Archiv der Kategorie: Donald Trump

Da die USA kein unwichtiges Land sind, und da ihr Präsident ein mächtiger Mann ist, muss diesem Präsidenten eine gewisse Aufmerksamkeit gewidmet werden – selbst nach seiner Abwahl

Man war gewarnt

Schon vor Monaten war hier unter der Überschrift „Wie ertragen die das?“ ein Fazit zu Donald Trump zu lesen. Der Noch-Präsident beweist in den letzten Wochen fast täglich, dass unsere Beurteilung seiner Person als Präsident der USA zutrifft. Die Ereignisse des 6. Januar 2021 sind eine fast logische Fortsetzung.

Der Vorgang ist ungeheuerlich, aber im Hinblick auf Trump nicht sehr überraschend. Denn er wiederholte praktisch nur, was er schon mit seinem Aufruf „Befreit Michigan“ im April 2020 angezettelt hatte: Anstiftung zum Aufruhr und zur Gewalt gegen demokratisch legitimierte AmtsinhaberInnen, gefolgt von der Erstürmung des Parlamentsgebäudes durch bewaffnete Trump-Fans und Rechtsradikale.

Wenn sich das Land nicht konsequent gegen einen solch untragbaren Präsidenten wehrt, dann kann es einem leid tun. Es scheint für Trumps unpolitisch-aufrührerische Haltung in den USA soviel Unterstützung zu geben, dass am 6.1. das Capitol nicht wirksam vor dem Mob geschützt wurde. Man war doch gewarnt (siehe oben : Michigan)! Und darum werden da noch viele konkrete Fragen beantwortet werden müssen.

Der angerichtete Schaden ist immens. Das aber kümmert einen Trump wenig. Er nimmt auf nichts und niemanden Rücksicht und sieht nur seine persönlichen Interessen. Ob das irgendwann auch die Mehrheit seiner Partei, der Republikaner, erkennen wird?

W. R.

Nachtrag am 29.01.2021: Professor Noam Chomsky sagte kürzlich in einem Interview, es fühle sich gut an, diesen „bösartigen Tumor“ los zu sein: „Die Trump-Regierung war die gefährlichste Regierung der Weltgeschichte.“

Nachtrag am 24.02.2021: Trump schäumt, denn sogar der Supreme Court hat es (einstimmig!) abgelehnt, Trump vor Offenlegung seiner Steuerunterlagen zu schützen. Typisch Trump, versteigt er sich dazu, das als „Faschismus“ zu beschimpfen.

Ich musste laut lachen, als ich das in der Zeitung las. Trump greift wie immer wahllos zu irgendwelchen Anwürfen gegen Leute, die ihn kritisieren oder nicht nach seiner Pfeife tanzen. Noch schlimmer: Er zeigt damit seine mangelnde Bildung, weil er nicht weiß, was man unter Faschismus versteht. Oder es ist ihm völlig egal, und das zeigt wieder einmal sein skrupelloses Dummschwätzen, weil er seine Anhänger (zu recht?) für so ungebildet hält, dass sie ihm blind alles glauben, auch sein Geschwätz von Wahlbetrug.

Übrigens: Wer mehr über Faschismus wissen will (und was der Begriff wirklich meint), der findet dazu mehr im Beitrag „Liebe Faschisten?“ vom 02.10.2020.

Nachtrag am 23.07.2021: Trump bleibt Trump, gibt keine Ruhe und will sich (wie so oft schon) mit skandalösen Lügen in die Medien puschen. Trump spricht in Interview über den Sturm auf das US-Kapitol – Politik – SZ.de Sachlichkeit kennt er nicht, ihm geht es immer um die dicke Keule und den Widerhall bei seinen Anhängern. So war auch seine Politik als Präsident, auch die Außenpolitik, reine Innenpolitik mit Blick auf den Beifall seiner Wähler (-Innen, muss ich leider hinzufügen, denn, kaum glaublich: Auch Frauen wählten ihn trotz seiner frauenverachtenden Äußerungen).

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Endlich Beweise!!

Virologen sind überrascht: Das hätten sie nicht gedacht! Da greift ein offenbar ansteckender Keim um sich, der sich Dummheit nennt. Leute, die davon infiziert werden, glauben jeden Mist, der im Internet verbreitet wird, und liken fleißig unwissenschaftlichen Murks, der aber so schön glaubhaft daherkommt. Eine Menge dieser Infizierten konnte man heute* in Berlin in einer Demo laufen sehen: Die Gefahr des Corona-Virus leugnen sie und stellen die große Mehrheit der Wissenschaftler als Lügner hin, sie selbst hingegen sind die erleuchteten Durchblicker, die die ganze Corona-Verschwörung durchschauen! Grandios. Und woher beziehen sie ihre Informationen? Von dubiosen, dafür aber heilsbringerisch auftretenden Leuten in den sozialen Medien und auf YouTube-Kanälen.

Ich weiß, wovon ich rede, schließlich habe ich mir ein paar von denen angeschaut und angehört, weil ich mich vorurteilsfrei aus verschiedenen Quellen informieren möchte. Und ich stellte fest: Wer genau hinhört, merkt schnell, wo die Schwachstellen dieser „Enthüllungen“ sind – aber viele Verschwörungsgläubige hören ja nur noch kritisch hin, wenn etwas von seriösen „Mainstream“- -Medien kommt.

Dabei wissen sie noch nicht von einer wahrhaft skandalösen Verschwörung:

Rechtsradikale, „Reichsbürger“, durchgeknallte Sektenführer, russische und chinesische Agenten und Trumps nun abgelöster US-Botschafter (der Merkel ebenso hasst wie sein Chef) haben unbemerkt eine Substanz in das Kerosin sämtlicher Verkehrsflugzeuge gemischt, die Deutschland überfliegen. Die Kondensstreifen dieser Flugzeuge verteilen …

… Verdummungs-Aerosole über das Land. Wie die Corona-kritischen Demos zeigen, haben sie damit schon Erfolge erzielt, besonders bei Leuten, die sich nicht mit Gesichtsmasken schützen.
Damit Ihr das glaubt, gehe ich mit dieser Enthüllung morgen in die sozialen Netzwerke und eröffne zusätzlich einen YouTube-Kanal, wo diese Verschwörung aufgedeckt wird. Parole: „Endlich Beweise!!“ Wetten, dass ich hohe Klickzahlen und massenhaft Likes kriege?
W. R.

*Coronaleugner demonstrieren in Berlin: „Ihr denkt, ihr werdet verschont von den Tribunalen? Werdet ihr nicht!“ – Berlin – Tagesspiegel.

Die Verwirrten rufen auf der Demo nach Freiheit. Ja, was denn noch? Ihr nehmt Euch schon die Freiheit heraus, die Infektionsgefahr zu missachten, das Ansteckungsrisiko für Andere und damit deren Wunsch, frei und gesund zu bleiben, zu missachten. Die Freiheit, Party zu machen und in Gruppen dicht gedrängt herumzustehen ist Euch wichtiger als der Schutz Eurer eigenen und der Gesundheit Anderer, nicht zu reden von den Älteren und Immungeschwächten, die eine Covid-19-Infektion schwerkrank machen kann, auch im Hinblick auf Langzeitfolgen. Eure persönliche Freiheit ist der egoistische Wunsch, jederzeit zu tun oder zu lassen, was Euch gerade gefällt, ohne Rücksicht auf irgendwen und irgendwas. Wenn Ihr ältere Verwandte ansteckt – was soll’s, Ihr seid Euch natürlich keiner Schuld bewusst und feiert weiter.

Niemand will Euch – gerade in diesem Land – Eure Freiheit einschränken, darum geht es nicht. Hier geht es darum, die Bevölkerung (eingeschlossen Euch selbst) vor einer Erkrankung zu schützen, von der niemand im Voraus sagen kann, wen sie in welcher Heftigkeit treffen wird – wenn erst die Infektion da ist. Wir wissen noch nicht einmal, wie lange eine überstandene Infektion immun macht. Wir wissen aber, dass eine Anzahl Infizierter sehr schwere Krankheitsverläufe hatten, und dass einige daran gestorben sind.

Ich meine: Freiheit bedeutet Selbstverantwortung. Sichgehenlassen ist was für Besoffene, die sich nicht mehr im Griff haben. Wer sich nur hemmungslos austoben will, hat das noch nicht verstanden. Meine Freiheit besteht darin, mich nach eigenem Verstand zu entscheiden: Will ich gesund bleiben? Will ich mich sozial verhalten und Rücksicht auf Andere nehmen? Es hat in meinen Augen auch etwas mit Menschenwürde zu tun, wenn ich als Mensch wahrnehme, dass andere Menschen genauso Rechte haben und ihre Freiheit nicht durch mein Verhalten eingeschränkt sehen wollen. Und ehe Ihr Euch auf das Grundgesetz beruft, schaut doch erst einmal nach, was da überhaupt drin steht, z.B. im Artikel 1. Und lest auch Artikel 2 mal in Ruhe durch.

W. R.

Nachtrag am 12.09.2020: Die Verquerdenker demonstrieren immer noch gegen — was eigentlich? Dagegen, dass der Staat seiner Pflicht zur Daseinsvorsorge für die Bevölkerung nachkommt? Oder für das Recht auf Dummheit? So langsam fragen sich die Vernünftigen: Was soll das?

Heute kommt die Antwort! Achten Sie auf das erste Foto in diesem Bericht: Proteste gegen Corona-Maßnahmen: Polizei stoppt Demo in München – 10.000 unterwegs – Politik – Tagesspiegel Da enthüllt ein von Demonstranten gezeigtes Banner die Erklärung: Corona bringt als Nebenwirkung auch Verblödung unter die Leute! Damit ist das Rätsel gelöst: Weniger die Aerosole aus Kondensstreifen (s.o.), vielmehr das Covid19-Virus selbst ist eine Virus-Mutation, die viele Infizierte nicht mehr klar denken lässt. Die Infizierten selbst merken nichts, weil die Erkrankung oft symptomfrei verläuft. Und der Volksmund weiß schon lange: Blödheit tut nicht weh. Darum merken jene Demonstranten auf dem Foto nicht, dass sie ein Eigentor schießen.

Aber so isser, der Homo Sapiens: Leicht lässt er sich mitziehen, schöner als Selbstdenken ist die wohlige Wärme der Herde, da guckt man nicht mehr so genau hin, wer da alles unter welcher Flagge mitläuft …

Noch ein Nachtrag am 15.11.2020: Dass diese Verquerdenker den Begriff „Querdenker“ okkupiert haben, dass einige sich Corona-„Rebellen“ nennen, ist eine Anmaßung, die nichts Anderes ist als Etikettenschwindel. Das Wort Querdenker war früher eher positiv besetzt und bezeichnete nonkonformistisch und evtl. innovativ denkende Einzelgänger, die u.U. durchaus inspirierende Impulse einbrachten. Solche Qualitäten kann ich bei dieser Initiative nicht erkennen.

Schon eher sehe ich da Leute, die nach einer bei Nazis beliebten Methode Begriffe besetzen und umdeuten, um Leute zu irritieren und zu behumsen. Nicht zufällig mischen sich Neonazis erkennbar unter die Demonstranten und verbinden das Corona-Leugnen mit ihrer staatsfeindlichen Gesinnung. Was auch bedeutet: Wer mit dem Grundgesetz in der Hand gegen Corona-Maßnahmen protestiert und dabei die Nähe staatsfeindlicher Mitmarschierer duldet, der … (denken Sie selbst weiter!).

Und wer schon nachgedacht hat, münzt das folgende Zitat aus Goethes „Faust“ I, 2128f., gesprochen von Mephisto in Auerbachs Keller, auf die aktuelle Situation:

Den Teufel spürt das Völkchen nie / Und wenn er sie beim Kragen hätte.

Wie ertragen die das?

IR sehen, es geht: Ein großes Land wählt einen inkompetenten Dödel zum Präsidenten, der sich durch schlechtes Benehmen, großmaulige Ankündigungen, schamloses Selbstlob, und irrlichternde Entscheidungen immer wieder selbst disqualifiziert. Und dennoch, oder gerade deswegen, lieben und unterstützen ihn seine Anhänger, denn seht, er ist einer von uns, er redet und benimmt sich wie wir, wir verstehen ihn und er uns, einen besseren Präsidenten können wir uns gar nicht vorstellen.
So scheint das für Donald Trump zu funktionieren. Und wenn er Glück hat, kann das sogar für seine Wiederwahl funktionieren. Jedenfalls ordnet er alles diesem Ziel unter. Das Wohl des Landes interessiert ihn nur soweit, wie er sich als mächtiger Präsident wohlfühlen und in Szene setzen kann. In den Augen von Menschen, die nicht zu seinen Wählern und Anhängern zählen, ist er eine schlechte Karikatur eines geltungssüchtigen Möchtegern-Fürsten mit absolutistischem Glanz. Solche Kritik stört aber einen Trump nicht, ihm ist nur wichtig, bei seinen Anhängern gut anzukommen.
Man möchte eigentlich gar nicht mehr über ihn reden, aber das geht nicht, wenn so ein unreifer Kindskopf dieses Amt innehat und einfach nicht die Klappe halten kann – und wieder mal Mist baut, für den Andere verantwortlich sein sollen. Es gibt dafür mittlerweile zahlreiche Beispiele. Und weil er es nicht versteht, dass es gut wäre, auch mal den Mund zu halten, liefert er zuverlässig immer neue Klöpse und Aufreger. Er muss zu Allem unreflektiert seinen Senf geben, am liebsten über Twitter; das kommt seinen knappen, kindisch übertriebenen Formulierungsmöglichkeiten entgegen.

Aber genau damit verhält er sich so wie die Mehrheit der Menschen, die in den „sozialen Netzwerken“ unterwegs sind: Nachricht und Unfug werden oberflächlich wahrgenommen, nebeneinander gestellt, gleichwertig konsumiert, und spontan gelikt, kommentiert, geteilt. Auch Trump hat keine Ahnung, was guter Journalismus ist, für ihn ist eine Meldung bei den rechtslastigen Fox-News, die ihm spontan gefällt, mehr wert als ein Artikel in der New York Times, der nach den Regeln des Journalismus recherchiert wurde und dessen Autor seine Quellen kritisch geprüft hat.

So beschimpft er denn auch Vertreter des Qualitäts-Journalismus auf seinen Pressekonferenzen oft: „You are Fake News!“ Denn Kritik und kluge Einwände mag er gar nicht, und demgemäß verhält er sich, er lobt, er beschimpft, er prahlt aus dem Bauch heraus. Mit der Wahrheit nimmt er es auch nicht genau, er lässt sich beim Lügen ertappen, er sucht die Schuld für seine Fehler immer bei Anderen – eine Erklärung dafür, dass in seinem Beraterkreis eine hohe Fluktuation herrscht. Das verstärkt noch die Tendenz zu sprunghafter und planloser Politik.

Schlimmer geht immer: In der Corona-Krise heizt er die aggressive Stimmung an, spaltet weiter das Land, ruft indirekt zum Sturz von Gouverneuren auf, die wirksame Maßnahmen durchsetzen – sofern es Demokraten sind: „Befreit Michigan!“ Und schon rotten sich bewaffnete Demonstranten vor dem Gouverneurs-Amtssitz zusammen. Das bewegt sich schon gefährlich in die Nähe eines Bürgerkriegs.

„Make America great again“ – dass ich nicht lache! Trump demontiert das Ansehen der USA wie ein Horrorclown. Armes Amerika! Da bleibt einem das Lachen im Halse stecken. Wie ertragen die Vernünftigen im Lande das nur?*

W. R.

*Antwort: gar nicht. (5) Eine Weltmacht höhlt sich selbst aus: Die USA sind auf dem Weg zu einem „failed state“ – Politik – Tagesspiegel

Nachtrag am 04.05.2020: Wie könnte es anders sein, nicht nur in den USA, sondern auch bei uns versuchen verschiedene Akteure, auf der Corona-Krise ihr eigenes Süppchen zu kochen: „Das wird man ja wohl mal sagen dürfen“: Der fehlgeleitete Furor der Corona-Kritiker – Politik – Tagesspiegel

Aktueller Einwurf Juni 2020:

Nachtrag im Juli 2020: Wer die Nachrichten verfolgt, sieht, dass es über Trump im Prinzip nichts Neues zu melden gibt. In der Bevölkerung scheint aber der Überdruß an seiner Schaumschlägerei zu wachsen. Denn die Menschen müssen seine verfehlte Politik der Verharmlosung des Covid 19 Virus ausbaden. Sie glauben immer weniger seinen markigen Beteuerungen des „Wir haben alles im Griff“. Und sein autoritäres, brachiales Vorgehen gegen Demonstranten kommt nicht gut an bei Leuten, die noch an die Demokratie im Lande glauben wollen.

Typisch für Trump sind auch seine sprunghaften Kehrtwendungen. Monatelang lehnte er es ab, mit Mund-Nasen-Schutz aufzutreten. Dann plötzlich zeigt er sich mit Maske und sagt, er habe nie etwas gegen die Masken gehabt. Dass seine Anhänger ihrem Vorbild folgten und mehrheitlich seine Wahlveranstaltungen ohne Masken besuchten, dass danach die Infektionszahlen in derselben Gegend sprunghaft anstiegen – das interessiert einen Trump nicht. Hauptsache, er hatte seine Show.

Was interessiert einen Trump überhaupt? Dass er Beifall bekommt, dass er wiedergewählt wird. Mit Wissenschaft und Fakten hat er nichts (Gutes) im Sinn, weil die oft seinen Behauptungen und Lügen widersprechen. Konkret: >US-Wahl: „Dass Trump Republikaner ist, ist zweitrangig“ – Medien – SZ.de

Nachtrag am 24.12.2020: Trump ist abgewählt, aber noch im Amt. Und er treibt Unfug und egoistische Manöver bis zuletzt, siehe > US-Präsident Donald Trump: Präsident gnadenlos – Politik – SZ.de

Trump will rundum alle dafür strafen, dass sich seine Erzählung vom (nicht belegten) „Wahlbetrug“ nicht durchsetzt. Das kommt davon, wenn man so einen egozentrischen Kindskopf zum Präsidenten wählt. Doch Schadenfreude ist unangebracht, weil Trump noch bis 20.01.2021 weiteren Schaden anrichten kann. Sein Nachfolger kann einem jetzt schon leid tun.

Es geht ohne „starken Mann!“

In der Corona-Krise fallen die Masken der Populisten und Autokraten (Selbstherrscher). Erst leugnen sie die Pandemie, dann überlegen sie, wie sie die Krise für sich nutzen können: Sie spielen „Starker Mann“ und sperren die Landesgrenzen (weil angeblich alles Schlechte mal wieder aus dem Ausland kommt), als Nächstes greifen sie zum weitreichenden Mittel einer Ausgangssperre; doch sie erweisen sich als unfähig und machtlos gegen die Krise.

Let’s think of the wavering millions
Who need leaders but get gamblers instead
(heißt es in Salt of the Earth, einem Lied der Rolling Stones)

Leider sind die „wavering millions“ (kann man übersetzen mit „wankelmütige Massen“) in gewisser Hinsicht auch unbelehrbar. So gab es in der Nachkriegszeit in Deutschland viele Menschen, die in der Nazizeit sozialisiert waren und im Bestand ihrer eingetrichterten Lebensweisheiten einfache Botschaften mitschleppten wie den Mythos vom „starken Mann“, der in schwieriger Lage „durchgreifen“ und „Ordnung schaffen“ sollte/könne/müsste/werde, Menschen, die den Parlamentarismus der westlichen Demokratie mit dem Diskutieren und Debattieren verschiedener politischer Lösungen als zu langwierig und als geistig anstrengend empfanden und daher für „schnelle Lösungen“ plädierten, dabei auch brachiale Hauruck-Verfahren in Kauf nehmen wollten (solange sie selbst davon nicht Schaden nahmen).

Und in Ländern, in denen die Menschen jahrzehntelang von sozialistischen Diktaturen gegängelt und kontrolliert wurden, fehlt Vielen ohnehin die politische Bildung, um sich vorzustellen, wie parlamentarische Demokratie funktioniert, und wie Wahlen mit einem durch freie Medien informierten Wahlvolk funktionieren.

Leider scheint das auch auf viele Menschen im „Mutterland der Demokratie“, in Großbritannien, zuzutreffen. Wie sonst erklären wir uns die Brexit-Abstimmung? Ja klar, zuerst damit, dass nicht „leaders“, sondern „gamblers“ das Wahlvolk in den Brexit getrieben haben, denen persönliche Profilierung und Parteipolitik wichtiger waren als das Wohl des Landes und seiner Bevölkerung. Erst recht sehen wir solche Machtpolitik in der Türkei, wo gerade (wegen Corona) jede Menge Kriminelle aus den überfüllten Gefängnissen entlassen werden, während die Massen an politischen Häftlingen drin bleiben — weil Präsident Erdogan das so will. Da haben wir ein „schönes“ Beispiel für den Unfug vom „starken Mann“, der angeblich einem Land gut tut.

Gegen diesen Unfug hilft nur, eine Demokratie, wo sie vorhanden ist und leidlich funktioniert, vor der Gefahr der Aushöhlung durch Machtkonzentration, Aufhebung der Gewaltenteilung und Einschränkung der Meinungsfreiheit zu schützen. Was diese Bedrohung anrichtet, sehen wir derzeit z.B. in Ungarn oder Polen.

Aber auch der Troll im Weißen Haus in Washington tut so, als sei die in der Verfassung verankerte Gewaltenteilung etwas Lästiges und Überflüssiges, jedenfalls da, wo sie seinem Ego und seinen persönlichen Interessen im Wege steht. Sein platter Slogan „Make America great again“ ist ein gutes Beispiel für nationalistische Augenwischerei. Egomanen wie Trump unterscheiden nicht zwischen nationalem Interesse und Eigeninteresse, sie meinen: Ist doch klar, dass mein Vorteil der des Landes ist. So wird in vielen Ländern Nationalismus als Ablenkung und Betrug am Wähler benutzt, von China bis Großbritannien, von Russland bis in die USA, und bis Brasilien. Und auch bei uns, wer hätte das gedacht, versuchen einige Polit-Chaoten, die nationalistische Karte zu spielen und die Leute zu behumsen, als lebten wir in den 1930er Jahren.

Wollen wir hoffen, dass es weiterhin in diesem Lande genug Leute gibt, die politisch gebildet und wachen Geistes aufpassen, dass die Lehren aus den Diktatur-Zeiten in Deutschland nicht vergessen werden. Es wäre schön, wenn auch im übrigen Europa die Menschen das Denken nicht vergessen würden und sich erinnern, was für Unheil uns droht, wenn wir wie Lemminge den Volksverführern hinterherlaufen.

W. R.

P.S.  Der Bundestag beschließt am 27.03.20 im beschleunigten Verfahren ein Gesetzespaket zur Unterstützung der Wirtschaft. Gut so, denn damit beweist das demokratische System, dass es in der Krise handlungsfähig ist (und keinen „starken Mann“ braucht).

P.P.S. Ungarns „starker Mann“ Victor Orban ergreift am 30.03.20 die Gelegenheit, anlässlich der Corona-Krise mit einem Ermächtigungsgesetz seine Macht auszuweiten (Das Parlament entmachtet sich selbst per Beschluss) und gleich auch noch die Presse- und Meinungsfreiheit weiter zu reduzieren. Heil, Orban! — oder was? Was nun, Wertegemeinschaft Europäische Union? Man denke mal in Ruhe über die Folgen nach: Ungarn: Viktor Orbán beschädigt die Demokratie – DER SPIEGEL  Der Schaden ist größer, als es auf den ersten Blick scheint!

Die USA sind auch derzeit mit einem „starken Mann“ gesegnet, der nicht einmal merkt, was für eine unernste Figur er macht: Vom Coronavirus völlig überfordert: Trumps Narzissmus wird zur tödlichen Bedrohung für die USA – Politik – Tagesspiegel

Die Evangelikalen, die Trump und Bolsonaro begeistert unterstützen, behaupten: Die Corona-Pandemie ist eine Strafe Gottes für die Sünden der Menschen. Nicht gerade originell, das Muster war schon im Mittelalter gängig in den christlichen Kirchen. Und welche Sünden straft Gott jetzt? Die Evangelikalen haben es direkt von Gott erfahren: Sexuelle Freizügigkeit, Abtreibungen, offen gelebte Homosexualität, und alles, was einem Konservativen in einer

Trump: 2015 zeigte er schon, wes Geistes Kind er ist

modernen, offenen Gesellschaft missfällt. Wer käme da noch auf den Gedanken zu überlegen, ob Gott nicht andere Sünden missfallen, z.B. der Missbrauch der christlichen Religion für tagespolitische Zwecke, z.B. die Instrumentalisierung Gottes für ganz irdische Auseinandersetzungen, etwa um eigene Moralvorstellungen durchzusetzen, z.B. die Leugnung der ursprünglichen Botschaft eines Jesus von Nazareth… durch Waffenverherrlichung und Förderung einer frauenfeindlichen Gewaltkultur.

Köln-Notizen Aug. ’19

Folgen des Klimawandels berühren uns nicht — oder doch? Na gut, da waren zwei Hitze-Sommer, da waren in verschiedenen Regionen „Jahrhundertfluten“, ja mei, das kann halt passieren, das Wetter ist halt unzuverlässig, oder? Jetzt bombardieren sie uns vermehrt mit Meldungen von Klimaschäden: riesige Waldbrände in Sibirien, zuviel Wärme in der Arktis und schnelles Abschmelzen des Eises, und so.  Fehlt noch ein Sack Reis, der in China umfällt, oder was?
Und jetzt dies: Hier bei uns, z.B. im Kölner Stadtwald, werden vermehrt Buchen und andere Bäume gefällt, weil sie vertrocknen oder wegen Trockenheit anfälliger für Pilze und Schädlinge geworden sind und umzufallen drohen. Und ein Biologe stellt fest, dass er schon mehrere Tigermücken in Köln gesichtet hat (die gehören eigentlich in die Subtropen und Tropen).
Wer mal rausfährt, z.B. ins Bergische Land, sieht schon an der Autobahn immer wieder Fichten, die braun geworden sind oder schon wie Gerippe dastehen. Und beim Waldspaziergang sieht man jede Menge gefällte Fichten, die vom letzten Sturm umgedrückt oder abgebrochen wurden, und von denen die meisten, sogar für Laien sichtbar, von Borkenkäfern heimgesucht worden waren.
Aber so isser, der Homo Sapiens: Was er nicht zur Kenntnis nehmen will, das verdrängt er. Nicht alle sind blöd genug, Donald Trumps Behauptung zu folgen und den (zum großen Teil von Menschen gemachten) Klimawandel als „Erfindung der Chinesen“ abzutun. Aber viele wollen gern glauben, dass alles übertrieben sei und nicht so schlimm. Vor allem wollen die meisten nicht vom Gewohnten lassen und schon gar nicht auf irgendetwas verzichten.
Kein Wunder, dass vielen, vor allem jungen Menschen der Kragen platzt und sie mit der „Fridays-for-Future“-Bewegung der schläfrigen Politik Beine machen wollen. Erste Erfolge sind da, krasses Beispiel ist die Kehrtwende des ergrünten bayrischen Ministerpräsidenten Söder (CSU).
Währenddessen hatte sein Parteikollege Scheuer (Bundesverkehrsminister) den grandiosen

E-Scooter liegen am Stadtwaldgürtel herum, Köln, Anfang August 2019: ein „Beitrag zur Verkehrswende“

Einfall, Elektroroller für den öffentlichen Straßenverkehr zuzulassen — als Beitrag zur Verkehrswende. Mit den Folgen lässt er die Städte allein, es gibt Unfälle, oft werden die Roller einfach irgendwo stehen oder liegen gelassen. Im Nachhinein denkt man über verschärfte Regeln nach.
Der Homo Sapiens Germanicus der Gegenwart will meist auf Gewohntes nicht verzichten, wie schon gesagt, und er will seit Neuestem sich nichts von niemandem mehr sagen lassen. Regeln — wozu? Sollen sich doch Andere daran halten, ich nicht, mir sagt keiner was! Man erlebt es im Straßenverkehr, und auch sonst im menschlichen Miteinander, das oft zu einem Gegeneinander entgleist. Es scheint, als degeneriere bei vielen Exemplaren des Homo Sapiens die Fähigkeit, sich in ein soziales Miteinander einzuordnen. Manche scheinen da geistig überfordert, da vermisst man die soziale Intelligenz.
Ist das eine Art von Wohlstandsverwahrlosung, die in den wohlhabenden Industrieländern um sich greift? Findet deshalb vielleicht auch das Ertrinkenlassen von Flüchtlingen im Mittelmeer Zustimmung in Teilen der Bevölkerung Europas? Man kann doch nicht ernsthaft behaupten, das stehe im Einklang mit den Werten der Europäischen Union — oder etwa doch? Die viel beschworene „christlich-jüdische Kultur des Abendlandes“, moralische Grundlage Europas — was ist sie praktisch wert? Politikergewäsch? Und welche Werte will eigentlich Pegida verteidigen — gegen den Islam?
Entweder haben wir es da durch die Bank mit hohlen Phrasen zu tun, oder diese Menschen wissen überhaupt nicht, wovon sie reden.

W. R.

Nachtrag am 10.09.2019: Erneut widmet der Kölner Stadt-Anzeiger dem Thema Waldsterben im Stadtgebiet einen langen Artikel:

Ist schon traurig! Ausgerechnet Buchen erliegen in großer Zahl der Trockenheit. Diese schönen Laubbäume, Schmuck des deutschen Waldes, deren silbergrau wie Säulen aufragende Stämme mit ihrem geschlossenen Laubdach an manchen Stellen geradezu Natur-Kathedralen bilden…

Wenn es überhaupt gelingt, im veränderten Klima diese Bäume nachzupflanzen, dann brauchen sie 80-100 Jahre, um bei gutem Wachstum die aktuellen Verluste zu ersetzen. Das werden die jetzt jungen Leute kaum noch erleben.

Niedergang

UM Brexit war hier schon am 24.06.2016 Wesentliches zu lesen. Was nicht im Voraus kommentiert werden konnte, ist der politische Wahnsinn, der sich nach dem Referendum in Regierung und Parlament Großbritanniens fortsetzt. Vorläufiger Höhepunkt dieses Dramas um den endgültigen Niedergang Britanniens ist die Meldung, dass ausgerechnet Boris Johnson die größten Chancen hat, nach Theresa May britischer Regierungschef zu werden. Sind die noch bei Trost? Premierminister soll ein überführter Lügner werden, der das Referendum maßgeblich mit Falschbehauptungen beeinflusst hat? Ein politischer Spieler, der das wohlwollende Schulterklopfen von Präsident Trump genießt (Was für eine Empfehlung!!).  Das Land schreddert sich politisch selbst zu Klein-Britannien, demnächst ein noch treuerer Vasall der USA. Das alles ist schlechte Realsatire, dazu fällt den echten Satirikern nichts Neues mehr ein.

Nun mal langsam, wird jetzt Manche(r) denken: „Klein-Britannien“, das ist doch maßlos übertrieben! Ich aber gebe zu bedenken: 1. leidet schon in „Vorfreude“ auf den Brexit der Finanzplatz London und ein großer Teil der britischen Wirtschaft, 2. ist die Einheit des United Kingdom gefährdet, da in Nordirland fast niemand eine neue EU-Außengrenze zur Republik Irland will, und weil in Schottland die Befürworter der schottischen Unabhängigkeit nur darauf warten, mit einem zweiten Referendum doch noch die Loslösung von Großbritannien zu schaffen. In Schottland gab es ja auch 2016 keine Mehrheit für den Brexit.

Aber der Ritt über den Bodensee geht weiter, Boris Johnson ist nun sogar Premierminister geworden (nicht als Folge allgemeiner Wahlen, sondern durch Abstimmung von Mitgliedern der Konservativen Partei alias Tories). Und er setzt seine populistisch-kalkulierten Traumtänzer-Auftritte fort: Er will in seiner ersten Rede als Premier das Land zum großartigsten der Welt machen (wie originell! Trump lässt grüßen) und verspricht eine „goldene Zukunft“. Genau wie Trump tönt er nach seiner Kür nicht staatsmännischer, er bleibt großspurig wie zuvor.

Und sein „Freund“ Trump hilft ihm mit der Aussicht auf ein Freihandelsabkommen. Denn Trump freut sich über alles, was die EU schwächt. Am liebsten verhandelt er sowieso mit jedem Land einzeln, da kann er am besten Druck machen und eine gegnerische Front aufbrechen, die ihm in multilateralen Verhandlungen Paroli bieten könnte.

Was für ein Abstieg, zumindest in moralischer Hinsicht: Großbritannien galt immer als „Mutterland der Demokratie“ und leistete sich dann ein solches, mit falschen Behauptungen und einer Prise Fremdenfeindlichkeit manipuliertes Referendum. Und danach behaupten britische Politiker steif und fest: Das Volk hat gesprochen, wir müssen jetzt den Willen des Volkes respektieren und ausführen: bloß kein neues Referendum! (Denn einige Leute sind aufgewacht und wollen nicht mehr Stimmvieh für Lügner sein, die sie respektlos hinter’s Licht geführt haben.)

Und Trumps Amerika ist auch zum rassistischen Zerrbild dessen verkommen, was der Welt einmal mit seiner Unabhängigkeitserklärung (1776) eine großartige Erklärung der Menschenrechte lieferte.* Trumps weißer Rassismus, seine Frauenfeindlichkeit und seine rabaukenhafte Amtsführung ohne Respekt vor der Verfassung (und der Würde seines Amtes)  lassen die USA als Vorbild für Demokratie verblassen. Seine Äußerungen und sein Auftreten werden zunehmend bizarr. Entweder wollen die USA solch einen Mann nicht mehr im Amt dulden — oder die USA sind nicht mehr die ideelle Führungsmacht des „Freien Westens“, somit müsste die Freiheitsstatue dauerhaft verhüllt werden (was de facto schon mit vielen Maßnahmen geschieht).

Außerdem macht Trump die Welt unsicherer, indem er multilaterale Abkommen kündigt, indem er mit dem Knüppel „Strafzölle“ um sich schlägt, indem er sich oft aufführt wie ein Mafioso. Nun schwächt er auch noch den Verteidigungshaushalt der USA, um endlich Geld für sein Propaganda-Projekt der Mauer an der mexikanischen Grenze zu bekommen. Auch die Todesstrafe soll an Bundes-Gefangenen wieder vollstreckt werden… Alles, um seine reaktionären weißen Wähler zu beeindrucken. Für den Wahlkampf zur Wiederwahl müssen eben auch ein paar Menschenleben geopfert werden.

Was sind das bloß für Politiker, die da mit populistischen Wellen an die Macht gespült werden! Für Moral und menschlichen Anstand scheint es in manchen Ländern derzeit keine Mehrheit zu geben. Überforderte Menschen wählen Steinzeit-Parolen, haben dabei ein gutes Bauchgefühl und glauben jeden Schwachsinn, wenn nur die Vokabeln „Heimat“, „Volk“ und „Vaterland“ darin vorkommen. Das ist so kuschelig-retro wie das schöngemalte Bild der Vergangenheit, in die man zurück will. Wollt Ihr? Dann baut schon mal neue Luftschutzbunker und hamstert Vorräte für den nächsten Krieg. Und wenn es klopft, öffnet die Tür, ehe sie von einem Gestapo- oder Stasi-Kommando eingetreten wird. Auch das war Teil eurer ach so kuscheligen Vergangenheit!

Dann schafft auch alle Kalender ab, die die Fake-News verbreiten, dass die Zeit voranschreite und sich nicht zurückdrehen ließe. Und das Wort „Zukunft“ darf nur noch benutzen, wer wie BoJo „goldene Zukunft“ sagt und verspricht, uns dahin zu führen. Wenn Desorientierung und Verblödung eine Mehrheit befallen haben, gibt es eben kein Halten mehr.

SR

 * mehr dazu >6. Die amerikanische Unabhängigkeitserklärung | Netzwerk Menschenrechte

Nachtrag am 30.08.2019: Was BoJo von Demokratie hält, zeigte er diese Woche mit seinem Coup, das Parlament in verlängerte Ferien zu schicken — bis 2 Wochen vor dem EU-Austrittsdatum (31.10.1019). Zum Machterhalt ist ihm auch dieses Mittel recht, wie Trump inszeniert er sich (schon im Wahlkampf für zukünftige Parlamentswahlen) als „starker Mann“, der sich durchsetzt ohne Rücksicht auf Verfassung und politische Regeln.

Aber jeder ist zu irgendwas gut, und sei es nur als schlechtes Beispiel. BoJo zeigt uns allen, wie Populisten mit nationalistischen Parolen ein Land ruinieren, sobald sie an der Macht sind.        mehr >Parlamentarismus – Volk + Anführer = nationale Größe? – Politik – Süddeutsche.de

Nachtrag am 15.09.2019: Was der ganze Brexit-Unfug wirklich bedeutet, beleuchtet aus kritischer Distanz dieser Kommentar > Großbritannien: Der Brexit – eine gigantische Zeitverschwendung – Politik – Tagesspiegel

Lasst mehr Frauen ran…

UM Weltfrauentag (8. März) finde ich einen Kommentar, der immerhin eins für sich hat: er klingt logisch > https://www.tagesspiegel.de/meinung/internationale-politik-ohne-gleichberechtigung-kein-frieden/24073842.html

Zum Thema „Waffen und Männer“ kann ich aus eigener Erfahrung und Einsicht beitragen: Entgegen der von populistischen Politikern wie Trump oder Salvini verkündeten Ansicht, dass mehr Waffen (insbesondere Schusswaffen) mehr Sicherheit geben sollen, sage ich: Mehr Waffen schaffen mehr Unsicherheit. Und eine Schusswaffe im Haus ist eine permanente Bedrohung für seine Bewohner. Denn oft wird diese Waffe, wenn sie denn zum Einsatz kommt, anders benutzt, als sich der Beschaffer das vorgestellt hat.

Gemeinhin denken die Leute, dass junge, heißblütige Männer die Welt unsicherer machen. Aber wenn man sich die älteren und alten Säcke anschaut, die einen großen Teil der Welt regieren, dann fragt man sich doch, wieso gerade unter deren Regierung so viele blutige Konflikte in der Welt existieren. Es ist offensichtlich, dass so ein Trump die Welt unsicherer macht, weil er multilaterale Abkommen kündigt und sich politisch unberechenbar verhält, weil er schon im Wahlkampf seine Nähe zu den Waffenfabrikanten nicht verbarg, und für zivile Amokläufe und Massaker nur das Mittel kennt, dass sich alle bewaffnen sollten. Toll, so einen Dummschwätzer hat die Welt noch gebraucht. Und wer hat ihn in dieses bedeutende Amt gewählt? Menschen, die einen politikunfähigen Selbstdarsteller als Rache am Establishment wählten, als Krawall-Otto und Anti-Kandidaten. Nur: Diese „Rache“ geht nach hinten los, wie die Ergebnisse seiner Politik zeigen. Am Ende haben auch und gerade viele Trump-WählerInnen* das Nachsehen.

Das haben auch diejenigen Briten, die 2016 für den „Brexit“ gestimmt haben. Ihre heillos zerstrittene Politiker-Kaste hat ihnen nicht nur das Plebiszit eingebrockt, sondern auch die endlosen Nervereien um die Art und Weise, wie der Brexit vollzogen werden soll. Männlicher Macht-Poker auf Kosten des Gemeinwohls findet da statt, auch die wenigen weiblichen Politiker mühen sich, auf männliche Art mitzumischen — wie es schon Margaret Thatcher tat (die sogar übte, ihre Stimme tiefer und damit männlicher klingen zu lassen). Was hat Thatcher dem Land beschert? Knallharte neoliberale Politik. Und auch Kriegsherrin war sie, um die Falkland-Inseln für Großbritannien gegen argentinische Ansprüche zu halten. Um welchen Preis?

Darum: Der oben verlinkte Kommentar ist zumindest diskussionswürdig.

W. R.

* Im Sinne von Gender-Sensibilität wird auf dieser Website oft, aber nicht in allen möglichen Fällen, das große i im Wort gesetzt (Binnen-I), um (im vorliegenden Fall) Wählerinnen und Wähler gleichermaßen zu benennen. Die Sache mit dem Sternchen (*) im Wort (Gendersternchen) hält der SR derzeit für nicht notwendig. Eine Diskussion darüber kann ganz schön vertrackt werden, wie z.B. dieser scharfsinnige und kompetente Artikel zeigt:  Debatte Geschlechtergerechte Sprache: Eine für alle – taz.de

Gruselt euch!

Halloween? Geh weg, brauch ich nicht. Mir reicht zum Gruseln der Auftritt von Donald Trump in den Fersehnachrichten. Zum Gruselkabinett gesellen sich dann noch der aussichtsreichste Präsidentschaftskandidat in Brasilien*, und Italiens Innenminister Salvini. Ja, muss ich noch mehr Namen aufzählen? Stöbert mal in den Blog-Beiträgen der letzten Monate, und Ihr findet weitere.

Inzwischen gibt es so viele A…, die frech aus der Deckung kommen und Phrasen unmenschlichen Inhalts in Kameras blöken oder im Internet posten. Sind die darauf etwa stolz? Wie kann ein Mensch, dessen Verstand noch nicht von Eitelkeit und Geltungssucht vernebelt ist, stolz sein auf den Beifall von Kleingeistern und hasserfüllten Psychopathen? Wie arm ist das denn? Wie schlimm muss ein Land herunterkommen, damit eine großmäulige, menschenverachtende, frauenhassende Vogelscheuche zum Präsidenten gewählt wird? Wie bekloppt muss das Weltbild von solchen Wählern und Wählerinnen sein, dass sie sich das Heil von einer solchen Witzfigur erhoffen? Und wie wenig müssen solche Menschen von Politik verstehen?

Ganz zu schweigen davon, dass die Mehrzahl der Menschen offenbar nichts aus der Geschichte lernen will, vielmehr unbedingt Brecht bestätigen will, der einmal schrieb: „Die dümmsten Kälber wählen ihre Schlächter selber.“ Wo bleibt der politisch-moralische Fortschritt, den sich viele Menschen nach dem Ende des Kalten Krieges erhofften? In manchen Ländern, so scheint es, sind viele Leute so vergesslich, dass sie nicht mehr wissen, wie schrecklich Krieg ist und wie es dazu kommen kann; wie machtgeile Politiker die Leute behumsen und an der Nase herumführen; wie auf menschenverachtende Worte oft reale Diskriminierung und schließlich Gewalt gegen Minderheiten folgt; wie ein fremdenfeindlicher Mob bis zu Mordtaten aufgestachelt werden kann; und so fort.

Was ist das, was diesen Menschen Gedächtnis und Verstand benebelt? Was treibt viele dazu, doch wieder Versprechungen zu glauben, bloß weil die ihre Wünsche und Sehnsüchte artikulieren? Was treibt viele dazu, einer Politik zuzustimmen, die im Grunde gegen ihre eigenen Interessen gerichtet ist? Was macht diese Menschen zu Stimmvieh, das lieber blind glaubt, als mit eigenem kritischen Verstand zu urteilen?

Und warum sagt man ihnen nicht, dass eine Wahl kein Fun-Event ist, bei dem der absurdeste Kandidat den Publikums-Preis gewinnt? Warum lehrt man die einfacheren Gemüter nicht, sich auf ihre eigenen Interessen zu besinnen und genau hinzuhören und hinzuschauen, wer was anbietet, und wer sich wirklich für die Interessen des Wählers/der Wählerin einsetzt? Im Zweifel gilt der Spruch: „An ihren Taten sollt ihr sie erkennen.“ Und nicht etwa: Glaubt denen mit den schönsten Phrasen.

Aber leider haben Viele ein kurzes Gedächtnis und erinnern sich nicht mehr, wie sie erst neulich behumst wurden. Es gibt ja heute so viel Ablenkung, da fällt es einem schwer, mal richtig nachzudenken und das Wesentliche zu erkennen…

W. R.

* dazu mehr hier: „Trump der Tropen“ – eine Bedrohung auch für Umwelt, Klima und Aktivisten | Greenpeace Magazin  und ein Nachtrag vom 28.12.2018, kurz vor dem Amtsantritt des demokratisch gewählten (1) Jair Bolsonaro übernimmt die Macht: Brasilien wird ein Land der Vergangenheit – Politik – Tagesspiegel

Nachsatz am 29.10.: Obiger Beitrag war nicht etwa speziell auf die gestrige Landtagswahl in Hessen gemünzt, sondern (wie immer in diesem Blog) weitreichender gemeint.

Doch ein Punkt aus dem ganzen Statistik-Salat zur Hessen-Wahl ist mir aufgefallen: In der Wahlanalyse nach Altersgruppen wählten überdurchschnittlich viele jüngere Leute die Grünen, bei der CDU-Wählerschaft überwogen eher die Älteren. Daraus könnte man schließen: Zukunftsthemen wie Umwelt- und Klimaschutz sind den Jüngeren wichtiger als den Älteren, weil sie voraussichtlich noch längere Zeit in dieser Zukunft verbringen und die Folgen heutiger Versäumnisse ausbaden müssen.

Noch’n Nachsatz zum Nachsatz: Die Statistik sagt, dass unter den AfD-Wählern der Männer-Anteil deutlich höher ist als der von Frauen. Was sagt uns das? Eine Autorin stellt dazu ganz eigene Überlegungen an: Wahlverhalten von Männern: Sehnsucht nach klaren Verhältnissen – SPIEGEL ONLINE

 

Hitzeschäden

eiß ist es in Deutschland, in Europa, und anderen Gegenden der Welt. Ziemlich heiß, und das seit Wochen. Und es regnet kaum, Dürre breitet sich aus. Andererseits gab es in den letzten Jahren vermehrt extreme Wetterereignisse wie Stürme, Starkregen und Überflutungen. Gletscher schmelzen mit zunehmender Geschwindigkeit.
Insgesamt ist das ein Szenario, das informierte Menschen schon seit den 1990er Jahren kennen, nämlich aus den Prognosen und stetigen Warnungen von Klimaforschern.
Und wie reagierte „die Politik“, die „Schaden vom Volke abwenden“ soll? (Das kommt zumindest im Amtseid der Minister vor.) Konservative und/oder industriefreundliche Politiker ignorierten die Warnungen der (nicht gekauften) Wissenschaftler oder taten die Wetterereignisse als in der Erdgeschichte übliche Schwankungen ab, auf die man eh keinen Einfluss nehmen könne. Donald Trump machte seinen Wählern sogar weis, der Klimawandel sei eine Erindung der Chinesen. (Was hat der Mann bloß für ein Weltbild!) Auch unsere Gegen-Alles-Partei AfD sprach sich für die Beibehaltung von Kohle- und Atomkraftwerken aus (um sich für eine finanzielle Unterstützung seitens der Energie-Konzerne zu empfehlen).
Und ein US-Konzern ließ sich eine Medien-Kampagne viel Geld kosten, in der der Klimawandel als Folge menschengemachter Ursachen angezweifelt wurde: Studie: ExxonMobil soll Öffentlichkeit beim Klimawandel irregeführt haben – SPIEGEL ONLINE
Donald Troll, sorry, Trump erklärte für die USA den Ausstieg aus dem internationalen Klimaschutzabkommen von Paris. Er will vermutlich als größter Knallkopf in die Geschichte eingehen, vielleicht war sein Hauptmotiv auch nur, in Allem das Gegenteil des ihm verhassten Vorgängers Obama zu tun.
Man kann sich aber in dieser Sache nicht allein an Trump abarbeiten, denn lange vor seiner Amtszeit hätte schon Viel geschehen müssen, um die schnell zunehmende Erderwärmung zu stoppen. Warum hat man das weitgehend schleifen lassen? Eine Antwort versucht dieser Beitrag: http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/klimawandel-die-katastrophe-haette-verhindert-werden-koennen-a-1221528.html
Nun, in dieser ungekannten, andauernden Hitze, hören wir in den Nachrichten häufiger das Wort „Klimawandel.“ Fordert jemand an verantwortlicher Stelle, jetzt endlich konsequent die Energiewende durchzuführen und die Kohlekraftwerke abzuschalten? Stattdessen verknackt ein Richter, der durchgreifen und ein Signal setzen will, eine Teilnehmerin an Anti-Kohle-Protesten zu einer harten Strafe:  Hambacher Forst: Aktivistin zu neun Monaten Freiheitsstrafe verurteilt | Kölner Stadt-Anzeiger   Das wird das Klima wohl retten, oder was?

Kassandras Warnung wurde nicht gehört, kurz darauf ging Troja unter.

Heiß ist es, und das führt bei vielen Menschen zu verminderter geistiger Leistungsfähigkeit. Schlechte Voraussetzungen, um über echte Problemlösungen nachzudenken!

Einige Wissenschaftler haben übrigens zum Aussterben der Neanderthaler eine neue Theorie: Sie erlebten einen beschleunigten Klimawandel und waren nicht in der Lage, sich darauf einzustellen. Die Jagd auf Großwild in den Wäldern hörte mit der Versteppung weiter Landstriche auf, die Neanderthaler verhungerten. Das gibt auch zu denken.

W. R.

Nachtrag am 11.08.2018: Was tun? Dazu gibt dieser Kommentar Antworten: Klimawandel: Wer soll handeln, wenn nicht wir? – Politik – Tagesspiegel  Es ist also nicht so, als könnten wir gar nichts tun…

Nur eins sollte nicht passieren: dass das Thema „Klimawandel“ wieder aus den Nachrichten verschwindet, weil nicht mehr von Dürre und Eisschmelze usw. berichtet wird und zuviele Menschen sich einbilden, es sei doch nicht so schlimm, und man könne das aussitzen und sich stattdessen über Randthemen echauffieren. Über nutzlose Debatten kann man so herrlich die wichtigeren Themen verdrängen.

Wie am 12.08.2018 der Chef der AfD, Gauland, im „ZDF-Sommerinterview“ es vormachte: Allen Ernstes behauptete er, man könne gegen den Kimawandel eh nichts tun. Das passt ins Bild! Auch sonst machte er in diesem Interview keine gute Figur. Er bestätigte meine Ansicht: Die AfD hat als Zukunftsvision nur Retro-Projektionen aus der Welt der 1950er Jahre zu bieten. Ihre WählerInnen sollten endlich mal anfangen, selbst zu denken — oder zumindest in ihrem Weltbild zuzulassen, dass sich die Welt in manchen Dingen ändert, und wir uns darauf einstellen müssen.

Demokratie ja, aber bitte ohne Lemminge

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EMOKRATIE ist, wenn man abstimmt und die Mehrheit entscheidet — oder? So simpel sehen das anscheinend viele Leute. Und wählen mit dem Bauch den, der die einfachsten, aber emotional eingängigsten Parolen verbreitet.

So haben beim Brexit-Plebiszit viele Gebildete dagegen und für die EU-Mitgliedschaft gestimmt, also Leute, die gewohnt sind, ihren Kopf zum Denken zu benutzen und nicht nur als Hutablage. Eine Mehrheit ließ sich aber durch emotionale Retro-Parolen im Verbund mit dreisten Lügen für den Brexit mobilisieren. Es kam sogar zu einem Mord an einer jungen Politikerin, die sich für den Verbleib in der EU einsetzte.
Jetzt haben sie den Salat: Zank und Streit um die richtige Strategie bei den Austrittsverhandlungen, das jahrelang ruhende Nordirland-Problem kocht wieder hoch, Schottland liebäugelt mit einem erneuten Anlauf zur Unabhängigkeit, und die Wirtschaftsvertreter beschweren sich über drohende Nachteile für die britische Wirtschaft nach dem EU-Austritt.
Das alles konnte man vorher wissen.
Wenn da nicht die Desinformations-Kampagne der von Pressezar Rupert Murdoch gesteuerten Massenblätter gewesen wäre: Da konnte man einmal zu Recht von „Lügenpresse“ sprechen.
Ansonsten ist der Begriff „Lügenpresse“ ja bei uns von Rechten besetzt, die damit das Vertrauen in unsere Medien untergraben wollen. Klar: Gut informierte BürgerInnen werden den Teufel tun und Leute wählen, die ihre Parolen dem Heimatfilm der 1950er Jahre entnehmen, die folglich keine Lösungen für die heutigen und zukünftigen Probleme anbieten, stattdessen Gefühlsduselei als eine politische Haltung verkaufen und dumpfe Vorurteile als „gesundes Volksempfinden.“
Wer denken kann (und will!) und sich unsere heute drängenden Probleme im Land und in der Welt anschaut, der sieht, dass 1. die Welt komplizierter ist, als uns Populisten weismachen wollen, und dass 2. darum allein aus dem Bauch heraus gar nichts gelöst werden kann, sondern dass viele Lösungen nur möglich sind nach viel ernsthafter Sacharbeit und oft langwierigen Verhandlungen mit den Beteiligten und Betroffenen.
Sowas ist natürlich manchen Leuten zu langweilig und bietet keine Möglichkeiten, sich mit schnellen Lösungen in Szene zu setzen. Entsprechend führen sich die Vertreter rechter Parteien in den Parlamenten auf. Sie sind spezialisiert auf Sprücheklopfen und populistische Parolen, versagen aber in der Sacharbeit, wo es wirklich um Änderungen und Verbesserungen für die Bevölkerung geht.
Sie verweigern echte Sacharbeit mit der vorgeschobenen Begründung, das gehe ja eh alles in die falsche Richtung; dahinter steckt ihre kaum verhüllte Ablehnung der Demokratie überhaupt. Sie wollen einen autoritären Staat, gelenkt (natürlich) von einem der Ihrigen. In ihren Augen machen Putin, Orban, Erdogan und ja, auch Trump Vieles richtig.
Diese Politiker benutzen scheinbar demokratische Verfahren, um ihre Macht zu vergrößern. Ebenso die PiS-Regierung in Polen. Nachdem sie die Bevölkerung mit nationalistischen Bauch-Parolen in Stimmung und dazu gebracht haben, mit Mehrheit für sie zu stimmen, lassen sie die Macht nicht mehr los und gehen schrittweise daran, alle Teile des Staates umzukrempeln, wo sich noch Opposition regen und artukulieren könnte: „Machtergreifung“ nannten die Nazis ihr ähnliches Vorgehen.
Auch bei uns wollen Feinde dieses demokratischen Systems die Macht durch emotional beeinflusstes Abstimmungsverhalten erobern, um dann die Demokratie in ihrem Sinne umzubauen, d.h.: von innen auszuhebeln und abzuschaffen. Äußerlich bleibt eine ausgehöhlte Fassade von staatlichen Institutionen, die in Wahrheit gleichgeschaltet sind und sich eben nicht mehr gegenseitig kontrollieren, wie es in einer funktionierenden Demokratie sein sollte.
Aber damit sind wir noch nicht am Ende der Beschreibung, was Demokratie wirklich und dem Wesen nach ist. Freie und geheime Wahlen, Mehrheitsentscheidungen, Teilung der staatlichen Gewalt in Legislative, Exekutive und Jurisdiktion, damit verbunden die gegenseitige Kontrolle dieser klassischen „drei Gewalten“, dazu Meinungsfreiheit und freie Medien. Lange Zeit sprach man – besonders in den USA – von der Presse als „vierter Gewalt,“ weil sie nicht nur für informierte BügerInnen sorgte, sondern auch staatliches Handeln kritisch hinterfragte. Das ist bei einer Konzentration am Markt nicht mehr so einfach (siehe R. Murdoch beim Brexit); und das Internet macht die Sache noch schwieriger für die traditionellen Medien, in denen hauptberufliche Journalisten das Handwerk der Nachrichtenvermittlung noch gründlich gelernt haben.
Auch da setzen die Rechtsaußen an und wollen mit der Parole „Lügenpresse“ (oder vornehmer: „Mainstream-Medien“) die wenig durchblickenden Menschen verunsichern und auf Internet-Kanäle locken, wo genau das stattfindet, was die „Lügenpresse“ angeblich tut oder beabsichtigt. Geradezu grotesk: Da unterstellen braungefäbte Populisten unseren öffentlich-rechtlichen Medien eine vom Staat gelenkte Einheits-Berichterstattung (wie sie damals in der DDR geübt und davor von Goebbels vorgegeben wurde), empfehlen dann stattdessen (!!) den russischen Kanal Russia Today (RT). Das finden gut informierte Nachrichten-KonsumentInnen zum Lachen, doch Andere erhoffen sich tatsächlich, dort die „bei uns verschwiegene Wahrheit“ zu erfahren. Ach Leute, denkt doch mal nach: Putin mit seiner Karriere im Geheimdienst und als gewiefter Machthaber hat ganz andere Interessen…
Aber wem sage ich das?! Man kann vielseitig informiert sein, auch aus sehr unterschiedlichen Quellen. Aber man sollte dann in der Lage sein, das Gelesene, Gesehene, Gehörte vernünftig einzuordnen. Dabei ist Voreingenommenheit keine gute Hilfe. Denn dann läuft man Gefahr, mit den sprichwörtlichen Lemmingen in eine Richtung zu laufen, ohne zu sehen, wo es hin-, und womöglich: hinab geht.

W. R.

mehr über Demokratie und ihre Probleme  >Clio 10.

Und am Rande noch eine kleine Denkaufgabe: Warum lobt Donald Trump seinen „Freund“ Boris Johnson, das Gesicht der Brexit-Kampagne und Ex-Außenminister von GB?

Und eine Frage eines irritierten Fernsehzuschauers: Am 10. Juli 2018 schaue ich die Nachrichten und sehe ungläubig einen Bundesinnenminister Seehofer (CSU), wie er seinen „Masterplan“ zur Asylpolitik der Öffentlichkeit vorstellt. Wie bitte?? Der ist immer noch Innenminister, nach allem, was er sich in den letzten Wochen gelappt hat? Und bei seiner aktuellen Quertreiberei? (Und nach all seinen früheren Purzelbäumen, siehe z.B. >Blog vom 04.07.2015) Ein Politiker und Bundesminister, der verneint, dass der Islam zu Deutschland gehört, muss sich allmählich auch die Frage gefallen lassen, ob Bayern (mit seiner gegenwärtigen, Orban- und Putin-freundlichen Regierung) noch zu Deutschland gehört… Und wer (wie Söder) demonstrativ mit dem Kreuz vor den Kameras herumwedelt, muss sich fragen lassen, was er als Christ gegen das Ertrinken tausender Menschen im Mittelmeer zu tun gedenkt.

Da liegt noch viel Integrationsarbeit vor uns — bis diese Politiker unsere Werte verinnerlicht haben und sich als gute demokratische Vorbilder zeigen. —

Nachtrag am 03.08.2018: Horst Seehofer (CSU) scheint da vom Weg abgekommen zu sein. Anscheinend setzt er mehr auf Vorbild Trump: Er will in Kürze twittern, um seine Wahrheit unters Volk zu bringen, weil die bösen Medien Fake News über ihn verbreiten. Ja, Horst, heul doch! Oder erklärst du auch, wie Trump, die Medien demnächst zu „Feinden des Volkes“?

Das bayrische Rumpelstilzchen auf dem Sessel des Innenministers ist übrigens auch Bundesbauminister, denn das Ressort ist dem Innenministerium unterstellt. Hallo, Ihr verzweifelt eine bezahlbare Wohnung Suchenden: Habt Ihr vielleicht gehört, dass sich Horst um die lange fällige Reform der Mietpreisbremse und um vermehrten Bau von Sozialwohnungen kümmert? Bislang hält er das Land und die EU mit „wichtigeren“ Dingen in Atem, nämlich mit Detailfragen zur Flüchtlingspolitik, und mit Querschlägen gegen die Kanzlerin. Das kommt bei Vielen nicht gut an. So kam es, dass die CSU bei der Landtagswahl ein schlechtes Ergebnis einfuhr und von der erhofften Wiedererlangung der absoluten Mehrheit in Bayern weit entfernt blieb.