit militärischen Drohungen, lassen uns leicht in einen Krieg hineinrutschen. Und wenn erst Krieg ist, weiß niemand im Voraus, was passiert und wie er ausgeht. Sicher ist nur: Viele verlieren ihr Leben oder ihre Gesundheit für — ja, für was eigentlich? Für wehende Fahnen auf einer Militärparade??

Die Menschen sollten längst wissen: Wo genau Staatsgrenzen verlaufen, das hat wenig Einfluss auf unser Wohlergehen, solange man sich über Grenzen hinweg friedlich (!) verständigt, miteinander Handel treibt und international auch an Wissenschaft und Forschung teilnimmt. Ein kluger Mann im Alten Rom formulierte einmal den Satz: Ubi bene, ibi patria. (Wo es mir gut geht, da ist mein Vaterland.) Wer braucht da Ideologien wie z.B. Nationalismus?

Vielleicht will Putin ja mit Krieg davon ablenken, dass es ziemlich vielen Russen nicht so gut geht. Erdogan macht es nach und rasselt mit dem Säbel, weil die Türken mit der krassen Inflation im Land zunehmend unzufrieden sind.

Um der gesamten internationalen Staatengemeinschaft vor’s Schienbein zu treten, ließ Putin dieser Tage verkünden: Ab 2024 steigt Russland aus der ISS (Internationale Raumstation) aus. Das passt übrigens ins Bild wie die o.g. Raketen auf Odessas Hafen… Er gibt vor, auf Zusammenarbeit und Austausch mit der internationalen Staatengemeinschaft verzichten zu können: wie ein trotziges Kind, das seinen Willen nicht durchsetzen konnte, mit dem Fuß aufstampft und Allen den Stinkefinger zeigt.

Nachtrag am13.08.2022: Die Russen haben das größte Atomkraftwerk Europas in Saporischschja (Ukraine) besetzt und nutzen auch dies, um dem Rest Europas Angst zu machen. Denn wenn dieses AKW durch Kriegseinwirkung beschädigt wird, kann es zu einer Katastrophe kommen, die mit der von Tschernobyl (1986) vergleichbar wäre. Putin lässt keine Prüfer der Internationalen Atombehörde auf das Gelände. Ich sehe ihn im Kreml sitzen und sich freudig die Hände reiben, wenn westliche Nachrichten von dieser Gefahr berichten. Angst machen ist seine Kernkompetenz, das hat er in seiner Jugend in Hinterhof-Schlägereien gelernt und während seiner langen Geheimdienstkarriere perfektioniert.

Wir sehen überdeutlich: Putin spielt mit der Angst im übrigen Europa, er schürt bewusst (auch über das Internet) Ängste vor radioaktiven Wolken, vor Energieknappheit im Winter, vor explodierenden Preisen auf dem Energiemarkt… Wir dürfen das Spiel nicht mitspielen und seine Wünsche erfüllen, auf gar keinen Fall! Wir müssen Kurs halten.

Seltsam übrigens: Die Atomkraft-Fans hierzulande schweigen sich aus über die Gefahr, dass jemand im Konfliktfall unsere AKWs mit Raketen treffen könnte und… (denkt selbst weiter!). Gerade in diesen Wochen sieht man in der Welt Figuren an der Macht, denen man zutrauen kann, dass sie im Zweifel damit nicht nur drohen. Ungeachtet dessen wünschen sich bestimmte Leute den Neubau weiterer Atomkraftwerke. Denen geht es dabei nur um Geld, das sie scheffeln wollen — womöglich auf unser aller Kosten, und auf Kosten vieler nachfolgender Generationen.

Nachtrag am 06.09.2022: Man glaubt es kaum, aber einige Knallchargen aus FDP und CDU (T’schuldigung, mir geht da langsam die Höflichkeit verloren) fordern unverfroren eine verstärkte Wiederaufnahme von Atom-Strom in den deutschen Energiehaushalt. Manche trompeten in die Medien was von 5 Jahren Laufzeitverlängerung für alles, was an AKWs noch nicht dauerhaft abgeschaltet ist. Und zugleich wird hämisch den Grünen vorgehalten, sie verrieten ihre Ideale, indem ihre Minister und die Parteiführung als Notlösung zwei AKWs in Süddeutschland Ende des Jahres noch nicht (wie vorgesehen) dauerhaft abschaltet.

Die jenigen, die damit die Grünen diskreditieren oder wenigstens irritieren wollen, entlarven sich damit selbst. Denn im Gegensatz zu denen, die eine verfehlte Gaspolitik zu verantworten haben (und damit unseren aktuellen Energie-Schlamassel), zeigen die Grünen in Regierungsverantwortung, dass sie ihr Handeln an der Realität ausrichten und nicht an ideologischen Positionen mit Blick auf ihre Wähler-Klientel. Wirtschaftsminister und Vizekanzler Habeck nimmt seine Verantwortung für das ganze Land wahr, im Gegensatz zu gewissen anderen Politikern bedient er nicht in erster Linie Wähler-Gruppen, und das, mit Verlaub, rechne ich ihm hoch an. Dass auch er nicht über’s Wasser wandelt und mal Fehler macht, ist klar, denn er ist auch nur ein Mensch. Dasselbe gilt für Außenministerin Baerbock, die gelegentlich auch mal Klartext redet und unter Diplomatie nicht nur Wischi-Waschi-Gerede versteht, z.B. beim Besuch in der Türkei, wo sie klarstellte, dass die Ägäischen Inseln griechisches Territorium sind und in deutscher Sicht auch bleiben — trotz des derzeitigen Säbelrasselns der türkischen Regierung.

Nachtrag zu Erdogan und der Türkei: In den 1990er Jahren machte ich gern Urlaub in der TÜrkei. Das hat sich geändert, nachdem ich gesehen habe, dass man in diesem Land besser nicht ins Visier der Polizei und der Justiz geraten sollte. Im Laufe der letzten beiden Jahrzehnte hat sich mein Eindruck verschärft: Offenbar darf man dort nicht einmal den leisen Anschein erwecken, als wolle man Erdogan und seine Politik kritisieren. Wer sowas schon mal im Internet in den Social Media gepostet hat, sollte bedenken, dass auch türkische Geheimdienste dort mitlesen. >Wegen Kritik an der Türkei: Erdogan lässt mehr als 120 Deutsche festhalten

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Weiter so? Auf keinen Fall!

Natürlich sind wir (die einigermaßen wachen und kritischen Leute) nicht durch den schlimmen Krieg Putins gegen die Ukraine abgelenkt von der Tatsache, dass fortgesetzt weiter unser Klima, die Biodiversität und unsere Ressourcen durch eiskalte Profitjäger — im Verbund mit ignoranten oder gekauften PolitikerInnen — zerstört werden. Konkretes Beispiel hierzulande: Der FDP-Bundesverkehrsminister unterläuft ganz bewusst eine notwendige Verkehrswende und handelt als Einer vom Club „Weiter so, Hauptsache die Kassen klingeln.“
Eine ausführliche Zusammenfassung unserer Lage gibt uns ein Journalist hier: https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/dws-skandal-und-nachhaltigkeitsziele-wie-wir-den-kollaps-herbeiwirtschaften-a-d768db0d-2479-40da-a136-ba9c12e0fc0b

Inzwischen kann keine/r mehr so tun, als wüsste sie/er nichts von der akuten Gefahr, die uns allen droht… und die uns in ersten Schritten schon ereilt (Stichworte: Flutkatastrophe an der Ahr etc. Juli 2021, Austrocknung unseres deutschen Waldes, u.a.m.).

Es gibt nichts Gutes, außer: man tut es. Auf das nötige Handeln kommt es an. Hier hilft kein „Augen zu und durch.“ Was sollen wir also tun? Uns informieren! Es gibt genug Infos dazu, was jede/r Einzelne tun oder ändern kann. Und es gibt Möglichkeiten, der Politik und der Wirtschaft auf die Finger zu schauen und da, wo sie ignorant weiter wirtschaften wie zuvor, ihnen auf die Füße zu treten.

Und, liebe NichtwählerInnen: Nehmt per Brief oder im Wahllokal an den Wahlen teil! Lasst Euch nicht einreden, Wählen könnte nichts ändern! Macht die Augen auf, informiert Euch und stellt fest, wie das wirklich läuft. Und macht erst dann ein Kreuz auf dem Zettel, wenn Ihr wisst, wer Eure Interessen vertritt und nicht bloß durch Dummschwätzen an die Macht will.

Wenn jemand die Gefahren des Klimawandels kleinredet, dann müssen Eure Ohren groß werden, und Euch muss klar sein: Dieser Jemand meint es nicht gut mit uns. Längst wissen wir: Den Klimawandel zu bremsen kostet nicht nur Arbeitsplätze, es schafft auch viele neue. Windräder mögen einigen Leuten im Landschaftsbild nicht gefallen, aber sie liefern ERNEUERBARE ENERGIE, und sie produzieren keine Abgase, denn sie verbrauchen kein Öl oder Gas und auch keine Kohle. Das ist uns ja in diesen Wochen drastisch klar geworden: Gut ist, wenn Energie im eigenen Land produziert wird. Noch viel besser: wenn es erneuerbare Energie ist!

Also: Die Sache ist klar. Handeln ist die Devise.

W. R.

P.S. Sich informieren — das klingt plausibel. Von Vielen hört man auf die Frage: Wie und wo informieren Sie sich? als Antwort: im Internet. Gemeint ist damit leider oft: Ich klicke an, was ich gerade so sehe, oder was Leute in social media posten… Ja, kann man machen, aber ist das „informieren“? Das ist „Kraut und Rüben“ durcheinander, vor Allem taucht da viel unseriöses Gewäsch von Wichtigtuern auf, und bewusste Falschinformation.

Letztere wird, getarnt als Einzelmeinungen aus dem Volke, von interessierter Seite ins Internet geschleust, teils auch über nicht journalistisch-professionelle Kanäle verbreitet, aber auch z.B. über Russia Today. Und konkret gesagt: Putin z.B. hat ein gesteigertes Interesse daran, bei uns Falschinformationen zu streuen und Verwirrung zu stiften; vor Allem will er unser Vertrauen in unser politisches System erschüttern und untergraben, denn die westliche Demokratie mit ihren Freiheiten für die BürgerInnen ist ihm ein Greuel. Auch andere autoritär geführte Regierungen mischen gern in unseren Internet-Foren etc. mit und versuchen, Euch mit Falschmeldungen und erfundenen Verschwörungen zu irritieren. (Mit Kopfschütteln sehe und höre ich bei gewissen Demos jene Brüllaffen marschieren, die, mit Putins Propaganda abgefüllt, wollen, dass alles in Scherben fällt, und die Freiheit abschaffen wollen, die sie hierzulande genießen.)

An einem Beispiel können wir sehen, wie Einflussnahme von außen geht, wie Putins Regime in Bulgarien agiert: (5) Desinformation in Bulgarien: „Russlands Ziel ist Zwietracht und Chaos“ – Politik – Tagesspiegel (Mehr dazu siehe unten: Nachtrag vom 18.09.2022)

Vor Allem denkt daran: Putin befiehlt die brutalstmögliche Kriegführung, sowohl gegen alles Lebendige als auch gegen die Infrastruktur, gegen die Versorgung mit Wasser, Elektrizität, gegen Krankenhäuser und Schulen… Das hat er schon in seinen anderen Kriegen so gemacht. Oder was glaubt Ihr, wovor soviele Syrer aus ihrem Land geflohen sind?

Wir, die wir Frieden genießen, können uns das trotz der Nachrichtenbilder nur schwer vorstellen. Und wie schnell wollen wir vergessen und uns wieder unseren kleinen Alltagssorgen widmen!

Putins Menschenverachtung verheizt auch die eigenen Leute hemmungslos. Gleichzeitig streut er in seltener Unverfrorenheit Lügen; so lässt er in afrikanischen Staaten verbreiten, der Westen trage die Schuld an der Getreide-Knappheit und den gestiegenen Preisen. Für den alten Geheimdienst-Zyniker ist jedes Mittel recht, um an der Macht zu bleiben und die Leute an der Nase herumzuführen. Er zeigt sich nicht nur als Zyniker, sondern auch als ausgemachtes Charakterschwein, wenn man seinen Krieg gegen die Ukraine genauer betrachtet.

Ich frage mich, wie man so einen Menschen und sein Regime noch respektieren und als Gesprächspartner akzeptieren kann. Offenbar gibt es immer noch Menschen und auch Regierungen in der Welt, die Putins Erzählungen Glauben schenken wollen und westlichen Regierungen eine Mitschuld an Putins Krieg wie an seinem eiskalten Kalkül mit Hunger geben.

Hitler wurde durch eine Kriegskoalition niedergerungen und beseitigt (nachdem Attentate gescheitert waren), heute beteuern Regierungen ständig, nicht Kriegspartei in der Ukraine werden zu wollen. Ja, wenn Ihr das nicht wollt, dann müsst Ihr mehr tun, um Putins Regime in der Welt zu ächten und als das bloßzustellen, was es ist (siehe oben). Putin hat noch zuviele Geschäftspartner und Unterstützer. Und die Sanktionen des Westens wirken erst langsam, und nicht so heftig wie anfangs erhofft.*

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* Immer wieder versuchen hierzulande Leute (Putin-Versteher? Angsthasen?), diese Sanktionen als wirkungslos oder gar als „Eigentor“ hinzustellen. Das ist falsch, denn Russland befindet sich in einem wirtschaftlichen Niedergang und wird durch die Sanktionen des Westens zusätzlich geschwächt. Putin ist kein Fachmann für Wirtschaft und hat sich offenbar nicht beraten lassen, sondern stur auf die Karte „schnelle Eroberung“ der Ukraine gesetzt. Sein „Erfolgsmodell“ sind Kriege, die er ungeachtet aller (möglichst geheim gehaltenen) Verluste den Russen als großartige Erfolge verkauft. Doch Krieg verursacht Kosten — ungeachtet des Ausgangs. Putin nimmt durch Energie-Exporte und die Preissteigerung haufenweise Geld ein, kann sich aber wegen der Sanktionen nur wenig dafür kaufen.

Wenn das lange fortdauert, arbeitet die Zeit gegen Putin, denn auch die Abhängigkeit von seinen Energielieferungen lässt bei vielen Ländern nach. Und in Russland werden die Leute allmählich merken, dass immer mehr Soldaten nicht mehr nach Hause kommen, während Russland die Ukraine immer noch nicht besiegt hat. Sie werden Fragen stellen: Wozu das Ganze? Warum wird unser Leben nicht besser, sondern schlechter?

Bei Putins zynischer Kriegführung leidet aber zunehmend auch die Ukraine, weil Putin ihr die Lebensgrundlagen zerstört. Mag sein, dass er es nicht schafft, den Staat Ukraine unter seine Kontrolle zu bringen; doch seine Bomben und Raketen tun alles, um möglichst viel Infrastruktur und möglichst viel Wirtschaft kaputtzumachen. Darum wäre es besser, nicht abzuwarten, sondern die Ukraine massiv militärisch zu stärken.

Warum? Nur so lässt sich der Krieg verkürzen, nur bei Erfolgen der ukrainischen Armee besteht Aussicht, dass Putin zu ernsthaften Verhandlungen bereit ist. Ansonsten wächst auch täglich das Ausmaß der Zerstörungen, und besonders Deutschland wird mit Aufbauhilfen auf Jahre hinaus finanziell unterstützen müssen. Eine einfache Rechnung: Wer jetzt an Waffenlieferungen spart, muss später umso mehr an Hilfsmilliarden drauflegen.

Auf jeden Fall sollte niemand hier den Ukrainern Ratschläge geben wollen, die auf Kapitulation hinauslaufen, schon gar nicht in dieser Lage.

Nachtrag am 18.09.2022 zum Thema Desinformations-Kampagnen des Kreml: Russlands Krieg gegen die Ukraine: So schafften es Wladimir Putins Lügen in den Bundestag – DER SPIEGEL Übrigens war das für klarsichtige Leute schon lange kein Geheimnis mehr: Putin lässt auf verschiedenen Kanälen und Ebenen seine Propaganda und seine Verunsicherungs-Lügen verbreiten. Das wurde auch auf dieser Website schon mehrfach angesprochen. Mehr darüber >Ukraine-Invasion: Wladimir Putins globale Rechte demaskiert sich selbst – Kolumne – DER SPIEGEL

Nachtrag am 01.11.2022, betrifft die meist unterschätzte Klimakrise, die offenbar auch Putin falsch einschätzt >Frank-Walter Steinmeiers Rede: Die harten Wahrheiten des Bundespräsidenten – Kolumne – DER SPIEGEL

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Illusionen

HABT Ihr etwa geglaubt, die wegen ihres tapferen Widerstandes vielgelobten Ukrainer würden die Russen schon in Schach halten, ohne dass Ihr massive militärische Hilfe leistet? Ohne dass Ihr die hierzulande vieldiskutierten „schweren Waffen“ liefert?

Wer bitte soll denn den über eine Million zu uns geflohenen Ukrainern den Weg zurück in die Heimat eröffnen? Habt Ihr vergessen, dass die zurückkehren wollen (in ein nicht von Putin beherrschtes Land)?

Wer bitte soll die russische Seeblockade an der Küste der Ukraine brechen, um den Weizen dahin zu exportieren, wo Hungerkatastrophen drohen? Mit welchen Waffen sollen die ukrainischen Soldaten das schaffen?

Macht Ihr Euch immer noch Illusionen darüber, dass Ihr mit Putin über all das verhandeln könntet? Oder hofft Ihr etwa, dass in der russischen Bevölkerung ein breiter Widerstand gegen Putins Regime losbrechen werde? Putin hat sie mit Propaganda und Geheimpolizei fest genug im Griff. Wer Putin und seinen Krieg kritisch sieht, verlässt, wenn möglich, das Land, um an sicherem Ort auf die Zeit nach Putin zu warten.

Statt Euch närrischen Hoffnungen hinzugeben, schickt endlich den Ukrainern die verdammten Panzerhaubitzen und Schützenpanzer und ziert Euch nicht länger (zum Gespött von Putin). Und wer hier vor Eskalation durch Waffenlieferungen warnt, hat doch eher den Schuss nicht gehört: Eskalation droht, ja, aber ganz anders, nämlich indem ein Putin, der weitere Teile der Ukraine schluckt, das als großen Sieg verkauft und die nächsten Eroberungen ins Auge fasst. Putins Denken richtet sich auf ein erneuertes Großrussisches Reich, das hat er selbst bekannt gemacht.

Verhandeln mit Putin — worüber? Wenn Ihr von Verhandlungen auf Augenhöhe oder mit Druckmitteln gegen Putin träumt, dann besetzt doch Kaliningrad mit der russischen Exklave und fordert, dass das an Deutschland, Polen oder sonst wen herausgegeben wird. So oder ähnlich würde es Putin an Eurer Stelle machen. Oder weigert Ihr Euch weiterhin zu sehen, mit wem Ihr es zu tun habt? Illusionen kosten weiterhin täglich Menschenleben.

Ja, liebe Leute, natürlich sollte „die hohe Kunst der Diplomatie“ zum Zuge kommen statt Waffengewalt. Aber sollen sich Scholz, Macron und andere westliche Politiker wieder — wie vor dem 24.2. — von Putin an einen (gefühlt) kilometerlangen Tisch setzen lassen, um ihm die Bühne für eine weitere Machtdemonstration zu bieten?

Wer bitte hätte sich denn nach den Erfahrungen von 1938/39 mit Hitler noch an einen Tisch setzen wollen? Niemand, nachdem er Zusagen am Konferenztisch (Münchner Abkommen) wie in öffentlichen Proklamationen (keine weiteren Gebietsforderungen) nicht eingehalten hatte. Im Prinzip hat Putin dieselbe Sicht wie damals Hitler auf die westlichen Demokatien: schwach, verweichlicht, uneins.

Was folgt daraus? Mit einem Autokraten oder Diktator verhandelt man aus einer Position der Stärke heraus, nicht aus einer unterlegenen, um Frieden bettelnden. Daran müssen wir uns in dieser Lage leider erinnern. Schöner wäre, die Lage wäre eine andere. Ist sie aber nicht.

W. R.

Nachtrag am 04.06.2022: Es gibt immer noch Stimmen, die indirekt oder explizit Verständnis für Putin fordern. Und Schlagzeilen in verschiedenen Medien von heute berichten, dass Frankreichs Präsident Macron davor warnt, Putin zu demütigen. Hä? Was soll das denn heißen? Sollen wir leise treten und Putin bloß nicht verärgern, sollen wir die Waffenlieferungen an die Ukraine einstellen, die Sanktionen gegen Russland fallen lassen? Was läuft da hinter den Kulissen?

Leute, denkt mal ein Stück weiter: Was soll nach dem Ende der Kämpfe passieren? Ihr, die Ihr in unzerstörten Wohnungen auf dem Sofa sitzt und über die Ukraine redet, solltet zuerst die betroffenen Menschen fragen, die den Krieg in der Ukraine ertragen müssen, und die Millionen, die vor dem Krieg geflohen sind und in Polen, Tschechien, Deutschland und anderswo auf Koffern sitzen und in die Heimat zurückkehren wollen, aber in eine Heimat, wo sich das Leben und ein Wiederaufbau lohnt.

Wir hier in Deutschland sind auf jeden Fall mit viel Geld dabei. Oder glaubt Ihr an den Weihnachtsmann, einen Putin mit Rauschebart, der zu den Kindern in die Ukraine reist und großzügig Wiederaufbauhilfe leistet für all das, was seine Truppen zerstört haben? Vom reinen moralischen Prinzip her gesehen, wäre Putin dazu verpflichtet, besonders nach all den Bomben und Raketen auf Wohngebiete, Krankenhäuser, etc. Aber moralisch hätte der Krieg auch gar nicht stattfinden dürfen — daran muss man alle erinnern, das ist nicht nur Pazifisten klar, sondern auch Kennern des Völkerrechts sowie allen einigermaßen politisch Gebildeten.

Und denkt auch an die Langzeitfolgen: Das Verhältnis zwischen Ukrainern und Russen ist durch diesen Krieg nachhaltig schwer belastet, wahrscheinlich über Generationen hinweg. Wer nur fordert, die russische Armee solle hinter den Stand vom 24.02.2022 zurückgehen, und alles wäre gut, der verkennt in naiver Weise, dass damit noch keine Wunden geheilt wären, weder körperliche noch seelische. Und die weltpolitische Lage wäre auch dann nicht dieselbe wie vor dem Überfall Russlands auf die Ukraine.

Wer meint, man könne die Ukraine ihrem Schicksal überlassen, um Putin nicht zu verärgern, oder um sich wieder anderen Themen zu widmen und diesen Krieg möglichst zu vergessen, der ist fahrlässig naiv: Der Untergang der Ukraine als Staat hätte weitreichende politische Folgen, z.B. wären ähnliche Kriege anderer Machthaber damit dann auch toleriert und hoffähig, der Krieg als Mittel der Politik würde fröhliche Urständ‘ feiern, und die Welt würde ganz offiziell mit Putin ins 18. Jahrhundert zurück marschieren. Am Ende gäbe es keine internationalen Vereinbarungen mehr, die irgendjemand noch einhalten wollte.*

Darum, muss ich leider sagen, ist rigoroser Pazifismus keine Option. Ebenso ist aber auch Leisetreterei gegenüber Autokraten keine gute Idee, egal, ob sie Orban, Erdogan oder sonstwie heißen (Ihr könnt die Liste sicher selbst um ein paar Namen verlängern). Und im Zweifel muss man sich wirklich entscheiden: gute Geschäfte und Wirtschaftsbeziehungen — oder eine einigermaßen moralisch vertretbare Politik. Wir sehen gegenwärtig Fälle, in denen diese Wahl ansteht.

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* Das kann niemand hierzulande wollen — erst recht nicht angesichts unserer viele Jahre lang vernachlässigten Bundeswehr! Deutschland würde (ohne Nato-Beistand) zum Spielball von Militärmächten — und müsste eine Schweizergarde zukaufen, um sich einigermaßen verteidigen zu können. —

Ergänzung am 07.06.2022 zur Frage: Wie geht es weiter? > Ukraine-Krieg: Noch einer von Wladimir Putins endlosen Kriegen, die in Vergessenheit geraten – DER SPIEGEL

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Ein Hoch auf Tony Rinaudo!

Tony Rinaudo, ein Wissenschaftler aus Australien, wird zum Gegenpol einer Figur wie Putin: Tony macht die Welt eine bisschen besser, indem er Menschen in Afrika lehrt, vorhandene Ressourcen zu beleben und in trockenen Gebieten neuen Wald entstehen zu lassen. Dagegen sorgt Putin für das Gegenteil, er bringt Zerstörung, Leid und Tod über die Bevölkerung eines Landes, greift seine Lebensgrundlagen an und terrorisiert die Menschen durch eine barbarische Kriegführung. Leider kann man einen solchen skrupellosen Menschenfeind nicht einfach totschweigen, weil er zuviel Macht hat und mit allen Mitteln seine Macht noch ausdehnen will.
Umso mehr muss man auf die positiven Beispiele von Menschen wie Tony Rinaudo schauen! Er sorgt dafür, dass es vielen Menschen besser geht, dass vertrocknetes Land wieder ergrünt und damit auch das Klima günstig beeinflusst wird. Er geht zu den Menschen und zeigt ihnen, wie sie sich selbst helfen können und zugleich die Welt ein bisschen verbessern.
Dafür bekam Tony bereits den Alternativen Nobelpreis, Volker Schlöndorff machte einen Film über ihn >Volker Schlöndorffs Kino-Doku „Der Waldmacher“: Tony Rinaudo und das Wunder der Bäume – SWR2. Tonys Beispiel kann Viele ermutigen, Viele zur Nachahmung begeistern oder ihren Esprit zu anderen produktiven Projekten befeuern.
Nicht so Putin: Er befeuert neue Krisen und verstärkt alte, etwa indem er durch Zerstörungen in der Ukraine, einer Kornkammer der Welt, die Lebensmittel sehr verteuert und vor allem ärmere Länder damit trifft sowie diejenigen, in denen derzeitige Trockenheit eh schon zu Hunger führt, z.B. in Afghanistan oder in mehreren Ländern Ostafrikas. Aber der alte Geheimdienst-Zyniker hat da gar keine Skrupel, er verursacht absichtlich Chaos und Krisen in der Hoffnung, damit viel Schaden anzurichten, vor allem die westliche Welt in die Bredouille zu bringen und seine Retro-Vorstellung vom großrussischen Reich zu verwirklichen. Wozu sonst hat er jahrelang seine Armee hochgerüstet?
Man braucht es ihm nicht zu wünschen, er wird auch so mit seiner gewalttätigen Politik scheitern. Schon jetzt steht er in der Welt als Regierungschef da, dem man nicht trauen kann und mit dem man besser keine Verträge mehr schließt. Das wollte mit Hitler auch keiner mehr, als klar geworden war, mit wem man es zu tun hatte.
Darum ist klar: Putin darf nicht gewinnen.
Und, ganz wichtig: Vergesst das Positive nicht, erhebt Euer Glas und trinkt auf Tony Rinaudo und alle friedlichen Menschen! Und wenn Ihr könnt, dann überlegt, ob Euch Tonys Beispiel zu etwas inspiriert, mit dem Ihr die Welt auch ein wenig freundlicher, friedlicher und besser machen könntet.
W. R.

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